Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der VB

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Faber
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Faber »

Bei Urteilsverfassungsbeschwerden prüft das BVerfG, ob das Urteil gegen spezifisches Verfassungsrecht verstößt. Käme es dagegen auf sämtliches Verfassungsrecht an, wäre das BVerfG plötzlich doch eine Superrevisionsinstanz, da bei jedem bloß rechtswidrigen Eingriff auch ein Eingriff in Art. 2 I 1 GG und damit Verfassungsrecht vorläge.

Am Besten merkst du Dir die einschlägigen Fallgruppen und nennst sie kurz in den Ausführungen zum Prüfungsmaßstab: Verkennen von Grundrechten, Versagung rechtlichen Gehörs, willkürliche Entscheidungen, Anwendung verfassungswidriger Gesetze.
Tobias__21
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Tobias__21 »

Faber hat geschrieben:Bei Urteilsverfassungsbeschwerden prüft das BVerfG, ob das Urteil gegen spezifisches Verfassungsrecht verstößt. Käme es dagegen auf sämtliches Verfassungsrecht an, wäre das BVerfG plötzlich doch eine Superrevisionsinstanz, da bei jedem bloß rechtswidrigen Eingriff auch ein Eingriff in Art. 2 I 1 GG und damit Verfassungsrecht vorläge.
Wie verträgt sich diese These mit der Elfes-Doktrin?
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OJ1988
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von OJ1988 »

Faber hat geschrieben:Bei Urteilsverfassungsbeschwerden prüft das BVerfG, ob das Urteil gegen spezifisches Verfassungsrecht verstößt. Käme es dagegen auf sämtliches Verfassungsrecht an, wäre das BVerfG plötzlich doch eine Superrevisionsinstanz, da bei jedem bloß rechtswidrigen Eingriff auch ein Eingriff in Art. 2 I 1 GG und damit Verfassungsrecht vorläge.

Am Besten merkst du Dir die einschlägigen Fallgruppen und nennst sie kurz in den Ausführungen zum Prüfungsmaßstab: Verkennen von Grundrechten, Versagung rechtlichen Gehörs, willkürliche Entscheidungen, Anwendung verfassungswidriger Gesetze.
Prüfungsmaßstab ist die Verletzung von Grundrechten. Der Eingriff in grundrechtlich geschützte Schutzbereiche ist gerechtfertigt, wenn er auf einem Schrankengesetz beruht und dieses Schrankengesetz abstrakt verfassungsgemäß ist sowie im konkreten Fall verfassungsmäßig angewandt wurde. Der letzte Punkt führt nicht zu einer umfassenden Nachprüfung des einfachen Rechts. Denn es geht hier um die klassischen Schranken-Schranken, also insb. die Verhältnismäßigkeit.
Tobias__21
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Tobias__21 »

Das BVerfG prüft umfassend neben den Grundrechten jeden weiteren in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt.
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Tobias__21
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Tobias__21 »

Ja.

Wer hat Dir das erklärt?

Eine Urteilsverfassungsbeschwerde ist begründet, wenn das Gericht im konkreten Fall einschlägige 1. Grundrechte völlig außer Acht gelassen hat, ihre 2. Bedeutung und Tragweite grundlegend verkannt hat, die Entscheidung des Gerichts etwa zu einer unverhältnismäßigen Grundrechtsbeschränkung führt, oder die Entscheidung bereits 3. einfachrechtlich vollkommen unhaltbar und damit willkürlich ist. -> Verstoß gegen Art. 3 I GG.

Nummer 3 wird Dir in der Klausur aller Voraussicht nicht begegnen, aber Nummer 1 und 2. Das was ich oben geschrieben habe, kannst Du als Obersatz für die Begründetheitsprüfung nehmen und dann ab. Ob eine einfachgesetzliche Norm Ermessen einräumt oder nicht, spielt keine Rolle für das Prüfprogramm. Meines Erachtens ist diese Aussage schlichtweg falsch.
Zuletzt geändert von Tobias__21 am Dienstag 20. Februar 2018, 19:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Tobias__21 »

Beitrag ist editiert. Lies nochmal. Was heisst Kompetenzperson? Ein Professor?
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Tobias__21 »

Ja, dort prüfst Du die Verhältnismäßigkeit. Wer sagt, dass das falsch wäre? Das Gericht muss jede Norm, ob gebundene Entscheidung oder Ermessen, verfassungsgemäß und damit auch verhältnismäßig anwenden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 III GG und vom Gericht stets zu beachten, egal welche Norm die Grundlage der Entscheidung bildet.

Du kannst das auch nochmal aufspalten in:

1. Grundrechte verkannt
2. Grundrechte gesehen aber Bedeutung u Tragweite verkannt
3. Entscheidung führt zu unverhältnismäßiger Beschränkung von GRen
4. Entscheidung bereits einfachrechtlich nicht haltbar

Wobei 2 und 3 in der Klausur meist auf dasselbe rauslaufen werden.
Zuletzt geändert von Tobias__21 am Dienstag 20. Februar 2018, 19:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Tobias__21 »

Keine Ahnung was Du geschrieben hast. Von daher wird es schwer rauszufinden, was genau moniert wurde. Um was ging es da im Kern?
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Tibor
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Re: Grundlegender Denkfehler bzw Verständnisproblem bei der

Beitrag von Tibor »

Vgl. nur BVerfG 26.9.2016 1 BvR 1326/15:
bb) Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V wendet, ist die Verfassungsbeschwerde indessen nicht zur Entscheidung anzunehmen. [...]

(1) Nach § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V ist [...].

(2) Ausgehend hiervon begegnet die Rechtsanwendung im vorliegenden Fall keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dabei ist zu beachten, dass die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall allein Sache der dafür allgemein zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen sind. Nur bei einer Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht durch die Gerichte kann das Bundesverfassungsgericht auf eine Verfassungsbeschwerde hin eingreifen (vgl. BVerfGE 1, 418 <420>). Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, nach Auffassung eines Beschwerdeführers oder tatsächlich objektiv fehlerhaft ist; der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. Dezember 2008 - 1 BvR 3457/08 -, a.a.O., Rn. 2).

Soweit das Bundessozialgericht dem Verhalten der Beschwerdeführerin Täuschungscharakter beimisst und hiermit entscheidend die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und den Trägern der vertragsärztlichen Versorgung begründet, handelt es sich um eine verfassungsgerichtlich grundsätzlich nicht zu überprüfende Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch die Ausgangsgerichte. Eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts ist insofern nicht ersichtlich.

(3) Der Entzug der Zulassung verstößt im vorliegenden Fall auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es dient der Sicherung des gewichtigen Gemeinwohlbelangs der [...]
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