inetndiertes Ermessen

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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lene
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inetndiertes Ermessen

Beitrag von lene »

Hallo,

ich habe versucht, intendiertes Ermessen zu erlesen, aber es ist mir immer noch nicht ganz klar. Vor allem erstmal, ob es einen Unterschied zu den soll-Vorschriften gibt oder nicht?

kann das jemand mal erklären?
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Gelöschter Nutzer

Re: inetndiertes Ermessen

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Der Begriff "Intendiertes Ermessen" ist eine Wortschöpfung des Bundesverwaltungsgerichts und spielt bei der formellen Rechtmäßigkeit eines VA (Form des VA, genauer gesagt: Begründung des VA) eine große Rolle.

Intendiertes Ermessen bedeutet, dass die Ermessensausübung durch das Gesetz bereits "vorgezeichnet" ist, so dass vom Grundsatz her ein bestimmtes Ergebnis gesetzlich gewollt ist, von welchem aber nur in Ausnahmefällen abgewichen werden
darf. Das nennt man kurz "intendiertes Ermessen".
Liegt ein intendiertes Ermessen vor, dann bedeutet das, dass es für eine Ausnahme ablehnende Ermessensentscheidung keiner Abwägung des „Für und Wider“ bedarf, wodurch auch eine entsprechende Begründungspflicht der Behörde entfällt. Liegt nämlich kein Ausnahmefall vor, dann versteht sich das Ergebnis für den Bürger von selbst, weshalb eine Begründung entbehrlich ist.

Die hM in der Literatur sieht das komplett anders und lehnt das intendierte Ermessen gänzlich ab. Prominenteste Vertreter letzter Ansicht sind Maurer und Detterbeck.
Sie stützen sich dabei auf das Argument, dass die Grenze zwischen Kann- und Soll-Vorschriften verwischt wird. Will der Gesetzgeber eine bestimmte Ermessensausübung lenken, soll er Soll-Vorschriften erlassen. Will er der Behörde aber einen weiten Spielraum überlassen, soll der Gesetzgeber Kann-Vorschriften erlassen.

Der Streit um das intendierte Ermessen wird dadurch zugespitzt, dass sich beide Ansichten darüber einig sind, dass eine Vorschrift, die nicht von "soll" spricht, dennoch in diesem Sinne auszulegen ist.

Eine Soll-Vorschrift gibt der Behörde die Richtung der Ermessensausübung vor.
Das Intendierte Ermessen wird hingegen in eine Vorschrift hineingelesen, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen.
Bei vielen Vorschriften besteht Streit darüber, ob sie wirklich ein intendiertes Ermessen enthalten.

Zum Thema intendiertes Ermessen gibt es viele gute Aufsätze.

Hervorzuheben ist vor allem: Borowski, Intendiertes Ermessen, DVBl. 2000, 149

Auch gut: Schoch, Das verwaltungsbehördliche Ermessen, Jura 2004, 462;
Pabst, Intendiertes Ermessen und Normauslegung, VerwArch 93 [2002], 540
lene
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Re: inetndiertes Ermessen

Beitrag von lene »

dankeschön nochmal :)
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Kadet
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Re: inetndiertes Ermessen

Beitrag von Kadet »

wodurch unterscheidet sich das intendierte Ermessen z.B. von Regelbeispielen ?
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Schnitte
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Re: inetndiertes Ermessen

Beitrag von Schnitte »

Regelbeispiele spielen sich auf Tatbestandsebene ab. Das Gesetz sagt, dass der Tatbestand "in der Regel" als erfuellt gilt, wenn ein bestimmtes Merkmal gegeben ist. Das intendierte Ermessen spielt sich auf Rechtsfolgenebene ab: Wenn der Tatbestand erfuellt ist, ist das Ermessen in der Regel in einer bestimmten Weise ausgeuebt werden.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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