Grenzbebauung § 6 LBO

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Gelöschter Nutzer

Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo;

Ich beschäftige mich gerade mit dem Baurecht und somit auch mit der Landesbauordnung des Landes Baden-Württemberg.
In § 6 Abs. 1 S. 4 steht...Die Grenzbebauung entlang der einzelnen Nachbargrenzen darf 9m und insgesamt 15 m nicht überschreiten. Wie ist das nun gemeint? Werden die zulässigen Meter nur auf dem eigenen Grundstück gerechnet oder auch die des Nachbarn an der gleichen Grenze?
Nehmen wir mal an, der Nachbar hätte auf der einen Seite des Grundstücks schon eine 9m lange Garage gebaut, was darf ich denn von "meiner" Seite noch bauen? Bleiben mir dann nur noch 6m? :-k
Und was ist, wenn man ein riesiges Grundstück hat und auf der einen Seite zwei oder drei Nachbarn hat, die jeweils eine Garage an mein Grundstück gebaut hätten?

](*,)
julée
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Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von julée »

Ein Grundstück hat üblicherweise 4 "einzelne" Nachbargrenzen - das ist also nicht das Problem ;)

Wenn schon eine 9m lange Garage steht, dann darf der andere zwar auch eine 9m Garage an der Grenze bauen, aber er ist in Bezug auf die Position seines Grenzbaus eingeschränkt, d.h. sein Bau darf max. 6m vor oder nach dem anderen beginnen, so dass insgesamt nicht 2 x 9m zugebaut sind, sondern insgesamt max. 15m der Grenze "bebaut" sind. Will er woanders bauen als der Nachbar ist er automatisch in der Länge seines Grenzbaus beschränkt...
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Gelöschter Nutzer

Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

julée hat geschrieben:Ein Grundstück hat üblicherweise 4 "einzelne" Nachbargrenzen - das ist also nicht das Problem ;)

Wenn schon eine 9m lange Garage steht, dann darf der andere zwar auch eine 9m Garage an der Grenze bauen, aber er ist in Bezug auf die Position seines Grenzbaus eingeschränkt, d.h. sein Bau darf max. 6m vor oder nach dem anderen beginnen, so dass insgesamt nicht 2 x 9m zugebaut sind, sondern insgesamt max. 15m der Grenze "bebaut" sind. Will er woanders bauen als der Nachbar ist er automatisch in der Länge seines Grenzbaus beschränkt...
Die Längenbeschränkungen sind also für eine Nachbargrenze vorgesehen?
Ich habe immer gedacht, dass ich nur eine Seite mit max. 9m bebauen darf und dann noch auf den anderen Seiten mit den übrigen z.B. 6m. Der Nachbar hätte also auch noch von seiner Seite aus die 9m. Im Extremsfall wären also 18m die bebaut sind.(wobei bei versetzten Grundstücken das wieder anders aussehen würde)

Wenn es also so ist, wie Du es mir jetzt erklärt hast...nehmen wir mal an.. ich grenze an einer Seite meines Grundstückes mit zwei Nachbarn(Grundstücke sind versetzt angeordnet)...diese hätten nun von ihren Seiten aus jeweils eine Garage von 9m Länge an mein Grundstück gebaut..was bleibt mir denn noch übrig, wenn ich nicht gleich dahinter meine Garage bauen kann?
julée
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Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von julée »

Ja, ich würde das Gesetz ("entlang den einzelnen Nachbargrenzen") so verstehen, dass theroretisch an alle 4 Grundstücksgrenzen eine Garage mit 9m Länge zulässig ist. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist es ja, einen Abstand zwischen den jeweiligen Grundstücken zu gewährleisten und A wird ja nicht dadurch tangiert, dass B schon an der (gegenüberliegenden) Grenze zu C eine Garage stehen hat.


Du gehst von dem Fall aus, dass an einer Längstseite des Grundstücks von E die Grundstücke von N1 und N2 grenzen?

Hier würde ich sagen: N1 und N2 dürfen jeweils "ihre" 9m zubauen (eine Ausnahmevorschrift ist mir so erstmal nicht ersichtlich) und E muss dann eben damit leben, dass 18 statt 15m seiner Grundstücksgrenze zugebaut sind. Ferner muss er sich selbst dann beim Bau einer eigenen Garage wohl zumindest an einer der beiden Bauten orientieren.

Das dürfte aber der absolute Ausnahmefall sein ;) Außerdem wäre dann die Frage, ob man hier nicht vllt. schon im Vorfeld aktiv werden müsste und z.B. auf die Eintragung einer Baulast (§ 71 LBO) drängt.
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Herr Schraeg
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Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von Herr Schraeg »

julée hat geschrieben:Wenn schon eine 9m lange Garage steht, dann darf der andere zwar auch eine 9m Garage an der Grenze bauen, aber er ist in Bezug auf die Position seines Grenzbaus eingeschränkt, d.h. sein Bau darf max. 6m vor oder nach dem anderen beginnen, so dass insgesamt nicht 2 x 9m zugebaut sind, sondern insgesamt max. 15m der Grenze "bebaut" sind.
julée hat geschrieben:Ja, ich würde das Gesetz ("entlang den einzelnen Nachbargrenzen") so verstehen, dass theroretisch an alle 4 Grundstücksgrenzen eine Garage mit 9m Länge zulässig ist.
Julèe, bist Du Dir da sicher? Ich bin mir nämlich sicher, dass bei § 6 I 4 LBO bzw. den Parallelvorschriften der anderen Bauordnungen die Grenzbebauung des Nachbargrundstücks ausser Betracht bleibt und die zusätzliche Beschränkung der "insgesamt 15 m" schlicht für die Gesamtheit der Nachbargrenzen gilt. Wenn ich an eine Nachbargrenze 9 m baue, darf ich an eine andere Nachbargrenze nur noch 6 m bauen. Ich verstehe die Norm also genau so, wie Anna177
Anna177 hat geschrieben:Ich habe immer gedacht, dass ich nur eine Seite mit max. 9m bebauen darf und dann noch auf den anderen Seiten mit den übrigen z.B. 6m.
es beschrieben hat.

Das andere angesprochene Problem, wenn eine Grundstücksseite an mehrere Nachbargrundstücke grenzt, ist meines Wissens zwischen den Oberverwaltungsgerichten heftigst umstritten. Es kommt wohl darauf an, ob man "Nachbargrenze" aus Sicht des Baugrundstücks oder aus Sicht der Nachbarn definiert. Aber ich gebe gerne zu, dass ich da jedes Mal durcheinanderkomme und die Sache mir immer wieder neu anlesen muss.
julée
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Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von julée »

Herr Schraeg hat geschrieben:Julèe, bist Du Dir da sicher?
Sagen wir mal so: Bei Zugrundelegung meines Normverständnisses eigentlich ja ::oops: , aber es reichte, um mal in der Bib in einen LBO-Kommentar zu schauen.

Also: Ihr habt Recht, laut Sauter, LBO BW, § 6 Rn. 27ff sollen die 15m auf das "Buchgrundstück" bezogen sein, arg. für die Begrenzung: Es sollen genügend Freiflächen bleiben (also Schutz des Grundstückseigentümers vor sich selbst) und weniger um den von mir zugrundelegten Nachbarschutz gehen.

Sorry, wenn ich zusätzlich Verwirrung gestiftet habe...
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Herr Schraeg
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Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von Herr Schraeg »

@ Julèe: Danke, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, nochmals nachzuschauen. Wie schon gesagt, ist das Abstandsflächenrecht (bis auf die ganz einfachen Konstellationen) für mich ein Gebiet, wo ich jedesmal in einem Kommentar mit vernünftigen Skizzen und Schaubildern blättern muss.
Gelöschter Nutzer

Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

julée hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:Julèe, bist Du Dir da sicher?
Sagen wir mal so: Bei Zugrundelegung meines Normverständnisses eigentlich ja ::oops: , aber es reichte, um mal in der Bib in einen LBO-Kommentar zu schauen.

Also: Ihr habt Recht, laut Sauter, LBO BW, § 6 Rn. 27ff sollen die 15m auf das "Buchgrundstück" bezogen sein, arg. für die Begrenzung: Es sollen genügend Freiflächen bleiben (also Schutz des Grundstückseigentümers vor sich selbst) und weniger um den von mir zugrundelegten Nachbarschutz gehen.

Sorry, wenn ich zusätzlich Verwirrung gestiftet habe...
Herr Schraeg hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Wenn schon eine 9m lange Garage steht, dann darf der andere zwar auch eine 9m Garage an der Grenze bauen, aber er ist in Bezug auf die Position seines Grenzbaus eingeschränkt, d.h. sein Bau darf max. 6m vor oder nach dem anderen beginnen, so dass insgesamt nicht 2 x 9m zugebaut sind, sondern insgesamt max. 15m der Grenze "bebaut" sind.
julée hat geschrieben:Ja, ich würde das Gesetz ("entlang den einzelnen Nachbargrenzen") so verstehen, dass theroretisch an alle 4 Grundstücksgrenzen eine Garage mit 9m Länge zulässig ist.
Julèe, bist Du Dir da sicher? Ich bin mir nämlich sicher, dass bei § 6 I 4 LBO bzw. den Parallelvorschriften der anderen Bauordnungen die Grenzbebauung des Nachbargrundstücks ausser Betracht bleibt und die zusätzliche Beschränkung der "insgesamt 15 m" schlicht für die Gesamtheit der Nachbargrenzen gilt. Wenn ich an eine Nachbargrenze 9 m baue, darf ich an eine andere Nachbargrenze nur noch 6 m bauen. Ich verstehe die Norm also genau so, wie Anna177
Anna177 hat geschrieben:Ich habe immer gedacht, dass ich nur eine Seite mit max. 9m bebauen darf und dann noch auf den anderen Seiten mit den übrigen z.B. 6m.
es beschrieben hat.

Das andere angesprochene Problem, wenn eine Grundstücksseite an mehrere Nachbargrundstücke grenzt, ist meines Wissens zwischen den Oberverwaltungsgerichten heftigst umstritten. Es kommt wohl darauf an, ob man "Nachbargrenze" aus Sicht des Baugrundstücks oder aus Sicht der Nachbarn definiert. Aber ich gebe gerne zu, dass ich da jedes Mal durcheinanderkomme und die Sache mir immer wieder neu anlesen muss.
Hallo;

Ich danke Euch BEIDEN, dass Ihr euch so viel Mühe damit gemacht habt.
Es freut mich jedenfalls, dass ich es nun etwas besser verstehe. Wobei ich sagen muss, dass ich schon etwas länger darüber nachgedacht habe und das Thema immernoch recht kompliziert finde.

Ich werde dem Beispiel von Julèe folgen und mir mal ein Kommentar dazu durchlesen...

Vielen Dank!
Gelöschter Nutzer

Re: Grenzbebauung § 6 LBO

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Betrachte ich allerdings die aktuelle LBO Schleswig-Holsteins:

Der Hinweis auf ein Höchstmaß von "insgesamt 15 m" hat hier offenbar keinen Einzug in die LBO gefunden.

Heißt dass dann, dass "deren Gesamtlänge an keiner der jeweiligen Grundstücksgrenzen des Baugrundstücks größer als 9 m [...]" (LBO §6) für ein Grundstück mit 4 Grenzen (Normalfall) 4x9m = 36m Grenzbebauung zu den vier unterschiedlichen Nachbargrenzen bedeutet

Und bei noch mehr angrenzenden Grundstücken sogar noch weiter ansteigt, etwa wenn man eine lange Grenze zu vielen Reihenhausgründstücken hat, die jeweils relativ schmaler sind?

Heißt der Wegfall einen Hinweises auf eine insgesamte Länge hier, dass dennoch 9m das Maximum insgesamt ist? Dass nacht die formulierung "jeweilige[n] Grundstücksgrenze[n]" keinen Sinn.

Mit der auf der Grundstück bezogenen Grenzbebauungslänge INSGESAMT in vielen Bundesländern wird alle klar, aber so bin ich unsicher!
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