Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität - VB

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Fluffy
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Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität - VB

Beitrag von Fluffy »

Kann mir jemand den Unterschied vllt deutlicher machen?
Wenn vorliegend eine Anfechtungsklage in Betracht käme, würde ich dann sagen "der Rechtsweg ist noch nicht erschöpft" oder "die VB ist subsidiär". Ich kann immer nicht einordnen worunter noch mögliche Rechtsbehelfe fallen.
Spontan würde ich es unter "Rechtswegerschöpfung" einordnen.

Nehmen wir an einstweiliger Rechtsschutz wurde erfolglos durchgeführt. Dann müsste mein Satz doch aber lauten dass der Rechtsweg erschöpft ist, da das Hauptsacheverfahren ein eigenständiger Rechtsweg(?) ist, oder ?! Oder sage ich dann im nä Satz : Aber die VB ist subsidiär, darum soll er erst noch das Hauptsacheverfahren bestreiten?! Wäre aber irgendwie komisch.

Und gegen Normen käme für den Bürger allerhöchtens doch eh nur § 47 VwGO in Betracht, i.d.R. wird bei einer VB gegen Normen der Rechtsweg also erschöpft sein.

Aber was für mögliche Punkte könnte man denn bei der Subsidiarität ansprechen? Für mich klingt das sehr ähnlich. :-s
Gelöschter Nutzer

Re: Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität - VB

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also in dem Juriq Skript "Grundrechte" werden dieser Unterscheidung ganze zwei DinA4 Seiten gewidmet.

Ich schreib dir mal, wie ich das verstanden habe:

Die Subsidiarität ist weiter gefasst als die Rechtswegerschöpfung.

Der Beschwerdeführer muss alles ihm zumutbare getan haben, damit sein Anliegen ohne das BVerfG geklärt wird. (Überlastung des BVerfg!)

Weiter heißt es hier, dass die Subsidiarität vor allem bei einer Rechtssatzverfassungsbeschwerde (Beschwerde gegen Normen, wie du es nanntest) eine Rolle spielt, da hier ja grundsätzlich kein Rechtsweg eröffnet ist.

Und zwar soll hier der Beschwerdeführer versuchen, irgendwie zunächst die Fachgerichte mit dem Problem zu beschäftigen.
Als Beispiel wird hier eine Abfallverordnung angegeben, die den XYZ in seinen Grundrechten verletzt. Gegen diese Verordnung steht ihm kein Rechtsweg offen, aber gegen den Vollzugsakt kann er (und soll er nach dem Prinzip der Subsidiarität!!) sich an ein Fachgericht wenden.


2. Auch wenn ein Urteil ergangen ist, das aus offensichtlichen Gründen falsch ist, verlangt die Subsidiarität, dass der BF eine Gegendarstellung beim Gericht einlegt, bevor er sich an das BVerfG wendet.

3. Schon wenn sich der BF an die Fachgerichte wendet, muss er die möglicherweise verletzten Grundrechte erwähnen, sonst wäre der Rechtsweg auch nicht erschöpft in diesem Sinne.


Wie gesagt, inhaltlich hab ich das alles diesem Skript entommen, das ich im Übrigen sehr empfehlen kann, ich hoffe, ich konnte das verständlich erklären.
markus87
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Re: Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität - VB

Beitrag von markus87 »

Fluffy hat geschrieben: i.d.R. wird bei einer VB gegen Normen der Rechtsweg also erschöpft sein.
Nicht ganz richtig: In der Regel wird der Rechtsweg gar nicht erst eröffnet sein.

Zu Beachten ist noch die Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung im einstweiligen Rechtschutz.

Wenn es im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes noch eine Instanz höher geht, ist das eine Frage der Rechtswegerschöpfung. Der Verweis aufs Hauptsacheverfahren hingegen ist Gegenstand der Subsidiarität.

Allgemein geht es bei der Rechtswegerschöpfung darum, ob statthafte Rechtsmittel (Klage, Berufung, Revision) eingelegt wurden; während bei der Subsidiarität geprüft werden muss, ob der Kläger noch andere Möglichkeiten hat, sein Ziel zu erreichen.
Ant-Man
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Re: Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität - VB

Beitrag von Ant-Man »

Klein/Sennekamp, Aktuelle Zulässigkeitsprobleme der Verfassungsbeschwerde, in: NJW 2007, 945 (949-951)
Fluffy
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Re: Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität - VB

Beitrag von Fluffy »

markus87 hat geschrieben: Zu Beachten ist noch die Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung im einstweiligen Rechtschutz.

Wenn es im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes noch eine Instanz höher geht, ist das eine Frage der Rechtswegerschöpfung. Der Verweis aufs Hauptsacheverfahren hingegen ist Gegenstand der Subsidiarität.
Ok, dann wäre also in einem Fall wo der einstweilige Rechtsschutz erfolglos verlief eine VB unter dem Punkt "Rechtswegerschöpfung" zu bejahen, weil der einstweilige Rechtsschutz ein eigenständiges Verfahren ist und unter dem Punkt "Subsidiarität" ist die VB dann zu verneinen, da der Kläger zunächst noch eine Anfechtungsklage vornehmen muss, so dass als Ergebnis eine VB nicht statthaft wäre.
markus87
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Re: Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität - VB

Beitrag von markus87 »

Fluffy hat geschrieben:
markus87 hat geschrieben: Zu Beachten ist noch die Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung im einstweiligen Rechtschutz.

Wenn es im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes noch eine Instanz höher geht, ist das eine Frage der Rechtswegerschöpfung. Der Verweis aufs Hauptsacheverfahren hingegen ist Gegenstand der Subsidiarität.
Ok, dann wäre also in einem Fall wo der einstweilige Rechtsschutz erfolglos verlief eine VB unter dem Punkt "Rechtswegerschöpfung" zu bejahen, weil der einstweilige Rechtsschutz ein eigenständiges Verfahren ist und unter dem Punkt "Subsidiarität" ist die VB dann zu verneinen, da der Kläger zunächst noch eine Anfechtungsklage vornehmen muss, so dass als Ergebnis eine VB nicht statthaft wäre.
grundsätzlich absolut richtig. Es muss allerdings nicht zwingend an der Subsidiarität scheitern. ZB kann dem Antragsteller die vorherige Durchführung des Hauptsacheverfahrens unzumutbar sein, wenn seine grundrechtlich geschützte Position sonst unwiderbringlich verloren ginge.
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