Personenstandsrecht verstößt gegen Persönlichkeitsgrundrecht und Art. 3 GG:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/ ... 01916.html
Mich überzeugt dieser Beschluss in keiner Weise. Der Eingriff ist hier schon sehr herbeikonstruiert:
"Dies folgt aus § 22 Abs. 3 PStG („Fehlende Angaben“), wonach der Personenstandsfall ohne Angabe in das Geburtenregister einzutragen ist, wenn das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Eine positive Eintragung in das Geburtenregister kann nicht erfolgen. Infolgedessen muss die beschwerdeführende Person einen Eintrag hinnehmen, der ihrer grundrechtlich geschützten geschlechtlichen Identität nicht entspricht. [...] Durch den offenen Geschlechtseintrag würde nicht abgebildet, dass sie sich zwar nicht als Mann oder als Frau, aber auch nicht als geschlechtslos begreift, und nach eigenem Empfinden ein Geschlecht jenseits von männlich oder weiblich hat."
"Unter den gegebenen Umständen hat die personenstandsrechtliche Anerkennung des Geschlechts Identität stiftende und ausdrückende Wirkung. Der Personenstand ist keine Marginalie, sondern ist nach dem Gesetz die „Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PStG). Mit dem Personenstand wird eine Person nach den gesetzlich vorgesehenen Kriterien vermessen; er umschreibt in zentralen Punkten die rechtlich relevante Identität einer Person. Daher gefährdet die Verwehrung der personenstandsrechtlichen Anerkennung der geschlechtlichen Identität bereits an sich, das heißt unabhängig davon, welche Folgen außerhalb des Personenstandsrechts an den Geschlechtseintrag geknüpft sind, die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit einer Person spezifisch."
Zweck der Regelung ist es nicht, Menschen einzuordnen und zu gruppieren (also zu "vermessen"), sondern zugunsten der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs soll eine möglichst eindeutige objektive Identifizierbarkeit erreicht werden. Keinen anderen Zweck erfüllt die Geschlechtsangabe in Pässen und Urkunden. Inwiefern jemandem durch die Eintragung der fehlenden Angabe die Persönlichkeitsrechtsausübung eingeschränkt werden soll, ist über eine lediglich gefühlte Ungerechtigkeit hinaus nicht substantiiert vom Gericht ausgeführt. So bleibt die Begründung dann auch im Unklaren und verliert sich in Allgemeinplätzen.
"Spezifische Bedeutung für die geschlechtliche Identität erlangt der personenstandsrechtliche Eintrag für sich genommen zwar nur, weil das Personenstandsrecht überhaupt die Angabe der Geschlechtszugehörigkeit verlangt. Täte es dies nicht, gefährdete es auch die Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit nicht spezifisch, wenn die konkrete Geschlechtszugehörigkeit einer Person keinen personenstandsrechtlichen Niederschlag fände. Es handelte sich dann beim Geschlecht um keine Größe von personenstandsrechtlicher Relevanz. Ein von der konkreten Rechtslage losgelöster Anspruch auf personenstandsrechtliche Anerkennung beliebiger Identitätsmerkmale ergibt sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht.
[...]
Sofern die rechtliche Identifikation von Personen de lege lata anhand ihres Geschlechts erfolgt und einzelne rechtliche Pflichten und Ansprüche nach geltendem Recht anhand des Geschlechts zugeordnet sind, trägt die personenstandsrechtliche Registrierung des Geschlechts zwar dazu bei, dass diese Identifikation und Zuordnung sicher und eindeutig erfolgen kann (vgl. BVerfGE 128, 109 <129 f.>). Das rechtfertigt es jedoch nicht, dass nach § 22 Abs. 3 PStG kein anderes Geschlecht als das männliche oder das weibliche im Personenstandsregister eingetragen werden kann."
Angesichts nicht weniger zweigeschlechtlicher Vornamen ist die Eintragung des Geschlechts nicht nur sinnvoll, sondern auch erforderlich. Von daher ist dieser Hinweis nicht zu Ende gedacht und ich halte ihn daher für weltfremd. Der letzte Satz ist m. M. n. einfach eine argumentativ überhaupt nicht unterfütterte Behauptung. Der Eintrag "trägt" nicht lediglich dazu bei, sondern gewährleistet vielmehr die Identifizierbarkeit. Er ist gerade in Fällen zweigeschlechtlicher Namen eine notwendige Voraussetzung.
Wie schön die Welt als Richter doch ist, man muss sich selbst nämlich keine geeignetere Lösung überlegen. Mit genau derselben Begründung ließe sich nämlich auch ein Recht auf Eintragung lediglich "gefühlter" Geschlechter begründen. Je nach Stand der Genderforschung wird von einer zweistelligen Zahl von Geschlechtern ausgegangen. Entwickelt der Gesetzgeber also einen zufriedenstellenden Begriff für eine positive Eintragung, was schon schwer genug sein dürfte, so kann diese Formulierung dennoch dieser Argumentation folgend durchaus das Persönlichkeitsrecht verletzen, da die Eintragung nicht die selbstbestimmte (!) Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit gewährleistet.
Verständnis hätte ich entwickelt, wenn das BVerfG diese Ausführungen ausdrücklich auf biologisch keinem Geschlecht zugehörige Personen beschränkt hätte. Eine solche Beschränkung lässt sich aus dieser Argumentation jedoch nicht entnehmen, eher im Gegenteil. So versteigt sich das BVerfG aber meiner Ansicht nach völlig.