Menschenrechte, insb. Ehe?
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Du hast dir nun mehr Gedanken zu dem Thema gemacht als gut 90% der Examenskandidaten. Wenn eine solche Klausur kommt, wirst du also problemlos 5-6 Sätze hinzaubern können.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Meiner Erfahrung nach werden im ersten Examen, soweit es um eine Staatsrechtsklausur geht, die Fälle ohnehin auf BVerfG-Entscheidungen aufgebaut. Eine komplett "ausgedachte" staatsrechtliche Klausur zu einem Thema, dass so vom BVerfG noch nicht behandelt wurde (etwa: Familienwahlrecht), ist mir noch nie untergekommen.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Hui, steile These. Man schaue sich einmal nur - willkürlich herausgegriffen - die Klausur im baden-württembergischen Referendarexamen aus dem Termin 2007/II an, die der TE hier jüngst skizzirt hat. Bei ebendieser Klausur sind Kenntnisse der hier angesprochenen Fragestellung von deutlichem Vorteil.
Zur didaktischen Kompotente kann ich mich Honigkuchenpferd und Tibor anschließen. Insbesondere kann ich der Kritik des Pferdes an Ant-Man nur beipflichten.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Was war denn da Thema?
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Stimmt, die Klausur hatte ich schon völlig verdrängt
Thema war:
Einführung eines Sektenausschusses durch Änderung der Landesverfassung. Abgeordnete wurden durch den Ausschuss auf ihre Mitgliedschaft in Sekten hin überprüft.
http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... start=1620
Wobei die Lösungsskizze zu dieser Klausur zum Menschenwürdekern auch erstaunlich wenig sagt und wohl hinsichtlich seiner Bestimmung auch direkt auf Art. 1 I GG und die Objektformel abstellt.
Thema war:
Einführung eines Sektenausschusses durch Änderung der Landesverfassung. Abgeordnete wurden durch den Ausschuss auf ihre Mitgliedschaft in Sekten hin überprüft.
http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... start=1620
Wobei die Lösungsskizze zu dieser Klausur zum Menschenwürdekern auch erstaunlich wenig sagt und wohl hinsichtlich seiner Bestimmung auch direkt auf Art. 1 I GG und die Objektformel abstellt.
Die Frage nach der normhierarchischen Stellung der religiös-
weltanschaulichen Verbürgungen in der LV ist damit dahingehend zu beantworten, dass
sie keinen höheren Rang als Art. 35 b LV haben – zumindest, sofern nicht ihr Menschenwürdekern
berührt ist. Dass die Überprüfung durch den Sektenausschuss die Menschenwürde
verletzt, ist nicht ersichtlich. Es liegt keine unmenschliche Behandlung vor, keine Degradierung
zum bloßen Objekt zur Verwirklichung staatlicher Zwecke
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Nun gut, zugegeben ist das kein Originalfall, indes auch schon deutlich älter. Meine "Expertise" bezog sich auf die Jahre 2010 ff., auch in BW.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Meinereiner würde sich freuen, wenn Du uns an Deiner Expertise teilhaben lassen würdest. Was kam denn dran in den letzten Jahren, sofern verfassungsrechtliche - das meinst Du wohl mit "Staatsrechtsklausur" - Klausuren gestellt wurden?
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Das mag so sein, spiegelt aber nicht die Realität des ersten Examens wider. Von der Laufzeitverlängerung bis zur Sicherungsverwahrung (II) kenne ich Klausuren, die entweder ohne Bezug zu Entscheidungen des BVerfG gestellt wurden oder vor diesen.OJ1988 hat geschrieben:Meiner Erfahrung nach werden im ersten Examen, soweit es um eine Staatsrechtsklausur geht, die Fälle ohnehin auf BVerfG-Entscheidungen aufgebaut. Eine komplett "ausgedachte" staatsrechtliche Klausur zu einem Thema, dass so vom BVerfG noch nicht behandelt wurde (etwa: Familienwahlrecht), ist mir noch nie untergekommen.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Es kam zB dran (alles BW):
-das Gedöns um Bundeswehreinsätze im Innern
-die Fraport-Entscheidung
-die Entscheidung zu Art. 297 EGStGB
-eine Klausur mit diversen vom BVerfG festgezurrten Leitlinien zum Untersuchungsaussschuss
-die Wunsiedel-Entscheidung
Für Näheres müsste ich irgendwo mal meine Kiste mit den alten Klausuren ausgraben. In meinen Erinnerungen waren die Klausurbesprechungen zu diesen staatsrechtlichen Klausuren eben stets von dem Hinweis auf die jeweilige BVerfG-Entscheidung begleitet.
Im Übrigen: Ein Bedürfnis, "Staatsrecht" in Anführungszeichen zu setzen, besteht aufgrund der Fülle der just so betitelten Ausbildungsliteratur in meinen Augen nicht.
-das Gedöns um Bundeswehreinsätze im Innern
-die Fraport-Entscheidung
-die Entscheidung zu Art. 297 EGStGB
-eine Klausur mit diversen vom BVerfG festgezurrten Leitlinien zum Untersuchungsaussschuss
-die Wunsiedel-Entscheidung
Für Näheres müsste ich irgendwo mal meine Kiste mit den alten Klausuren ausgraben. In meinen Erinnerungen waren die Klausurbesprechungen zu diesen staatsrechtlichen Klausuren eben stets von dem Hinweis auf die jeweilige BVerfG-Entscheidung begleitet.
Im Übrigen: Ein Bedürfnis, "Staatsrecht" in Anführungszeichen zu setzen, besteht aufgrund der Fülle der just so betitelten Ausbildungsliteratur in meinen Augen nicht.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
hm, 2010 in BW: Teil 1 inspiriert von http://www.horizont.net/marketing/nachr ... Klau-85967 (VB gegen zivilgerichtliche Verurteilung) und Teil 2 irgendwas sehr akademisch Anmutendes zur Informationsfreiheit.
Zu Teil 1 hat natürlich vorher mal im weitesten Sinne das BVerfG was entschieden; bei den in Teil 2 zu diskutierenden Fragen würde mich das schon eher verwundern. Selbst wenn: es war jedenfalls keine besonders öffentlichkeitswirksame Entscheidung.
Es mag für den Klausurersteller einfacher sein, eine Entscheidung des BVerfG zugrundelegen, aber es ist nicht ausgeschlossen, selbst an einen Klausurersteller zu geraten, der z. B. beim Grübeln über die Neubearbeitung seiner 100-seitigen Kommentierung eines weniger bekannten Grundrechtsartikels auf irgendwelche abartigen Ideen für eine Examensklausur kommt. Insofern halte ich Aussagen à la "immer nur bereits bekannte BVerfG-Entscheidungen" für gefährlich.
Zu Teil 1 hat natürlich vorher mal im weitesten Sinne das BVerfG was entschieden; bei den in Teil 2 zu diskutierenden Fragen würde mich das schon eher verwundern. Selbst wenn: es war jedenfalls keine besonders öffentlichkeitswirksame Entscheidung.
Es mag für den Klausurersteller einfacher sein, eine Entscheidung des BVerfG zugrundelegen, aber es ist nicht ausgeschlossen, selbst an einen Klausurersteller zu geraten, der z. B. beim Grübeln über die Neubearbeitung seiner 100-seitigen Kommentierung eines weniger bekannten Grundrechtsartikels auf irgendwelche abartigen Ideen für eine Examensklausur kommt. Insofern halte ich Aussagen à la "immer nur bereits bekannte BVerfG-Entscheidungen" für gefährlich.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Ich hatte https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 5-070.html
Das Urteil war 3 Wochen alt bei der Klausur. Der Klausurersteller konnte also bei der Erstellung der Klausur nicht wissen wie und ob das BVerfG bis zum Klausurtermin entscheidet.
Das Urteil war 3 Wochen alt bei der Klausur. Der Klausurersteller konnte also bei der Erstellung der Klausur nicht wissen wie und ob das BVerfG bis zum Klausurtermin entscheidet.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Und zum ominösen Menschenwürdekern bezüglich der Ehe (des Ehegrundrechts): Die "Ehe" ist mE nicht um ihrer selbst willen geschützt (warum hat man dann nicht auch beispielsweise die Miete geschützt?), sondern weil eine solche Ehe (die, zumindest nach der Ansicht der Väter des GG, dazu dienen sollte, eine stabile Familie zu gründen und zu erhalten) Unterhaltspflichten und diverse für das Zusammenleben und insbesondere für die Kinder günstige Rechte (1357, 1664, 1924, 1931,...) begründet.
Ich sehe, solange der Staat eine Form des Zusammenlebens mit solchen gesteigerten Unterhaltspflichten und -rechten anbietet, keine Betroffenheit der Menschenwürde. Der BGB-Gesetzgeber könnte tatsächlich auch festlegen, dass beispielsweise nach fünfjährigem Zusammenleben automatisch die Unterhalts- und Garantenpflichten entstehen, welche nach ein- oder zweijährigem Getrenntleben wieder entfallen, zumal die "Familie" ja geschützt bleibt, womit beispielsweise meiner Ansicht nach der Kernbereich des Kindesunterhalts, des elterlichen Sorgerechts (und auch des Umgangsrechts?) geschützt bleiben würden.
Ich sehe, solange der Staat eine Form des Zusammenlebens mit solchen gesteigerten Unterhaltspflichten und -rechten anbietet, keine Betroffenheit der Menschenwürde. Der BGB-Gesetzgeber könnte tatsächlich auch festlegen, dass beispielsweise nach fünfjährigem Zusammenleben automatisch die Unterhalts- und Garantenpflichten entstehen, welche nach ein- oder zweijährigem Getrenntleben wieder entfallen, zumal die "Familie" ja geschützt bleibt, womit beispielsweise meiner Ansicht nach der Kernbereich des Kindesunterhalts, des elterlichen Sorgerechts (und auch des Umgangsrechts?) geschützt bleiben würden.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
http://www.faz.net/aktuell/politik/bund ... 24935.html
Wie kommt da das BVerfG ins Spiel? Das BVerfG hat doch gesagt, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn man die Ehe nicht für homosexuelle Paare öffnet, da darin kein Verfassungsverstoß gegen Art. 6 GG liegt, wollte man das anders sehen, müsse der verfassungsändernde Gesetzgeber tätig werden. Angenommen ein Gesetz kommt jetzt nicht zu Stande, weil die Mehrheit fehlt, wie soll man das dann vors BVerfG bringen? Auch wenn man den Art. 6 GG ändern wollte, müsste man eben die Mehrheit des Art. 79 II GG erreichen. Wenn man es eben nicht durchkriegt, dann ist das doch der gesetzgeberische Wille, warum und wie sollte das BVerfG da reagieren (Gewaltenteilung)? Das BVerfG wird ja nicht von sich aus tätig, also Organstreit? Was wäre dann Streitgegenstand? Ein gesetzgeberisches Unterlassen ist das doch nicht, wenn man eine erforderliche Mehrheit nicht erreicht?„Die Zeit ist längst reif dafür“, fügte Maas hinzu. Wenn die Politik das nicht entscheide, werde „das Bundesverfassungsgericht dafür sorgen und uns die Entscheidung abnehmen“
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Naja, ein Homopaar könnte im Standesamt einen Termin auf Eheschließung beantragen und gegen die Ablehnung dann vorgehen.
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Re: Menschenrechte, insb. Ehe?
Ja, aber das ist doch schon durchgekaut vom BVerfG, da gab es doch schon VBen. Warum sollte das BVerfG jetzt anders entscheiden und einen Verstoß gegen Art. 6 / Art. 3 GG bejahen? Die haben doch gesagt: Art. 6 GG traditionelles Eheverständnis, also kein Verstoß. Wenn man das anders machen will (wogegen das BVerfG auch nichts einzuwenden hätte), wäre der verfassungsändernde Gesetzgeber berufen. So lange der aber nicht tätig wird, kann das BVerfG ja auch nichts machen.
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