markus87 hat geschrieben:Da sind wir uns ja im Ergebnis einig. Mich hat hier vor allem das mangelnde Bewusstsein für die Anwendbarkeit der EuGVO gestört. Honigkuchenpferd, den Art. 5 verstehst du falsch: "Für Person A gilt ausschließlich § x" bedeutet nicht, dass § x nur für Person A gilt. Deshalb kannst du auch nicht einfach über den abweichenden Wortlaut von Art. 8 hinweggehen ohne dich mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften auseinanderzusetzen.
Ich habe nicht den Eindruck, dass du verstanden hast, was ich geschrieben habe. Art. 5 I EuGVVO macht deutlich, dass auch Art. 8 EuGVVO nur für andere Mitgliedstaaten gilt als denjenigen, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Art. 7 EuGVVO nimmt das nur noch einmal ausdrücklich in seinen Wortlaut auf. Aber auch Art. 8 EuGVVO kann natürlich nicht ohne die Verweisvorschrift des Art. 5 EuGVVO richtig ausgelegt werden.
Aber ich verstehe, ehrlich gesagt, auch diesen Beitrag von dir wiederum in großen Teilen nicht. Sei's drum. Du räumst ja nun selbst ein, dass Art. 7 Ziff. 2 EuGVVO völlig neben der Sache liegt und es sich um einen - völlig unproblematischen - Fall des Art. 4 I EuGVVO handelt, der - wie gesagt - bei den allermeisten Gerichten deshalb auch gar keine Erwähnung gefunden hätte.
Sicher, und weil das so ist, hast du natürlich auch nicht die Güte besessen, deine teils handgreiflich unsinnigen Behauptungen irgendwie zu belegen über ein "steht im MüKo" hinaus (ohne Zitat, ohne Randnummern, ohne Artikelangabe).
markus87 hat geschrieben:"Für Person A gilt ausschließlich § x" bedeutet nicht, dass § x nur für Person A gilt.
Kein MüKo, nur einfache Logik. Kann nicht jeder.
Ich bezog mich auf deine obigen Behauptungen, von denen du dann ja auch in weiten Teilen abgerückt bist, ohne die Nachweise zu bringen, deren Existenz du behauptet hattest.
Im Übrigen stimmt es natürlich, dass man mit "einfacher Logik" erschließen kann, dass sich bereits dem Wortlaut von Art. 5 I EuGVVO entnehmen lässt, dass es bei Art. 7 ff. EuGVVO grundsätzlich nur um Fälle gehen kann, bei denen die Zuständigkeit nicht bereits nach Art. 4 I EuGVVO eröffnet ist, vulgo um einen anderen Mitgliedstaat als denjenigen, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Insofern ist dein "Einwand" nichts weiter als unsinnige Rabulistik.
Mir ist klar, dass einiges was ich schreibe eventuell nicht richtig verstanden wird, und das liegt zu einem guten Teil auch an mir, weil ich mich extrem kurz fasse. Das nehme ich aber aus Zeitgründen in Kauf.
Weiss jemand, ob Böhmermann bzw. seine Anwälte im Vorfeld der Sendung eine Schutzschrift hinterlegt haben? Wäre interessant zu wissen, ob das Gericht die rechtliche Sichtweise Böhmermanns kannte und bereits berücksichtigte.
Vor der Sendung nicht, aber eine Schutzschrift ist hinterlegt worden:
19. April: Böhmermann-Anwalt reicht Schutzschrift ein
Eine Schutzschrift, die von Jan Böhmermanns Anwalt an alle Landgerichte geschickt wurde, soll sicherstellen, dass Moderator Böhmermann das Schmähgedicht auf Präsident Erdogan weiter verwenden kann. Auf 23 Seiten legt Böhmermanns Anwalt darin dar, warum das Gedicht aus seiner Sicht keine ernst gemeinte Herabsetzung des türkischen Präsidenten ist. Die gewählte Form des Gedichts zeige, dass dem Zuschauer "...künstlich demonstriert werden sollte, wie man eine Schmähkritik anfertigt. Es war also eine Art Muster...". Mit der Schutzschrift soll der möglichen Beantragung einer einstweiligen Verfügung durch Präsident Erdogan, um die weitere Verwendung des Gedichts zu untersagen, zuvorgekommen werden.
Weiss jemand, ob Böhmermann bzw. seine Anwälte im Vorfeld der Sendung eine Schutzschrift hinterlegt haben? Wäre interessant zu wissen, ob das Gericht die rechtliche Sichtweise Böhmermanns kannte und bereits berücksichtigte.
Keine Schutzschrift zu hinterlegen, wenn einem bereits die Abmahnung ins Haus geflattert ist, dürfte äußerst dämlich sein. Ich halte es schon für überraschend, dass sie erst mehrere Tage nach Ablauf der Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung hinterlegt wurde.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
Naja, das ist hier ja keiner der klassischen, etwa aus dem Wettbewerbsrecht bekannten, Fälle, in denen eine Schutzschrift insb. wegen des im Erfolgsfalle drohenden wirtschaftlichen Schadens unbedingt angezeigt ist.
Aber man muss die eV auch nicht riskieren, nur weil man sich zu viel Zeit mit dem Einreichen einer Schutzschrift gelassen hat.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
Ja, aber welchen tieferen Zweck hat die Schutzschrift denn hier noch. "Die Rechtsansicht Böhmermanns schildern" - Nunja. Dass es um die allseits bekannte Abwägung von Meinungsfreiheit gegen allg. Persönlichkeitsrecht geht, springt ebenso ins Auge wie die hier in der Diskussion sich ja auch recht schnell herausgebildeten 'Pole' ("Ficki-Ficki geht gar nicht" vs. "Wollte nur satirisch darstellen, was Schmähkritik ist"). Dass man sich als Richter hier für den einen oder anderen Aspekt entscheiden muss, ist nach meinem Dafürhalten eh klar, auch ohne Schutzschrift.
Natürlich kann man darauf vertrauen, dass das Gericht alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigen und schon zutreffend abwägen wird.
Aber es ist ja ein Fall, in dem man höchst unterschiedlicher Ansicht sein kann, ob das erlaubt ist oder nicht. Und da auf eine eigene Darlegung zu verzichten und das Gericht allein auf Basis der Antragsschrift entscheiden zu lassen, halte ich jedenfalls für verwunderlich. Warum sollte man das Gericht darüber im Unklaren lassen, warum man ursprünglich der Ansicht war, dass die Nummer zwar vielleicht grenzwertig, aber auf jeden Fall noch von der Meinungs-/Kunstfreiheit gedeckt sei?
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
julée hat geschrieben:Natürlich kann man darauf vertrauen, dass das Gericht alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigen und schon zutreffend abwägen wird.
Aber es ist ja ein Fall, in dem man höchst unterschiedlicher Ansicht sein kann, ob das erlaubt ist oder nicht. Und da auf eine eigene Darlegung zu verzichten und das Gericht allein auf Basis der Antragsschrift entscheiden zu lassen, halte ich jedenfalls für verwunderlich. Warum sollte man das Gericht darüber im Unklaren lassen, warum man ursprünglich der Ansicht war, dass die Nummer zwar vielleicht grenzwertig, aber auf jeden Fall noch von der Meinungs-/Kunstfreiheit gedeckt sei?
Zumal ja schon die Diskussion hier gezeigt hat, dass selbst unter Juristen ganz verschiedene Ansichten zur Interpretation des Gedichts vertreten werden.