Bürgerwehren und das VersG
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Bürgerwehren und das VersG
Aus aktuellem Anlass und auch im Hinblick auf die (hoffentlich) bald anstehende mündliche Prüfung, habe ich ein paar Fragen zu Bürgerwehren und dem VersG.
1. Gilt eine Bürgerwehr als Versammlung iSd. VersG, bzw. Art. 8 I GG?
Ein gemeinsamer Zweck, also eine innere Verbundenheit, liegt vor. Der gemeinsame Zweck kann aber nach wohl h.M nicht beliebig sein, sondern muss auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sein. Ist das bei einer Bürgerwehr gegeben? Ich würde sagen (+). Alleine durch ihr Auftreten, bzw. ihre Patrouillengänge, äußern sie die Meinung, dass es notwendig ist für Schutz zu sorgen, da der Staat alleine die öffentliche Sicherheit nicht mehr gewährleisten kann. Also müsste doch jeder Patrouillengang auch bei der zuständigen Behörde angemeldet werden, § 14 VersG.
2. Art. 8 I GG, § 17a VersG : keine Waffen
Fallen Kabelbinder / Handschellen unter den Waffenbegriff des VersG, bzw. des Art. 8? Als Schutzbewaffnung wird man einen Kabelbinder nicht ansehen können. Er kann jedoch dazu eingesetzt werden eine Willensbetätigung des "Opfers" unmöglich zu machen und er wird ja auch nur aus diesem Grunde mitgeführt. Gleichwohl unterfällt er nicht dem Waffenbegriff des WaffG, denn er ist weder dazu bestimmt als Angriffs- / Verteidigungsmittel eingesetzt zu werden, noch ist er geeignet nicht nur unerhebliche Verletzungen herbeizuführen. Gut, ein Kabelbinder um den Hals kann schon sehr gefährlich werden, aber dann fehlt es immer noch an der Bestimmung als Angriffs- oder Verteidigungsmittel. Legt man bei Versammlungen da andere Definitionen an, oder passt meine Definition da insoweit?
3. Uniformverbot, § 3 VersG?
Ein Tshirt mit dem Aufdruck Bürgerwehr dürfte wohl kaum unter § 3 fallen, oder? Allerdings steht da was von "gleichartigen Kleidungsstücken". Ich würde den § 3 jetzt einschränkend auslegen und verlangen dass eine Art Einschüchterungswirkung von der Bekleidung ausgehen muss und die Bekleidung zumindest mit einer Uniform vergleichbar sein muss, also in irgendeiner Art militärisch. Die ganzen Neonaziaufmärsche hat man ja in dieser Hinsicht auch nie bestandet und die tragen ja so ziemlich das gleiche (Bomberjacke, Springerstiefel, etc).
Angenommen die Bürgerwehr hat "richtige" Waffen dabei, bspw. Pfefferspray. Wie sieht es da mit § 127 StGB aus ? Angenommen die Bürgerwehr setzt das Pfefferspray ein und ist durch Notwehr, § 32 StGB, gerechtfertigt. Hat diese Rechtfertigung Auswirkungen auf eine Strafbarkeit nach § 127 StGB? Ich würde sagen nein, da § 127 ein Gefährdungsdelikt zu sein scheint und die Bewaffnung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer akuten Bedrohung erfolgte. Beim unerlaubten Erwerb / Führen einer Schusswaffe ist es doch ähnlich.
1. Gilt eine Bürgerwehr als Versammlung iSd. VersG, bzw. Art. 8 I GG?
Ein gemeinsamer Zweck, also eine innere Verbundenheit, liegt vor. Der gemeinsame Zweck kann aber nach wohl h.M nicht beliebig sein, sondern muss auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sein. Ist das bei einer Bürgerwehr gegeben? Ich würde sagen (+). Alleine durch ihr Auftreten, bzw. ihre Patrouillengänge, äußern sie die Meinung, dass es notwendig ist für Schutz zu sorgen, da der Staat alleine die öffentliche Sicherheit nicht mehr gewährleisten kann. Also müsste doch jeder Patrouillengang auch bei der zuständigen Behörde angemeldet werden, § 14 VersG.
2. Art. 8 I GG, § 17a VersG : keine Waffen
Fallen Kabelbinder / Handschellen unter den Waffenbegriff des VersG, bzw. des Art. 8? Als Schutzbewaffnung wird man einen Kabelbinder nicht ansehen können. Er kann jedoch dazu eingesetzt werden eine Willensbetätigung des "Opfers" unmöglich zu machen und er wird ja auch nur aus diesem Grunde mitgeführt. Gleichwohl unterfällt er nicht dem Waffenbegriff des WaffG, denn er ist weder dazu bestimmt als Angriffs- / Verteidigungsmittel eingesetzt zu werden, noch ist er geeignet nicht nur unerhebliche Verletzungen herbeizuführen. Gut, ein Kabelbinder um den Hals kann schon sehr gefährlich werden, aber dann fehlt es immer noch an der Bestimmung als Angriffs- oder Verteidigungsmittel. Legt man bei Versammlungen da andere Definitionen an, oder passt meine Definition da insoweit?
3. Uniformverbot, § 3 VersG?
Ein Tshirt mit dem Aufdruck Bürgerwehr dürfte wohl kaum unter § 3 fallen, oder? Allerdings steht da was von "gleichartigen Kleidungsstücken". Ich würde den § 3 jetzt einschränkend auslegen und verlangen dass eine Art Einschüchterungswirkung von der Bekleidung ausgehen muss und die Bekleidung zumindest mit einer Uniform vergleichbar sein muss, also in irgendeiner Art militärisch. Die ganzen Neonaziaufmärsche hat man ja in dieser Hinsicht auch nie bestandet und die tragen ja so ziemlich das gleiche (Bomberjacke, Springerstiefel, etc).
Angenommen die Bürgerwehr hat "richtige" Waffen dabei, bspw. Pfefferspray. Wie sieht es da mit § 127 StGB aus ? Angenommen die Bürgerwehr setzt das Pfefferspray ein und ist durch Notwehr, § 32 StGB, gerechtfertigt. Hat diese Rechtfertigung Auswirkungen auf eine Strafbarkeit nach § 127 StGB? Ich würde sagen nein, da § 127 ein Gefährdungsdelikt zu sein scheint und die Bewaffnung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer akuten Bedrohung erfolgte. Beim unerlaubten Erwerb / Führen einer Schusswaffe ist es doch ähnlich.
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Re: Bürgerwehren und das VersG
Du unterschlägst da mE in der Definition des (engen) Versammlungsbegriffs das Wörtchen 'gerichtet'. Der typischen Bürgerwehr - die ja zumeist sogar oft nachts 'marschiert' und somit nur begrenzt öffentlichkeitswirksam agiert - dürfte es nicht um Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gehen, sondern darum, den (als bedroht oder jedenfalls nicht hinlänglich durch die Polizei abgesichert wahrgenommenen) öffentlichen Frieden abzustützen und zu wahren.
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Re: Bürgerwehren und das VersG
Das ist natürlich ein Argument. Legt man den engen Versammlungsbegriff des BVerfG an wird es schwierig. Es kommt wohl auch darauf an wie die Bürgerwehr genau agiert. Wenn sie auf ihren Kontrollgängen gezielt Leute anspricht, Flugzettel o.ä. verteilt, käme man wohl noch zu einer Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung.
Man müsste wohl als Zweck eine gemeinsame Meinungsbildung und -äußerung genügen lassen um in jedem Fall zu einer Versammlung zu kommen. Das reicht BVerfG und BVerwG aber nicht aus.
Man müsste wohl als Zweck eine gemeinsame Meinungsbildung und -äußerung genügen lassen um in jedem Fall zu einer Versammlung zu kommen. Das reicht BVerfG und BVerwG aber nicht aus.
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Re: Bürgerwehren und das VersG
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Re: Bürgerwehren und das VersG
Die galten aber als Versammlung, oder? Da ging es doch "nur" um eine Anklage wegen dem Uniformverbot[enigma] hat geschrieben:Fallabwandlung: Die Scharia-Police
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Re: Bürgerwehren und das VersG
Es ging wenn ich mich nicht irre um die Durchführung einer nicht angemeldeten Versammlung, § 26 Nr. 2 VersG. Ob die Warnwesten gegen das Uniformierungsverbot verstoßen (würde ich spontan bejahen) wurde bisher noch nicht rechtskräftig entschieden.
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Re: Bürgerwehren und das VersG
Ich hab dazu nur das Urteil des LG Wuppertal auf dem Zettel:
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/l ... abgelehnt/
Gab es da noch andere Entscheidungen? Ist mir aber auch grade egal Bin schon betrunken
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Gab es da noch andere Entscheidungen? Ist mir aber auch grade egal Bin schon betrunken
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Re: Bürgerwehren und das VersG
Die Beschwerde der StA gegen die Nichtzulassung hatte Erfolg
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 90575.html
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Re: Bürgerwehren und das VersG
Danke! Schau ich mir morgen an, oder übermorgen
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