Interpretation des Wortes "trotz"
Moderator: Verwaltung
Interpretation des Wortes "trotz"
In der Schulordnung für die Berufsbildende Schule in RLP heißt es:
Das Schulverhältnis eines nicht schulbesuchspflichtigen Schülers kann auch beendet werden (...) durch schriftlichen Bescheid des Schulleiters, wenn der Schüler trotz zweifacher schriftlicher Mahnung und Androhung der Beendigung des Schulverhältnisses in Vollzeitbildungsgängen an mindestens zehn (...) Unterrichtstagen im Schuljahr den gesamten Unterricht (...) versäumt hat.
Wie ist das Wort "trotz" zu interpretieren?
1. Es müssen zwei Mahnungen erfolgen, dann die Androhung und danach 10 Fehltage um das Schulverhältnis zu beenden?
oder
2. Es müssen zwei Mahnungen erfolgen, dann die Androhung und in der Summe, also ab dem ersten Fehltag, 10 Fehltage erfolgen.
Hat jemand eine Idee dazu?
Gruß DerLappes
Das Schulverhältnis eines nicht schulbesuchspflichtigen Schülers kann auch beendet werden (...) durch schriftlichen Bescheid des Schulleiters, wenn der Schüler trotz zweifacher schriftlicher Mahnung und Androhung der Beendigung des Schulverhältnisses in Vollzeitbildungsgängen an mindestens zehn (...) Unterrichtstagen im Schuljahr den gesamten Unterricht (...) versäumt hat.
Wie ist das Wort "trotz" zu interpretieren?
1. Es müssen zwei Mahnungen erfolgen, dann die Androhung und danach 10 Fehltage um das Schulverhältnis zu beenden?
oder
2. Es müssen zwei Mahnungen erfolgen, dann die Androhung und in der Summe, also ab dem ersten Fehltag, 10 Fehltage erfolgen.
Hat jemand eine Idee dazu?
Gruß DerLappes
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Angesichts der gravierenden Folgen verstehe ich die Vorschrift so, dass nach der zweiten Mahnung (inkl. Androhung) weitere zehn Fehltage hinzukommen müssen. Rein praktisch gedacht könnten die Mahnungen bei einer Gesamtfehlzeit von lediglich zehn Tagen auch gar nicht ihren Zweck erfüllen: den Schüler zu einem pflichtgemäßen Verhalten zu bewegen.
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Ich würde 2. auch nachvollziehbar halten, also 5 Fehltage, dann erste Mahnung, dann 2 weitere Fehltage, dann zweite Mahnung mit Beendigungsandrohung und wenn dann nochmals mindestens 3 Fehltage kommen, kann der Bescheid raus. Man muss hier nur prüfen, ob die Schulleitung tatsächlich den Zugang beider Mahnungen nachweisen kann; bei Versand per Post wird der Schüler einfach den Zugang bestreiten können.
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Schüler A fehlt die erste Woche komplett unentschuldigt. Dies wird erst Mittwoch endgültigt festgestellt, da Dienstag noch rückwirkend eine Krankmeldung eintreffen könnte. Donnerstag geht Mahnung 1 des eiligen Schulleiters zur Post. Bis Schüler A Mahnung 1 zur Kenntnis nehmen kann, sind also schon fünf Tage voll. Drei Wochen später das gleiche Spiel. Mahnung 2 wäre nun eigentlich überflüssig, da mit Zustellung der Mahnung die zehn Tage voll sind und in der Woche danach der Ausschluss erfolgen kann (der evtl. auch noch weitere Folgen für das Ausbildungsverhältnis hat?).
Das ist wohl nicht im Sinne des Gesetzes und auch nicht verhältnismäßig.
Das ist wohl nicht im Sinne des Gesetzes und auch nicht verhältnismäßig.
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Dem würde ich nicht zustimmen. Da sich nur diese Angabe findet, würde ich davon ausgehen, dass insgesamt zehn Fehltage ausreichend sind. Das ist auch nicht überzogen. Zehn unentschuldigte Fehltage sind - zumal im Kombination mit zweifacher schriftlicher Mahnung und Androhung der Beendigung des Schuldverhältnisses - viel.Sebast1an hat geschrieben:Angesichts der gravierenden Folgen verstehe ich die Vorschrift so, dass nach der zweiten Mahnung (inkl. Androhung) weitere zehn Fehltage hinzukommen müssen. Rein praktisch gedacht könnten die Mahnungen bei einer Gesamtfehlzeit von lediglich zehn Tagen auch gar nicht ihren Zweck erfüllen: den Schüler zu einem pflichtgemäßen Verhalten zu bewegen.
Würde man eine andere Deutung zugrunde legen, würde man schnell bei deutlich mehr Fehltagen landen. Es dauert ja auch eine gewisse Zeit, bis überhaupt Maßnahmen ergriffen werden.
Aus diesem Grund wird gewöhnlich verlangt, dass die Eltern schriftlich bestätigen, entsprechende Schreiben zur Kenntnis genommen zu haben.Tibor hat geschrieben:Ich würde 2. auch nachvollziehbar halten, also 5 Fehltage, dann erste Mahnung, dann 2 weitere Fehltage, dann zweite Mahnung mit Beendigungsandrohung und wenn dann nochmals mindestens 3 Fehltage kommen, kann der Bescheid raus. Man muss hier nur prüfen, ob die Schulleitung tatsächlich den Zugang beider Mahnungen nachweisen kann; bei Versand per Post wird der Schüler einfach den Zugang bestreiten können.
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Liegen keine zwei Mahnungen und eine Androhung vor, kann das Schulverhältnis aber eben nicht beendet werden. Darüber hinaus sieht die Norm ausdrücklich Ermessen vor, das es gestattet, ungewöhnlichen Fallgestaltungen Rechnung zu tragen. Deshalb ist die Verhältnismäßigkeit kein Problem.Sebast1an hat geschrieben:Schüler A fehlt die erste Woche komplett unentschuldigt. Dies wird erst Mittwoch endgültigt festgestellt, da Dienstag noch rückwirkend eine Krankmeldung eintreffen könnte. Donnerstag geht Mahnung 1 des eiligen Schulleiters zur Post. Bis Schüler A Mahnung 1 zur Kenntnis nehmen kann, sind also schon fünf Tage voll. Drei Wochen später das gleiche Spiel. Mahnung 2 wäre nun eigentlich überflüssig, da mit Zustellung der Mahnung die zehn Tage voll sind und in der Woche danach der Ausschluss erfolgen kann (der evtl. auch noch weitere Folgen für das Ausbildungsverhältnis hat?).
Das ist wohl nicht im Sinne des Gesetzes und auch nicht verhältnismäßig.
Mir erscheint es im Gegenteil wenig plausibel, ohne dass sich dazu im Gesetz irgendwelche Maßstäbe finden lassen, weitere Fehltage zu verlangen.
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Hallo,
DerLappes
ich bin kein Jurist, stelle mir aber die Frage, ob der Verordnungsgeber sich etwas dabei gedacht hat, als er das Wort "trotz" verwendet hat und nicht etwa "nach". Oder ist es nicht sinnvoll zu fragen, ob er sich etwas gedacht hat?DerLappes hat geschrieben:Das Schulverhältnis eines nicht schulbesuchspflichtigen Schülers kann auch beendet werden (...) durch schriftlichen Bescheid des Schulleiters, wenn der Schüler trotz zweifacher schriftlicher Mahnung (.....)
DerLappes
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
In der Formulierung kommt die Dummheit und Unfähigkeit des Verordnungsgebers zum Ausdruck. Mehr lässt sich da leider nicht reininterpretieren.
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Rheinland-Pfalz, oder?
http://landesrecht.rlp.de/jportal/porta ... hulORPpP18
http://landesrecht.rlp.de/jportal/porta ... hulORPpP18
Beendigung des Schulverhältnisses
§ 18
(1) Das Schulverhältnis endet mit dem Abschluss der Schullaufbahn, dem Abgang oder Ausschluss von der Schule.
(2) Das Schulverhältnis eines nicht schulbesuchspflichtigen Schülers kann auch beendet werden
1.
durch schriftliche Abmeldung,
2.
durch schriftlichen Bescheid des Schulleiters, wenn der Schüler trotz zweifacher schriftlicher Mahnung und Androhung der Beendigung des Schulverhältnisses in Vollzeitbildungsgängen an mindestens zehn, in Teilzeitbildungsgängen an mindestens fünf Unterrichtstagen im Schuljahr den gesamten Unterricht oder einzelne Unterrichtsstunden, jedoch bei Vollzeitbildungsgängen mindestens 20 Unterrichtsstunden und bei Teilzeitbildungsgängen mindestens zehn Unterrichtsstunden, ohne ausreichende Entschuldigung versäumt hat.
(3) Über die Beendigung des Schulverhältnisses eines nicht schulbesuchspflichtigen Schülers ist der Ausbildende zu benachrichtigen.
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Re: Interpretation des Wortes
ja, genau so steht es in meinem Anfangsbeitrag (RLP).Tibor hat geschrieben:Rheinland-Pfalz, oder?
Der Lappes
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Interpretation des Wortes "trotz"
Ich bleib dabei, die 10 Tage müssen insgesamt und nicht nach der 2. Mahnung voll sein. Das ergibt sich mE aus dem Sinn und Zweck der Regelung: Ein nicht schulpflichtiger Berufsschüler wird erfasst, wenn er insgesamt 10 Tage unentschuldigt fehlt. Das Verständnis passt auch zum Wortlaut "trotz Mahnung", wenn natürlich die erste Mahnung zugeht, bevor der 10. Tag voll ist. Geht die Mahnung aber bspw am 9. (unentschuldigter!) Fehltag zu, dann passt auch "trotz", weil es auf vorsätzliches Fehlen hinweist, eben nochmals fernzubleiben, obwohl 2x gemahnt wurde und auf die Folgen hingewiesen wurde.
Folge dieses "vorsätzlichen" Verhaltens ist dann, dass der Direktor das Schulverhältnis beenden kann, er muss es ja nicht.
Er kann ja mehrfach Ermessen ausüben, bspw muss er ja nicht nach 9 Fehltagen schon die 2. Mahnung ausgeben. Möglich ist ja auch, hier nach anderen Kriterien vorzugehen. Er könnte bspw schlechte schulische Leistungen als Anlass für eine schnellere und gute Leistungen für "Auge zudrücken" spätere Mahnungen nehmen. Auch die Beendigung erfordert dann noch eine Ermessensausübung. Das alles spricht dagegen, dass nach der 1./2. Mahnung noch 10 Fehltage gesammelt werden müssen.
Folge dieses "vorsätzlichen" Verhaltens ist dann, dass der Direktor das Schulverhältnis beenden kann, er muss es ja nicht.
Er kann ja mehrfach Ermessen ausüben, bspw muss er ja nicht nach 9 Fehltagen schon die 2. Mahnung ausgeben. Möglich ist ja auch, hier nach anderen Kriterien vorzugehen. Er könnte bspw schlechte schulische Leistungen als Anlass für eine schnellere und gute Leistungen für "Auge zudrücken" spätere Mahnungen nehmen. Auch die Beendigung erfordert dann noch eine Ermessensausübung. Das alles spricht dagegen, dass nach der 1./2. Mahnung noch 10 Fehltage gesammelt werden müssen.
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Re: Interpretation des Wortes
So würde ich den Wortlaut der Norm verstehen - und auch vom Regelungsgehalt her erscheint das sinnvoll: 10 unentschuldigte Fehltage und zwei Mahnungen, verbunden mit der Androhung.Tibor hat geschrieben:Ich bleib dabei, die 10 Tage müssen insgesamt und nicht nach der 2. Mahnung voll sein.
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
+ 1thh hat geschrieben:So würde ich den Wortlaut der Norm verstehen - und auch vom Regelungsgehalt her erscheint das sinnvoll: 10 unentschuldigte Fehltage und zwei Mahnungen, verbunden mit der Androhung.Tibor hat geschrieben:Ich bleib dabei, die 10 Tage müssen insgesamt und nicht nach der 2. Mahnung voll sein.
Zumal es ja nicht der Regelfall sein dürfte, dass ein Schüler einfach mal so gleich eine ganze Woche blau macht und dass dann gleich nochmal macht, obwohl ihm nach der ersten Woche bedeutet worden ist, dass er dafür ggf. fliegt. Der klassische Kandidat dürfte ja auch sonst eher durch eine erstaunlich instabile Gesundheit auffallen.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Re: Interpretation des Wortes
Ich verstehe sie auch so.thh hat geschrieben:So würde ich den Wortlaut der Norm verstehen - und auch vom Regelungsgehalt her erscheint das sinnvoll: 10 unentschuldigte Fehltage und zwei Mahnungen, verbunden mit der Androhung.Tibor hat geschrieben:Ich bleib dabei, die 10 Tage müssen insgesamt und nicht nach der 2. Mahnung voll sein.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Interpretation des Wortes "trotz"
Euer Verständnis in allen Ehren; aber wir reden hier von einer Ermächtigungsgrundlage für hoheitliches Handeln und nicht von einer Norm aus dem Reisevertragsrecht. Da sollten wir uns vielleicht auf einen etwas anderen Prüfungsmaßstab verständigen.