Schmähkritik und Kunstfreiheit

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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chaosm21
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Schmähkritik und Kunstfreiheit

Beitrag von chaosm21 »

Ich überlege , ob sich die Auswirkungen, die Schmähkritik bei der Meinungsfreiheit hat (Schutzbereich (-) oder es tritt zurück), auch auf die Kunstfreiheit übertragen lassen. Ich würde davon ausgehen, dass die Schutzbereichsbeschränkung des allgemeineren Grundrechts auch für das speziellere gelten muss. Andererseits zeigt die Schrankenlosigkeit der Kunstfreiheit, dass diese zunächst einmal mehr "darf", was dagegen sprechen würde, unter Umständen gar nicht erst den Schutzbereich zu eröffnen.
Juratutorium
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Re: Schmähkritik und Kunstfreiheit

Beitrag von Juratutorium »

Die Kunstfreiheit...

Das ist auch so ein Grundrecht, bei dem man sich 1949 nicht vorstellen konnte, wie sehr es missbraucht werden wird.

Vorsicht Mindermeinung: https://www.youtube.com/watch?v=lNI07egoefc
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JulezLaw
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Re: Schmähkritik und Kunstfreiheit

Beitrag von JulezLaw »

Hier greifen tatsächlich mehr oder weniger die gleichen Erwägungen wie bei der Schmähkritik, nur stellt man eben nicht nur auf die Aussage, sondern auch die "künstlerische Einkleidung ab". Schönes Beispiel ist da immer die Karikatur von Franz-Josef Strauß als "kopulierendes Schwein", BVerfG v. 03. 06. 1987 - 1 BvR 313/85.
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chaosm21
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Re: Schmähkritik und Kunstfreiheit

Beitrag von chaosm21 »

Die weiteren Entscheidungsgründe zeigen indessen, daß die Karikaturen durchaus werkgerecht interpretiert wurden. So stellt das Gericht im folgenden zutreffend fest (....)
Eine gewagte Behauptung, dass es eine "richtige" Interpretation von Kunst gibt. :lmao:
Ungeachtet der Unmöglichkeit, Kunst generell zu definieren, gebietet die verfassungsrechtliche Verbürgung dieser Freiheit, ihren Schutzbereich bei der konkreten Rechtsanwendung zu bestimmen (BVerfGE 67, 213 [225]). Die Grundanforderungen künstlerischer Tätigkeit festzulegen, ist daher durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht verboten, sondern verfassungsrechtlich gefordert. Erlaubt und notwendig ist allerdings nur die Unterscheidung zwischen Kunst und Nichtkunst;eine Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen "höherer" und "niederer", "guter" und "schlechter" (und deshalb nicht oder weniger schutzwürdiger) Kunst, liefe demgegenüber auf eine verfassungsrechtlich unstatthafte Inhaltskontrolle hinaus (Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 39).
Beim Schutzbereich zu bestimmen, dass eine Äußerung Schmähkritik ist, wäre eine Niveaukontrolle -> Kein Teil des Schutzbereichs?
Juratutorium
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Re: Schmähkritik und Kunstfreiheit

Beitrag von Juratutorium »

chaosm21 hat geschrieben:Eine gewagte Behauptung, dass es eine "richtige" Interpretation von Kunst gibt. :lmao:
Wir lachen heutzutage darüber, dass es angeblich keine "richtige" Interpretation von Kunst gibt, und zahlen 800.000 EUR für eine Gummiwanne voll Dreck. http://www.sueddeutsche.de/kultur/wie-e ... -1.1180540

Letztlich, um das Ausgangsthema zurückzukommen, konkurriert die Kunstfreiheit mit Art. 1 GG, bzw. Art. 1 i.V.m. 2 Abs. 1 GG. Insoweit kann man die üblichen Kollisionsmodelle anwenden. Es liefe demnach auf eine praktische Konkordanz hinaus, bei der die Kunstfreiheit in krassen Fällen - ähnlich dem Fall Böhmermann - den Kürzeren zieht.
paul321
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Re: Schmähkritik und Kunstfreiheit

Beitrag von paul321 »

Juratutorium hat geschrieben:
chaosm21 hat geschrieben:Eine gewagte Behauptung, dass es eine "richtige" Interpretation von Kunst gibt. :lmao:
Wir lachen heutzutage darüber, dass es angeblich keine "richtige" Interpretation von Kunst gibt, und zahlen 800.000 EUR für eine Gummiwanne voll Dreck. http://www.sueddeutsche.de/kultur/wie-e ... -1.1180540

Letztlich, um das Ausgangsthema zurückzukommen, konkurriert die Kunstfreiheit mit Art. 1 GG, bzw. Art. 1 i.V.m. 2 Abs. 1 GG. Insoweit kann man die üblichen Kollisionsmodelle anwenden. Es liefe demnach auf eine praktische Konkordanz hinaus, bei der die Kunstfreiheit in krassen Fällen - ähnlich dem Fall Böhmermann - den Kürzeren zieht.
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