Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Pippen
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Pippen »

Swann hat geschrieben: 1. Woran genau machst du fest, dass der Verein den Eindruck erwecke, er sammele Spenden für eine eigene Verfassungsbeschwerde?
Aus dem Gesamteindruck der Webseite, hab da jetzt nicht sooo genau nachgeschaut. Lass uns mal annehmen, das wäre so.
2. Wieso schließt du von vorneherein die Möglichkeit aus, dass der Verein selbst einen Vetrag zugunsten Dritter mit dem Anwalt schließt und die Prostituierte zwar Beschwerdeführerin aber nicht Schuldnerin des Anwaltsvertrages ist?
Ändert nichts daran, dass der Verein die Spende nicht für eine eigene VB verwendet.
3. Ungeachtet der offenen Fragen zum Spendenbetrug seit der Entscheidung des BVerfG zum Vermögensschaden: Worin soll die Zweckverfehlung liegen, wenn die Spender eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform des ProstG fördern wollen und eine solche Verfassungsbeschwerde auch erhoben wird? Jeder Spender wird wollen, dass der Verein mit seinen Geldern eine möglichst aussichtsreiche Verfassungsbeschwerde auf den Weg bringt. Ob da eine Prostituierte als Beschwerdeführerin vorgeschickt wird, wird hingegen dem Spender typischerweise völlig gleichgültig sein.
Dem typischen Spender kommt es wohl darauf an, dass das Geld dort landet und dazu verwendet wird, wo gesagt wird, dass es landet und wozu es verwendet wird. Wir gehen davon aus, es wird der Eindruck erweckt, dass Geld lande beim Verein und dient der Bezahlung des Anwalts zur Erhebung einer VB des Vereins. Das wäre nicht der Fall, denn weder würde der Verein eine eigene VB erheben noch würde er deshalb Schuldner beim Anwalt werden. Wenn wir annähmen, dass der Verein das wüßte, wie sieht es da aus? Wenn wir annähmen, P kommt es speziell darauf an und er teilt dem Verein das auch mit, wie siehts dann aus? ME wären das zwei Fälle von Spendenbetrug wg. Zweckverfehlung, der letzte sogar ziemlich sicher.

Noch wichtiger ist mir aber: Könnte der Verein eigentlich tatsächlich die VB erheben? Wird evtl. die Selbst-Betroffenheit vom BVerfG bei "Sammelklagen durch Interessengruppen" aufgeweicht?
Swann
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben: Dem typischen Spender kommt es wohl darauf an, dass das Geld dort landet und dazu verwendet wird, wo gesagt wird, dass es landet und wozu es verwendet wird.
Genau. Der Spender will eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform des ProstG und er kriegt eine.
Wir gehen davon aus, es wird der Eindruck erweckt, dass Geld lande beim Verein und dient der Bezahlung des Anwalts zur Erhebung einer VB des Vereins. Das wäre nicht der Fall, denn weder würde der Verein eine eigene VB erheben noch würde er deshalb Schuldner beim Anwalt werden. Wenn wir annähmen, dass der Verein das wüßte, wie sieht es da aus? Wenn wir annähmen, P kommt es speziell darauf an und er teilt dem Verein das auch mit, wie siehts dann aus? ME wären das zwei Fälle von Spendenbetrug wg. Zweckverfehlung, der letzte sogar ziemlich sicher.

Es gibt eine Grenze, wieviele Hilfsannahmen man sinnvollerweise in einen solchen Fall packen kann. Dennoch wäre selbst bei Unterstellung, dass es dem Spender genau darauf ankäme, noch kein Betrug, denn die Zweckverfehlung ist objektiv zu bestimmen und es wird nunmal kein Zweck verfehlt.
Pippen
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Pippen »

Swann hat geschrieben: Genau. Der Spender will eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform des ProstG und er kriegt eine.
Warum nicht: Der Spender will eine VB des Vereins und kriegt keine. Bietet sich das nicht an, wenn jmd. auf die Bitte einer Person, sie wolle Klage erheben und brauche dazu Geld, spendet? Aber ok, man kann wahrscheinlich wirklich sagen, dass es den meisten Spendern piepegal ist, wer was genau erhebt und wenn die Zweckverfehlung nicht subjektiv sein muss, dann wäre es kein Spendenbetrug, egal was ein Einzelner sich so vorstellt.

Gäbe es denn aber die Möglichkeit des Vereins, die VB zu erheben, zB mit dem Argument, er sei mittelbar betroffen, weil dadurch zB mehr Prostituierte bei ihm auflaufen und er dadurch höheren Aufwand hätte? Das wäre mE die noch interessantere Frage.
Herr Schraeg
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Herr Schraeg »

Pippen hat geschrieben:Gäbe es denn aber die Möglichkeit des Vereins, die VB zu erheben, zB mit dem Argument, er sei mittelbar betroffen, weil dadurch zB mehr Prostituierte bei ihm auflaufen und er dadurch höheren Aufwand hätte? Das wäre mE die noch interessantere Frage.
Nein, sowohl hinsichtlich der Möglichkeit des Vereins zur Verfassungsbeschwerde als auch hinsichtlich der Interessantheit der Frage.
Swann
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben:
Swann hat geschrieben: Genau. Der Spender will eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform des ProstG und er kriegt eine.
Warum nicht: Der Spender will eine VB des Vereins und kriegt keine. Bietet sich das nicht an, wenn jmd. auf die Bitte einer Person, sie wolle Klage erheben und brauche dazu Geld, spendet?

Das wäre dann der Fall, wenn es dem Spender gerade um ein Einzelschicksal geht. Bei diesem Spendenaufruf steht aber im Vordergrund, die Reform des ProstG zu Fall zu bringen. Da wird sich kein Spender Gedanken darum machen, wer jetzt Beschwerdeführer ist.
Pippen
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Pippen »

Herr Schraeg hat geschrieben:Nein, sowohl hinsichtlich der Möglichkeit des Vereins zur Verfassungsbeschwerde als auch hinsichtlich der Interessantheit der Frage.
Die Frage war sehr wohl interessant, denn:
Deswegen werden wir eine Verfassungsklage dagegen auf den Weg bringen.
Ein erster Entwurf soll bis zum Jahresende vorliegen. Damit beauftragt ist Rechtsanwalt Meinhard Starostik, Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin.
Das klingt nunmal verdammt danach, dass der Onkel Anwalt für den Verein eine VB formuliert und da fragt sich der Normaljurist, ob das einfach nur flapsig-halbwahr formuliert ist oder ob Herr Starostik Insiderwissen aus Kommentaren und neuester Rsp. hat. :-k
Swann
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:Nein, sowohl hinsichtlich der Möglichkeit des Vereins zur Verfassungsbeschwerde als auch hinsichtlich der Interessantheit der Frage.
Die Frage war sehr wohl interessant, denn:
Deswegen werden wir eine Verfassungsklage dagegen auf den Weg bringen.
Ein erster Entwurf soll bis zum Jahresende vorliegen. Damit beauftragt ist Rechtsanwalt Meinhard Starostik, Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin.
Das klingt nunmal verdammt danach, dass der Onkel Anwalt für den Verein eine VB formuliert und da fragt sich der Normaljurist, ob das einfach nur flapsig-halbwahr formuliert ist oder ob Herr Starostik Insiderwissen aus Kommentaren und neuester Rsp. hat. :-k
Nein, das klingt nur danach, dass der Verein organisatorisch und finanziell dafür sorgt, dass eine Verfassungsbeschwerde erhoben wird. Wer formell Beschwerdeführer ist, darüber wird keinerlei Aussage getroffen. Wenn überhaupt, dann deutet die Formulierung "auf den Weg bringen" eher darauf hin, dass die naheliegendere Bezeichnung "erheben" vermieden wurde, um Missverständnisse wie du sie hier so beharrlich heraufbeschwören möchtest, zu vermeiden.
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Pippen »

Swann hat geschrieben:Nein, das klingt nur danach, dass der Verein organisatorisch und finanziell dafür sorgt, dass eine Verfassungsbeschwerde erhoben wird. Wer formell Beschwerdeführer ist, darüber wird keinerlei Aussage getroffen.
Oh doch, und das kann man beweisen - und zwar richtig beweisen: via randomisierter Meinungsumfrage und da würdest du sehen, dass über 90% diese Aussagen so verstehen, dass der Verein klagen wird und dass davon nahezu 100% davon ausgehen, dass der Verein damit der formelle Beschwerdeführer wäre. Dann käme da kein Richter dran vorbei, das auch so auszulegen (weshalb die Auslegung empfangsbedürftiger WE oder Rechtsnormen auch vorsorglich aus dem - dem Beweise zugänglichen - Tatsachenkanon herausgestrichen sind, so dass der Staat (Richter) theoretisch gegen massive Evidenz auslegen könnte - so wie du es ja bereits tust).
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Tibor »

Nur weil 90% der Bundesbürger glauben (sic!), dass man mit einem Kaufvertrag Eigentümer wird, ist es nicht richtig.
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Pippen »

Tibor hat geschrieben:Nur weil 90% der Bundesbürger glauben (sic!), dass man mit einem Kaufvertrag Eigentümer wird, ist es nicht richtig.
Das ist was anderes, weil man das beweisen kann - und diesem Beweis würden dann alle zustimmen. Ich meine Fälle, wo es darum geht, WE oder TBM auszulegen, die nicht eindeutig sind und die einen vernünftigen durchschnittlichen Empfänger als Referenzpunkt haben (und eben nicht nur einen Juristengott). Letztlich ist es natürlich Staatsräson iVm Ökonomie: Recht soll beherrschen und das setzt notwendig irgendwo ein paar Taschenspielertricks voraus und die müssen vor dem Zugriff durch die andere Seite (die Beherrschten) geschützt werden, während es auf der anderen Seite auch ziemlich aufwändig wäre, wenn man alles und jedes unter Beweis stellen könnte. Trotzdem hoffe ich, dass in 100 Jahren ein Richter nur noch ein Computer ist, der alles - Beweise und Rechtsansichten - nach deduktiven Prinzipien oder - soweit diese nicht zur Verfügung stünden - nach statistischen Urteilen entscheidet. Ok, das wird offtopic, so I'm done^^.
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Tibor
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Tibor »

Pippen hat geschrieben: so I'm done^^.
Gott sei Dank!!!
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Re: Zulässigkeit der VB - Selbstbetroffenheit

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben:
Swann hat geschrieben:Nein, das klingt nur danach, dass der Verein organisatorisch und finanziell dafür sorgt, dass eine Verfassungsbeschwerde erhoben wird. Wer formell Beschwerdeführer ist, darüber wird keinerlei Aussage getroffen.
Oh doch, und das kann man beweisen - und zwar richtig beweisen: via randomisierter Meinungsumfrage und da würdest du sehen, dass über 90% diese Aussagen so verstehen, dass der Verein klagen wird und dass davon nahezu 100% davon ausgehen, dass der Verein damit der formelle Beschwerdeführer wäre. Dann käme da kein Richter dran vorbei, das auch so auszulegen (weshalb die Auslegung empfangsbedürftiger WE oder Rechtsnormen auch vorsorglich aus dem - dem Beweise zugänglichen - Tatsachenkanon herausgestrichen sind, so dass der Staat (Richter) theoretisch gegen massive Evidenz auslegen könnte - so wie du es ja bereits tust).
Das ist nicht mehr als eine unbelegte Behauptung deinerseits. Ich stelle eine eigene Behauptung dieser Art auf: Selbst wenn das so wäre, würden die Teilnehmer bei dieser Umfrage zu mindestens 90 % auf die Frage, ob es ihnen wichtig ist, ob der Verein oder eine Prostituierte für den Verein VB erhebt, antworten: "Nein".
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