Einen Grund vorwiegend junge Männer zu kontrollieren, die sich in Gruppen bewegen, und nicht Frauen, Rentner, Familien oder Pärchen - ja. Aber ist die Gruppe Nordafrikaner wirklich "verdächtiger" als die Gruppe strohblonder Dänen? Wenn man nur der ersten Gruppe den Plan "diesmal mischen wir (wieder) mit" zutraut, dann ist man nicht mehr weit weg von "Naja, DIE machen sowas halt".OJ1988 hat geschrieben:Wo ist eigentlich das Problem? Natürlich liegen die Vss. polizeirechtlichen Eingreifens (Gefahrenbegriff) nicht vor, wenn am 31.12.2016 in Buxtehude ein nordafrikanisch aussehender Mann den Bürgersteig entlangschlendert. Wenn aber am 31.12.2016 sich abends hunderte nordafrikanisch aussehende Männer aus umliegenden Gegenden gemeinsam Richtung Kölner Hbf aufmachen, sieht das aufgrund der Erfahrung des Vorjahres mE anders aus. Aufgrund des konkreten Ortes, der Zeit und der Gruppenbewegung ist da ex ante eine Nähe zum Eintritt eines Schadens eines polizeirechtlich geschützten Gutes vorhanden, die sich qualitativ von einem "Naja, DIE machen sowas halt" unterscheidet.
Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrsam?
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Aber das ist doch für den konkreten Fall gerade anders: Ein Jahr vorher sind eben Nordafrikaner und nicht Dänen, Deutsche oder Engländer entsprechend aufgefallen. Hätte die Polizei deshalb nach 20% der Personen abbrechen sollen, weil sie jetzt erstmal noch "300 Weiße" prüfen muss, um die Quote zu halten? Auch in Neukölln wird man wohl eher die relevante Zielgruppe geprüft haben und nicht gesagt haben, wir müssen jetzt noch 20 Rentner und 30 sonstige Personen nach unerlaubtem Knallzeug überprüfen, ggf zünden die gleich ein Auto an.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Ich frage mich ernsthaft, wie man zu solchen Aussagen kommen kann, wenn man die Fakten auch nur halbwegs berücksichtigt (zumal wir uns jetzt wieder dem Generalverdacht gegenüber "Männern" annähern, der für noch viel mehr Personen diskrimierend ist). Es ist nun einmal so, dass gerade junge Männer, die aus nordafrikanischen Ländern unter Berufung auf ein Asylbegehren einreisen, zu ganz erheblichen Teilen straffällig werden. Nicht selten handelt es sich sogar um Berufskriminelle, die eine Vielzahl von Straftaten begehen, gerade in der Nähe von Bahnhöfen.julée hat geschrieben:Einen Grund vorwiegend junge Männer zu kontrollieren, die sich in Gruppen bewegen, und nicht Frauen, Rentner, Familien oder Pärchen - ja. Aber ist die Gruppe Nordafrikaner wirklich "verdächtiger" als die Gruppe strohblonder Dänen? Wenn man nur der ersten Gruppe den Plan "diesmal mischen wir (wieder) mit" zutraut, dann ist man nicht mehr weit weg von "Naja, DIE machen sowas halt".OJ1988 hat geschrieben:Wo ist eigentlich das Problem? Natürlich liegen die Vss. polizeirechtlichen Eingreifens (Gefahrenbegriff) nicht vor, wenn am 31.12.2016 in Buxtehude ein nordafrikanisch aussehender Mann den Bürgersteig entlangschlendert. Wenn aber am 31.12.2016 sich abends hunderte nordafrikanisch aussehende Männer aus umliegenden Gegenden gemeinsam Richtung Kölner Hbf aufmachen, sieht das aufgrund der Erfahrung des Vorjahres mE anders aus. Aufgrund des konkreten Ortes, der Zeit und der Gruppenbewegung ist da ex ante eine Nähe zum Eintritt eines Schadens eines polizeirechtlich geschützten Gutes vorhanden, die sich qualitativ von einem "Naja, DIE machen sowas halt" unterscheidet.
Es ist deshalb selbstverständlich, dass von jungen Männern, die optisch dieser Gruppe zuzuordnen sind, statistisch betrachtet ein weit größeres Risiko ausgeht als von anderen Gruppen, auch von Gruppen junger Männer mit "strohblondem Haar". Im konkreten Fall treten zahlreiche Umstände hinzu, die die Frage geradezu grotesk erscheinen lassen (Waren es Silvester 2015 "strohblonde Dänen", die Jagd auf Frauen machen und Raketen in die Menge schossen?).
Entsprechend dürften auch Frauen mit nordafrikanischem Erscheinungsbild sowie Männer jenseits der 60 keine über das Normalmaß hinausgehenden polizeiliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Der Rassismus-Vorwurf fällt eher auf die zurück, die ihn hier (offen oder verklausuliert) erheben: Die Realität schert sich nicht um ideologische Wunschbilder. Die Polizei hat nichts anderes getan, als dieser Realität Rechnung zu tragen.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Kleiner Tipp für die gesamte Diskussion: ersteinmal die einschlägige Ermächtigungsgrundlage anschauen. Dann den Tatbestand subsumieren und sich über die Rechtsfolge nebst verfassungsrechtlichen Vorgaben Gedanken machen. Notfalls noch einen Thread aus der Vergangenheit heranziehen: http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... lit=racial (insb. die Beiträge von Flanke). So klappt es auch mit der richtigen Rechtsfindung.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Immer eine gute Idee. Und deine Subsumtion unter den polizeirechtlichen (konkreten) Gefahrenbegriff (meines Wissens in allen/den allermeisten BLern ausreichen für zumindest eine Identitätskontrolle) fällt hier wie aus?
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Genau diese unreflektierte Antwort hatte ich befürchtet. Lesen wir einmal § 12 PolG NRW.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
§ 12 I Nr. 1 PolG NRW setzt nur eine Gefahr voraus. Ich sehe nicht, inwiefern die Antwort von OJ1988 insofern unreflektiert sein soll.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Ich verstehe es auch nicht.Mimis hat geschrieben:§ 12 I Nr. 1 PolG NRW setzt nur eine Gefahr voraus. Ich sehe nicht, inwiefern die Antwort von OJ1988 insofern unreflektiert sein soll.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Die Frage ist, ob die EGL insoweit verfassungswidrig ist bzw. ob bspw entsprechenden Bedenken auf der Rechtsfolgenseite (Ermessen) zu berücksichtigen sind.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Wenn man die relativ geringe Eingriffsintensivität in Rechnung stellt, sehe ich wenig Spielraum für eine Argumentation, die für die Verfassungswidrigkeit (=Unverhältnismäßigkeit) der EGL an sich streitet. Dass daneben auch die konkrete Verwaltungspraxis den Anforderungen des GG genügen muss, ist unbenommen. Auch hier sehe ich aber kein Problem, insb. nicht im Hinblick auf Art. 3 III GG.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Das Vorliegen einer "Gefahr" (abstrakt? konkret? unmittelbar?) ist im Polizeirecht immer nur eine von mehreren Voraussetzungen. Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist etwa, dass der Adressat einer Maßnahme auch in irgendeiner Form "Störer" ist. D. h. auch nach § 12 I Nr. 1 PolG NRW kann die Polizei nicht einfach nach Lust und Laune die Leute kontrollieren. Das ergibt sich auch im Vergleich mit den weiteren Alternativen des § 12 I PolG NRW, die - im Gegenzug für die Ausweitung des Adressatenkreises - eine qualifizierte Gefahrenlage voraussetzen.Mimis hat geschrieben:§ 12 I Nr. 1 PolG NRW setzt nur eine Gefahr voraus. Ich sehe nicht, inwiefern die Antwort von OJ1988 insofern unreflektiert sein soll.
Das mit der geringen Eingriffsintensität sieht man vermutlich anders, wenn man beständig seine Identität feststellen lassen muss, weil "man halt so verdächtig aussieht".OJ1988 hat geschrieben:Wenn man die relativ geringe Eingriffsintensivität in Rechnung stellt, sehe ich wenig Spielraum für eine Argumentation, die für die Verfassungswidrigkeit (=Unverhältnismäßigkeit) der EGL an sich streitet. Dass daneben auch die konkrete Verwaltungspraxis den Anforderungen des GG genügen muss, ist unbenommen. Auch hier sehe ich aber kein Problem, insb. nicht im Hinblick auf Art. 3 III GG.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Thanks Cpt. Obvious, aber die Störer-Eigenschaft ist hier nicht das Problem. Wenn das Auftreten hunderter Männer in Zügen n.afr. Herkunft gen Kölner Hbf an Silvester die Anforderungen des Gefahrenbegriffs (hier selbstredend: konkrete Gefahr) erfüllt, sind diese Männer natürlich Verhaltensstörer. Im Übrigen geht es auch nicht darum, dass jemand ständig "wegen seiner Hautfarbe" kontrolliert wird, sondern um einen speziellen Sachverhalt (Ort, Datum, Zeitpunkt, Bewegungsrichtung, Gruppenzusammenhang), bei dem sich aufgrund der Erfahrungen des Vorjahres das Eintreten eines Schadens an einem polizeilichen Schutzgutes prognostizieren ließ.julée hat geschrieben:Das Vorliegen einer "Gefahr" (abstrakt? konkret? unmittelbar?) ist im Polizeirecht immer nur eine von mehreren Voraussetzungen. Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist etwa, dass der Adressat einer Maßnahme auch in irgendeiner Form "Störer" ist. D. h. auch nach § 12 I Nr. 1 PolG NRW kann die Polizei nicht einfach nach Lust und Laune die Leute kontrollieren. Das ergibt sich auch im Vergleich mit den weiteren Alternativen des § 12 I PolG NRW, die - im Gegenzug für die Ausweitung des Adressatenkreises - eine qualifizierte Gefahrenlage voraussetzen.Mimis hat geschrieben:§ 12 I Nr. 1 PolG NRW setzt nur eine Gefahr voraus. Ich sehe nicht, inwiefern die Antwort von OJ1988 insofern unreflektiert sein soll.
Das mit der geringen Eingriffsintensität sieht man vermutlich anders, wenn man beständig seine Identität feststellen lassen muss, weil "man halt so verdächtig aussieht".OJ1988 hat geschrieben:Wenn man die relativ geringe Eingriffsintensivität in Rechnung stellt, sehe ich wenig Spielraum für eine Argumentation, die für die Verfassungswidrigkeit (=Unverhältnismäßigkeit) der EGL an sich streitet. Dass daneben auch die konkrete Verwaltungspraxis den Anforderungen des GG genügen muss, ist unbenommen. Auch hier sehe ich aber kein Problem, insb. nicht im Hinblick auf Art. 3 III GG.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Politisch korrekt wäre es vermutlich, für jede Person, die ins Fahndungsschema passt, zufällig eine völlig unauffällige Person zu kontrollieren. Am besten vielleicht einige junge Frauen, die man mit der Gruppe der zu Kontrollierenden zusammen bis zum Abschluss der Maßnahme verwahrt? Dann hätte jeder etwas davon ...Tobias__21 hat geschrieben:Und? In Freiburg bspw. ist der komplette Drogenhandel in gambischer Hand. Kontrolliert man dann in Zukunft gar nicht mehr?
Der Irrsinn dieser Argumentation wird besonders deutlich, wenn man die präventive Kontrolle mit der repressiven Kontrolle vergleicht: sollte man wirklich nach einem Anschlag auf eine Asylbewerberunterkunft, der Zeugen zufolge von jungen, kaukasischen Männern mit sehr kurzer Haartracht begangen wurde, bei der Fahndung auch weibliche Flüchtlinge überprüfen? Und falls nicht: warum sollte man das dann tun, wenn man aufgrund von Hinweisen einen solchen Anschlag präventiv verhindern will?
Mir leuchtet nicht wirklich ein, was die zusätzliche Kontrolle ersichtlich unverdächtiger Personen aus rechtsstaatlicher Sicht verbessert
Die Diskussion um "racial profiling" macht schon bei anlasslosen Kontrollen oft wenig Sinn. Bei anlassbezogenen Maßnahmen ist sie geradezu skurril.
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
und lenkt vom eigentlichen Problem ab.
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Re: Köln Silvester 2016/17 - rechtswidriger Präventivgewahrs
Da muss ich OJ ausnahmsweise mal zustimmen. Ich glaube, das ist das erste Mal.OJ1988 hat geschrieben:Thanks Cpt. Obvious, aber die Störer-Eigenschaft ist hier nicht das Problem. Wenn das Auftreten hunderter Männer in Zügen n.afr. Herkunft gen Kölner Hbf an Silvester die Anforderungen des Gefahrenbegriffs (hier selbstredend: konkrete Gefahr) erfüllt, sind diese Männer natürlich Verhaltensstörer. Im Übrigen geht es auch nicht darum, dass jemand ständig "wegen seiner Hautfarbe" kontrolliert wird, sondern um einen speziellen Sachverhalt (Ort, Datum, Zeitpunkt, Bewegungsrichtung, Gruppenzusammenhang), bei dem sich aufgrund der Erfahrungen des Vorjahres das Eintreten eines Schadens an einem polizeilichen Schutzgutes prognostizieren ließ.julée hat geschrieben:Das Vorliegen einer "Gefahr" (abstrakt? konkret? unmittelbar?) ist im Polizeirecht immer nur eine von mehreren Voraussetzungen. Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist etwa, dass der Adressat einer Maßnahme auch in irgendeiner Form "Störer" ist. D. h. auch nach § 12 I Nr. 1 PolG NRW kann die Polizei nicht einfach nach Lust und Laune die Leute kontrollieren. Das ergibt sich auch im Vergleich mit den weiteren Alternativen des § 12 I PolG NRW, die - im Gegenzug für die Ausweitung des Adressatenkreises - eine qualifizierte Gefahrenlage voraussetzen.Mimis hat geschrieben:§ 12 I Nr. 1 PolG NRW setzt nur eine Gefahr voraus. Ich sehe nicht, inwiefern die Antwort von OJ1988 insofern unreflektiert sein soll.
Das mit der geringen Eingriffsintensität sieht man vermutlich anders, wenn man beständig seine Identität feststellen lassen muss, weil "man halt so verdächtig aussieht".OJ1988 hat geschrieben:Wenn man die relativ geringe Eingriffsintensivität in Rechnung stellt, sehe ich wenig Spielraum für eine Argumentation, die für die Verfassungswidrigkeit (=Unverhältnismäßigkeit) der EGL an sich streitet. Dass daneben auch die konkrete Verwaltungspraxis den Anforderungen des GG genügen muss, ist unbenommen. Auch hier sehe ich aber kein Problem, insb. nicht im Hinblick auf Art. 3 III GG.
Insbesondere trägt hier die Argumentation mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nicht. Auch Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG findet seine Schranken im kollidierenden Verfassungsrecht.
Beim klassischen Racial Profilen, bei dem man tatsächlich mit gewichtigen Gründen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG annehmen kann, geht es um die Strafverfolgung, das heißt um die Aufklärung bereits begangener (mutmaßlicher) Straftaten (z. B. illegale Einreise). Bei der Gefahrenabwehr im vorliegenden Fall geht es dagegen um die Verhinderung von konkret drohenden Verletzungen der Grundrechtsgüter anderer Personen (Gesundheit, sexuelle Selbstbestimmung, Eigentum etc.), wie sie sich im Jahr zuvor an Silvester ereignet haben.
Ein verhältnismäßiger Ausgleich im Wege der praktischen Konkordanz führt hier ohne Frage zur Zulässigkeit der getroffenen Maßnahmen:
- Die präventive Kontrolle der Personalien bestimmter Personengruppen war - wie sich gezeigt hat - geeignet, Verletzungen von Grundrechtsgütern zu verhindern.
- Ein gleich wirksames (aber milderes Mittel) der Abschreckung vermag ich nicht zu erkennen.
- Die Kontrolle der Personalien steht auch nicht außer Verhältnis zum Grundrechtsschutz der zu schützenden Silvesterfeiernden.
Soweit die einfach-gesetzlichen Voraussetzungen des Polizeirechts gegeben sind, wovon ich hier einmal ausgehe, besteht verfassungsrechtlich kein Problem.