Formelle VM von Landesgesetzen beim BVerGf?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Gelöschter Nutzer

Formelle VM von Landesgesetzen beim BVerGf?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Eine äußerst amateurhafte Frage, da ich aber bisher keine befriedigende Antwort gefunden habe, hoffe ich, dass ihr mir weiter helfen könnt:

Unterstellt, das BVerfG prüft die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes, entweder via ANK oder eine Verfassungsbeschwede -- was ist der Prüfungsmaßstab für die formelle Verfassungsmäßigkeit bzw. wird diese überhaupt geprüft?

Denn das BVerfG prüft ja nur am Maßstab des Grundgesetzes (abgesehen von Art. 93 I Nr. 2 GG), jedenfalls nicht unter Heranziehung der Landesverfassung. Das GG enthält aber keine Vorgaben für das Gesetzgebungsverfahren der Länder.

Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass bei eklatanten formellen Verstößen u.U. Art. 20 I, II GG verletzt wäre oder schon kein "formelles Gesetz" vorläge, aber das erscheint mir eher unbefriedigend.

Beispiel zur Veranschaulichung:

Land L verabschiedet ein Gesetz unter Missachtung aller typischer Verfahrensvorgaben (insb aus der GO des LTags), d.h. es findet nur eine Lesung statt, nur 4 Abgeordnete sind anwesend usw.
Bürger B fühlt sich durch das Gesetz in Art. 12 GG verletzt und erhebt Verfassungsbeschwerde zum BVerfG.

Begründetheit:

Verletzung von Art. 12 GG?
SB
Eingriff
RF
--> P: taugliche Schranke? (-), wenn nicht verfassungsgemäß
--> P: formelle Verfassungsmäßigkeit?! --> Landesverfassung ist nicht Prüfungsmaßstab, GG enthält nichts zu Landesgesetzen... was prüfe ich nun? Nur Verstöße gegen Grundprinzipien wie Art. 20 I, II...? Oder gar nichts?

In allen bisherigen Examensklausuren, die ich gesehen habe, war das schlicht kein Problem, weil entweder die formelle VM zu unterstellen war oder das Gesetzgebungsverfahren unproblematisch ablief bzw. unerwähnt blieb.

Danke!
Honigkuchenpferd
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Re: Formelle VM von Landesgesetzen beim BVerGf?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Deine Überlegungen sind im Wesentlichen zutreffend. Das BVerfG prüft auf jeden Fall, ob die Gesetzgebungskompetenz für den Landesgesetzgeber geben ist, da sich dies nach Art. 70 ff. GG richtet.

Verfahren und Form werden bei Landesgesetzen dagegen im Grundsatz nicht geprüft, weil die maßgeblichen Normen nicht zum Prüfungsmaßstab des BVerfG gehören. Es ist allenfalls vorstellbar, dass bei ganz gravierenden Verfahrensfehlern zugleich ein Verstoß gegen Art. 20 I-III GG vorliegen würde. Insoweit könnte das vor dem BVerfG geltend gemacht werden.

Tatsächlich hat dies zur Konsequenz, dass möglicherweise in ein Grundrecht eingegriffen wird, obwohl die zugrunde liegende Schranke verfassungswidrig ist (nämlich wegen Verstoßes gegen die Landesverfassung), ein Verfahren vor dem BVerfG aber dennoch erfolglos wäre. Allerdings müsste ein solcher Fehler dann eben vor dem jeweiligen LVerfG geltend gemacht werden. Das BVerfG akzeptiert diese Konsequenz ausnahmsweise, weil es sonst zu tief in den Verfassungsraum der Bundesländer vordringen würde.

Abschließend noch ein Hinweis: Der bloße Verstoß gegen die GO (als parlamentarischem Innenrecht) muss keineswegs zur formellen Verfassungswidrigkeit führen. Das ist nur der Fall, wenn darin zugleich ein Verfassungsverstoß liegt.
"Honey, I forgot to duck."
Gelöschter Nutzer

Re: Formelle VM von Landesgesetzen beim BVerGf?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:Deine Überlegungen sind im Wesentlichen zutreffend. Das BVerfG prüft auf jeden Fall, ob die Gesetzgebungskompetenz für den Landesgesetzgeber geben ist, da sich dies nach Art. 70 ff. GG richtet.

Verfahren und Form werden bei Landesgesetzen dagegen im Grundsatz nicht geprüft, weil die maßgeblichen Normen nicht zum Prüfungsmaßstab des BVerfG gehören. Es ist allenfalls vorstellbar, dass bei ganz gravierenden Verfahrensfehlern zugleich ein Verstoß gegen Art. 20 I-III GG vorliegen würde. Insoweit könnte das vor dem BVerfG geltend gemacht werden.

Tatsächlich hat dies zur Konsequenz, dass möglicherweise in ein Grundrecht eingegriffen wird, obwohl die zugrunde liegende Schranke verfassungswidrig ist (nämlich wegen Verstoßes gegen die Landesverfassung), ein Verfahren vor dem BVerfG aber dennoch erfolglos wäre. Allerdings müsste ein solcher Fehler dann eben vor dem jeweiligen LVerfG geltend gemacht werden. Das BVerfG akzeptiert diese Konsequenz ausnahmsweise, weil es sonst zu tief in den Verfassungsraum der Bundesländer vordringen würde.

Abschließend noch ein Hinweis: Der bloße Verstoß gegen die GO (als parlamentarischem Innenrecht) muss keineswegs zur formellen Verfassungswidrigkeit führen. Das ist nur der Fall, wenn darin zugleich ein Verfassungsverstoß liegt.
Danke, das bestätigt meine Vermutungen.

Zu der GO: ja, war mir bewusst, das war nur als Beispiel für typische "formelle VM"-Klausurprobleme bei Bundesgesetzen gedacht ("3 Lesungen nicht eingehalten, aber Maßstab ist nur das GG; nur ausnahmsweise Konkretisierung durch die GO, Auslegung im Einzelfall"...usw.).
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