BPlan: Verjährung/Verfristung?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Tibor
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BPlan: Verjährung/Verfristung?

Beitrag von Tibor »

Ggf. blöde Frage: Gibt es im Bauplanungsrecht so etwas wie Verjährung bzw. Ausschlussfristen, nachdem ein BPlan nicht mehr festgesetzt werden kann? Oder könnten rein theoretisch zwischen Bekanntmachung, frühzeitiger Bürgerbeteiligung (§ 3 BauGB) und Festsetzung jeweils mehrere Jahre liegen? Oder gibt es nur Einschränkungen wegen Verwirkung/Treu u. Glauben?
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Re: BPlan: Verjährung/Verfristung?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir um den Beschluss durch die Gemeinde nach § 10 I BauGB, oder?

Nach meiner Kenntnis gibt es weder im BauGB noch im Landesrecht eine förmliche Frist, bis wann dieser Beschluss fallen muss, nachdem die förmliche Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden abgeschlossen ist. Die Gemeinden sind aber nach § 1 III 1 BauGB generell verpflichtet, die Bauleitpläne aufzustellen, "sobald" es erforderlich ist.

Wird zu lange gewartet, kann der Bebauungsplan m.E. schlicht rechtswidrig sein, wenn und weil die maßgeblichen Belange sich zwischenzeitlich geändert haben und daher nicht korrekt in die Abwägung eingestellt worden sind. Im Übrigen wäre ich - auch im Lichte des § 214 I BauGB - aber sehr zurückhaltend, an das bloße Zeitmoment irgendwelche Rechtsfolgen à la Verwirkung zu knüpfen. Dann müsste das ganze Verfahren ja von vorne beginnen.
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Tibor
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Re: BPlan: Verjährung/Verfristung?

Beitrag von Tibor »

Ah, ein guter Gedanke. Dann müsste man natürlich prüfen, ob sich im genannten Gebiet bzw. Umgebung etwas wesentlich verändert hat.

Förmlich hatte ich überlegt, ob eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit nicht allein deshalb wiederholt werden muss, wenn im relevanten Bereich in der Zwischenzeit bspw. 30% der Einwohner binnen 10 Jahren ausgetauscht wurden (Neubauten, Wegzüge etc). Der Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung liegt ja auch darin, die Anwohner zu informieren und deren Bedenken aufzunehmen.
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Re: BPlan: Verjährung/Verfristung?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Tibor hat geschrieben:Förmlich hatte ich überlegt, ob eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit nicht allein deshalb wiederholt werden muss, wenn im relevanten Bereich in der Zwischenzeit bspw. 30% der Einwohner binnen 10 Jahren ausgetauscht wurden (Neubauten, Wegzüge etc). Der Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung liegt ja auch darin, die Anwohner zu informieren und deren Bedenken aufzunehmen.
Das ist zwar richtig, ich denke allerdings, dass die Wertung des § 214 I BauGB tendenziell gegen diese Lösung spricht (konkret § 214 I 1 Nr. 2 Hs. 2 BauGB). Allerdings dürfte es naheliegend sein, dass bei einer 10-jährigen "Ruhepause" wesentliche Veränderungen eingetreten sind, die die Behörde ohne nochmalige Beteiligung der Öffentlichkeit möglicherweise nicht selbst zu erfassen vermag.

Die Gemeinde dürfte deshalb regelmäßig gut beraten sein, das Verfahren einfach noch einmal neu anzustoßen.
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lucyyy
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Re: BPlan: Verjährung/Verfristung?

Beitrag von lucyyy »

Hallo,

neben der Frage des Fortbestehend der Erforderlichkeit (die allerdings nur geringen Hürden unterliegt), wird man hier bei der vorzunehmenden Abwägung sicherlich einhaken können, da die Öffentlichkeitsbeteiligung letztlich der Ermittlung des Abwägungsmaterials dient.

Wenn das Abwägungsmaterial zeitlich überholt und daher fehlerhaft ist, sehe ich auch wenig Raum für Planerhaltungsvorschriften, da streng genommen ja nichtmal ein Fehler im Abwägungsergebnis, sondern bereits in den Grundlagen vorliegt.

Plastisches Beispiel: Wenn ich vor 10 Jahren naturschutzfachliche Belange auf einer Brache geprüft habe und sich da zwischenzeitlich munter irgendein Getier tummelt, habe ich sicherlich nach heutigem Stand einen Fehler in meiner artenschutzrechtlichen Prüfung, wenn ich bezüglich des neuen Getiers keine Berücksichtigung im Konzept habe.

VG
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Re: BPlan: Verjährung/Verfristung?

Beitrag von Herr Schraeg »

Hmm, seid Ihr sicher? Ich bin es nämlich nicht (ausser, dass es nicht um Verjährung geht).

Wenn ich Tibor nämlich richtig verstanden habe, ist die zeitliche Zäsur durch jahrelangen Stillstand schon nach der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und noch vor der förmlichen Beteiligung nach § 3 II BauGB erfolgt. Bedenkt man, daß
- die frühzeitige Beteiligung entbehrlich ist, wenn schon auf andere Weise in einem anderen Verfahren unterrichtet wurde (§ § I 3 Nr. 2),
-eine Änderung der Planung nach der frühzeitigen Beteiligung keine erneute frühzeitige Beteiligung ezwingt (§ 3 I 4) und
- Fehler bei der frühzeitigen Beteiligung generell unbeachtlich sind (§ 214),
kann man sich gut auf den Standpunkt stellen, daß ein Stillstand der Planung vor der förmlichen Beteiligung unbeachtlich ist, weil es nur auf diese ankommt.
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