Tatbestand der Rechtsgrundlage bei Grundrechtsprüfung

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Tatbestand der Rechtsgrundlage bei Grundrechtsprüfung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo.


Wenn man die Verletzung eines Grundrechts durch einen Einzelakt prüft, wird gemäß Skripte etc. bei der materiellen Rechtmäßigkeit der Anwendung der Rechtsgrundlage lediglich die Verhältnismäßigkeit geprüft.

Aber muss hier nicht auch geprüft werden, ob der Eingriff überhaupt vom Tatbestand der geprüften Rechtsgrundlage erfasst wird?

Ist das so selbstverständlich, dass die Schemata das deshalb weglassen oder wo liegt der Fehler?


Vielen Dank,

euer Juraidiot
Ingerenz
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Re: Tatbestand der Rechtsgrundlage bei Grundrechtsprüfung

Beitrag von Ingerenz »

Der Tatbestand der Rechtsgrundlage wird (in den Grenzen des Willkürverbotes) nicht geprüft. Eine falsche Auslegung eines einfachen Gesetzes führt nicht zu einer Grundrechtsverletzung. Die richtige Anwendung des einfachen Rechts ist die Aufgabe der Fachgerichte, das Bundesverfassungsgericht ist keine "Superrevisionsinstanz".
Gelöschter Nutzer

Re: Tatbestand der Rechtsgrundlage bei Grundrechtsprüfung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Vielen Dank!

Das ist interessant, aber ich verstehe es nicht ganz.

Heißt: "In den Grenzen des Willkürverbots", das dies bei der Verhältnismäßigkeit geprüft wird?

Warum führt eine falsche Auslegung eines einfachen Gesetzes nicht zu einer Grundrechtsverletzung?

Wenn auf Grundlage eines verfassungsmäßigen Gesetzes, dass prinzipiell eine Grundrechtseischränkung ermöglicht, ein Grundrechtseingriff getätigt wird, der Tatbestand der Rechtsgrundlage aber (irrtümlich) nicht gegeben ist, ist der Eingriff doch nicht rechtmäßig und stellt somit eine Grundrechtsverletzung dar?
Crapule
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Re: Tatbestand der Rechtsgrundlage bei Grundrechtsprüfung

Beitrag von Crapule »

juraidiot hat geschrieben: Warum führt eine falsche Auslegung eines einfachen Gesetzes nicht zu einer Grundrechtsverletzung?
Dies führt zu einer Grundrechtsverletzung. Da jeder Eingreif welcher nicht durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist automatisch zumindest die allgemeine Handlungsfreiheit verletzt.

Jedoch überprüft das Bundesverfassungsgericht nicht die Tatsachenfeststellung und Auslegung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte.
Es prüft lediglich die Verletzung von spezifischen Verfassungsrecht. Im Einzelfall ist es jedoch durchaus umstritten wann eine verletzung von spezifischen Verfassungsrecht in Betracht kommt und wann nicht. Da gibt es keine klaren Maßstäbe. Stichwort ist hier die Heck’sche Formel.
Meiner Meinung nach befinden wir uns hier in einer durchaus komplexen Materie des Verfassungsrechts. Schau dir am besten mal einen guten Aufsatz zu diesem Thema an.
Gelöschter Nutzer

Re: Tatbestand der Rechtsgrundlage bei Grundrechtsprüfung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Vielen Dank
Dies führt zu einer Grundrechtsverletzung. Da jeder Eingreif welcher nicht durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist automatisch zumindest die allgemeine Handlungsfreiheit verletzt.
Genau, das war auch mein Problem.
Jedoch überprüft das Bundesverfassungsgericht nicht die Tatsachenfeststellung und Auslegung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte.
Es prüft lediglich die Verletzung von spezifischen Verfassungsrecht. Im Einzelfall ist es jedoch durchaus umstritten wann eine verletzung von spezifischen Verfassungsrecht in Betracht kommt und wann nicht.
Das löst mein Problem von grundlegenden Verständnis her, wie es in der Realität abläuft.


In der Realität der Fallbearbeitung kommen einem allerdings regelmäßig verstümmelte Fragestellungen unter, etwa wie:

Prüfen Sie die Erfolgsaussichten einer Klage vor dem BVerfG, beschränken Sie sich dabei auf materielle Grundrechtsverletzungen!


So, nun stehe ich da und muss eine Rechtsgrundlage finden, bei der ich es oftmals fraglich finde, ob sie einschlägig ist.

Ich kann jetzt hier ja nicht einfach unterstellen, dass die Fachgerichte darüber schon geurteilt haben, und weil man die Zulässigkeit nicht prüft, geht man auch nicht auf die Rechtswegerschöpfung ein.

Das muss doch eigentlich ein bekanntes Problem sein, wie kann es sein dass man dazu kaum etwas findet?
Gelöschter Nutzer

Re: Tatbestand der Rechtsgrundlage bei Grundrechtsprüfung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich versuche noch mal mein Problem zu verdeutlichen:


Folgender Falltypus:


A ist durch Einzelakt einer staatlichen Person B möglicherweise in seinen Grundrechten verletzt.

A möchte die Erfolgsaussichten einer Klage vor dem BVerfG wissen. Erstellen Sie ein Gutachten. Gehen Sie nur auf materielle Grundrechtsverstöße ein.


So. Nun kommt vielleicht Rechtsgrundlage x in Betracht.

Ob diese Rechtsgrundlage x nun einschlägig ist, ist in dem Kontext des SV und Bearbeitervermerks ja eben doch Aufgabe des BVerfG, da die Frage, ob eine Grundrechtsverletzung vorliegt oder nicht, entscheidend davon abhängt und nicht, wie in der Realität, bereits von den Fachgerichten entschieden wurde.
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