Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Veuve C
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Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Veuve C »

Irgendwie finde ich dazu nichts.... Was ist nochmal die Begründung dafür, dass die 3 Gewalten auch an Art. 1 I GG gebunden sind, obwohl in Absatz 3 "die nachfolgenden Grundrechte..." steht?

Danke!
Tobias__21
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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Tobias__21 »

Es ist tatsächlich streitig, ob Art. 1 I GG ein Grundrecht ist (BVerfG: (+) ). Teilweise wird da auch auf den Wortlaut des Art. 1 III GG abgestellt. Art. 1 I S. 2 GG bringt aber schon selbst die Verbindlichkeit für alle staatliche Gewalt zum Ausdruck, so dass selbstverständlich alle drei Gewalten an Art. 1 I GG gebunden sind. Der Art. 1 verknüpft gewissermaßen Menschenrechte und Grundrechte miteinander, die Menschenrechte werden Teil der Verfassung. Art. 1 I GG steht auf Grund seiner herausgehobenen Stellung (nicht der Abwägung zugänglich) an erster Stelle.
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Veuve C
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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Veuve C »

Danke für die schnelle Antwort :)
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Schnitte
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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Schnitte »

Eines der Argumente dafür, dass Artikel 1 Abs. 1 selbst ein Grundrecht ist, ist die simple Tatsache, dass er unter der Überschrift "Die Grundrechte" steht. Sobald man den Grundrechtscharakter der Vorschrift geklärt hat, ist die Bindung der drei Gewalten daran deutlich leichter zu begründen.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Ant-Man »

Schnitte hat geschrieben:Eines der Argumente dafür, dass Artikel 1 Abs. 1 selbst ein Grundrecht ist, ist die simple Tatsache, dass er unter der Überschrift "Die Grundrechte" steht. Sobald man den Grundrechtscharakter der Vorschrift geklärt hat, ist die Bindung der drei Gewalten daran deutlich leichter zu begründen.
Nicht alle Regelungen, die in Art. 1 bis 19 GG stehen, sind auch Grundrechte.
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Schnitte
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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Schnitte »

Ant-Man hat geschrieben:
Schnitte hat geschrieben:Eines der Argumente dafür, dass Artikel 1 Abs. 1 selbst ein Grundrecht ist, ist die simple Tatsache, dass er unter der Überschrift "Die Grundrechte" steht. Sobald man den Grundrechtscharakter der Vorschrift geklärt hat, ist die Bindung der drei Gewalten daran deutlich leichter zu begründen.
Nicht alle Regelungen, die in Art. 1 bis 19 GG stehen, sind auch Grundrechte.
Was freilich die Literatur nicht davon abhält, das Argument zu zitieren (z.B. Herdegen in Maunz/Dürig, Artikel 1 GG Rdnr. 29).
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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Blaumann »

Schnitte hat geschrieben:Sobald man den Grundrechtscharakter der Vorschrift geklärt hat, ist die Bindung der drei Gewalten daran deutlich leichter zu begründen.
Findest Du? Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG spricht die Bindungswirkung in anderer Formulierung doch ebenfalls aus?
Ant-Man hat geschrieben: Nicht alle Regelungen, die in Art. 1 bis 19 GG stehen, sind auch Grundrechte.
Es sind jedoch allesamt Regelungen bezüglich der Grundrechte.
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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Schnitte »

Blaumann hat geschrieben:
Schnitte hat geschrieben:Sobald man den Grundrechtscharakter der Vorschrift geklärt hat, ist die Bindung der drei Gewalten daran deutlich leichter zu begründen.
Findest Du? Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG spricht die Bindungswirkung in anderer Formulierung doch ebenfalls aus?
Kann man so sehen, aber die Formulierung könnte man auch als bloßen Programmsatz oder Verfassungsauftrag ohne rechtliche Bindungswirkung lesen (wie das z.B. bei Artikel 20a der Fall ist, der eine sehr ähnliche Sprache verwendet).
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Re: Art. 1 III GG - "...nachfolgenden Grundrechte binden..."

Beitrag von Schnitte »

Schnitte hat geschrieben:
Blaumann hat geschrieben:
Schnitte hat geschrieben:Sobald man den Grundrechtscharakter der Vorschrift geklärt hat, ist die Bindung der drei Gewalten daran deutlich leichter zu begründen.
Findest Du? Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG spricht die Bindungswirkung in anderer Formulierung doch ebenfalls aus?
Kann man so sehen, aber die Formulierung könnte man auch als bloßen Programmsatz oder Verfassungsauftrag ohne rechtliche Bindungswirkung lesen (wie das z.B. bei Artikel 20a der Fall ist, der eine sehr ähnliche Sprache verwendet).
Hier muss ich mich korrigieren, habe eben bei Beck Online die Kommentierung zu 20a nachgeschlagen, anscheinend wird insoweit tatsächlich von einer (wenn auch nur objektiven) Bindungswirkung ausgegangen, die über einen Programmsatz hinausgeht.
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