BVerfG-Urteil zur BT- Auflösung
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BVerfG-Urteil zur BT- Auflösung
Und? Erste Meinungen zu der Entscheidung (2 BvE 4/05 und 2 BvE 7/05).
In meinen Augen verstieß die Auflösung eindeutig gegen der Geist der Verfassung.
Mal sehen, was die Literatur dazu sagen wird...
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Mal sehen, was die Literatur dazu sagen wird...
- Kritschgau
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Re: BVerfG-Urteil zur BT- Auflösung
Halte die Entsceidung persönlich für falsch, aber vertretbar, da das Kohl-Urteil des BVerfG den weg zu einem Auflösungsrecht des Kanzlers geebnet hat.WederFischnochFleisch hat geschrieben:Und? Erste Meinungen zu der Entscheidung (2 BvE 4/05 und 2 BvE 7/05).
In meinen Augen verstieß die Auflösung eindeutig gegen der Geist der Verfassung.
Mal sehen, was die Literatur dazu sagen wird...
- BuggerT
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Ich bin da sicherlich kein Experte auf diesem Gebiet; aber persönlich hätte ich anders entschieden. Bin mal gespannt, wann das Urteil online ist; mal sehen, was die eine Gegenstimme so alles spricht/sprach .
Hatte vor kurzem dazu noch einen ganz interessanten Artikel in der JuS gelesen; Ergebnis war dort, dass gegen die Auflösung des 15. Dt. Bundestags durch den BPräs nichts zu erinnern sei.
Reimer, Vertrauensfrage und Bundestagsauflösung bei parlamentarischer Anscheinsgefahr, JuS 2005, 680 ff. (Heft 8/2005)
grtz
BuggerT
Hatte vor kurzem dazu noch einen ganz interessanten Artikel in der JuS gelesen; Ergebnis war dort, dass gegen die Auflösung des 15. Dt. Bundestags durch den BPräs nichts zu erinnern sei.
Reimer, Vertrauensfrage und Bundestagsauflösung bei parlamentarischer Anscheinsgefahr, JuS 2005, 680 ff. (Heft 8/2005)
grtz
BuggerT
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Am Tag der Entscheidung war das gesamte Urteil incl. abweichender Meinung von Jentsch und abweichernder Begründung von Lübbe- Wolff in der FAZ abgedruckt.
Ich halte die Entscheidung persönich auch für falsch und aufgrund der hingebogenen Argumentation auch nicht wirklich vertretbar.
Den Reimer- Aufsatz fand ich persönlich nicht so toll, weil er den Fakt, dass sich durch eine Neuwahl, die evtl. die SPD gewinnt, an den Mehrheitsverhältnissen ja gar nichts ändert (immer noch eine schwarze Mehrheit im Bundesrat) nicht einmal erwähnt.
Der ganze Meinungsstreit um die Vertrauensfrage zeichnet sich meines Erachtens dadurch aus, dass jede Seite auf die unangenehmen bzw. starken Argumente der Gegenseite gar nicht eingeht.
Das Bundesverfassungsgericht macht da zwar eine Ausnahme, aber die Begründung finde ich teilweise echt absurd. Z. B. wird die Äußerung Münteferings am 1. Juli, Schröder habe das Vertrauen der Fraktion dadurch erklärt, dass sie sich nur auf die Person Schröders als Kanzler bezog.
Aber worum geht es denn in der Vertrauensfrage???
Naja, ich finde die Entscheidung politisch richtig, aber rechtlich falsch.
Gruß
Atred
Ich halte die Entscheidung persönich auch für falsch und aufgrund der hingebogenen Argumentation auch nicht wirklich vertretbar.
Den Reimer- Aufsatz fand ich persönlich nicht so toll, weil er den Fakt, dass sich durch eine Neuwahl, die evtl. die SPD gewinnt, an den Mehrheitsverhältnissen ja gar nichts ändert (immer noch eine schwarze Mehrheit im Bundesrat) nicht einmal erwähnt.
Der ganze Meinungsstreit um die Vertrauensfrage zeichnet sich meines Erachtens dadurch aus, dass jede Seite auf die unangenehmen bzw. starken Argumente der Gegenseite gar nicht eingeht.
Das Bundesverfassungsgericht macht da zwar eine Ausnahme, aber die Begründung finde ich teilweise echt absurd. Z. B. wird die Äußerung Münteferings am 1. Juli, Schröder habe das Vertrauen der Fraktion dadurch erklärt, dass sie sich nur auf die Person Schröders als Kanzler bezog.
Aber worum geht es denn in der Vertrauensfrage???
Naja, ich finde die Entscheidung politisch richtig, aber rechtlich falsch.
Gruß
Atred
- dionysos
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Allerdings. Weitere Kostprobe:Atred hat geschrieben:Das Bundesverfassungsgericht macht da zwar eine Ausnahme, aber die Begründung finde ich teilweise echt absurd.
"Auch wenn ein drohender Verlust politischer Handlungsfähigkeit am sachnächsten vom Bundeskanzler selbst beurteilt werden kann, hat das Bundesverfassungsgericht zu prüfen, ob die Grenzen seines Einschätzungsspielraums eingehalten sind."
aber:
"Die Einschätzung des Bundeskanzlers, er sei für seine künftige Politik nicht mehr ausreichend handlungsfähig, ist eine Wertung, die durch das Bundesverfassungsgericht schon praktisch nicht eindeutig und nicht vollständig überprüft werden kann und ohne Beschädigung des politischen Handlungssystems auch nicht den üblichen prozessualen Erkenntnismitteln zugänglich ist."
Mit anderen Worten: Wir prüfen, ob der Kanzler sich an die Regeln gehalten hat und erklären die Vertrauensfrage für nichtig, wenn er das nicht getan hat. Andererseits können wir die tatsächliche Sachlage überhaupt nicht einschätzen. Der Einfachheit halber glauben wir dann dem Kanzler. Wir werden trotzdem jedes Mal, wenn eine derartige Klage kommt, einen Schauprozess abhalten um dann - weil wir ja nichts gegenteiliges feststellen können, s.o. - festzustellen, dass der Kanzler recht hat.
Was haltet ihr eigentlich vom Sondervotum von Frau Lübbe-Wolf?Atred hat geschrieben: Naja, ich finde die Entscheidung politisch richtig, aber rechtlich falsch.
Es ist doch völlig klar, daß das Verfassungsgericht vor allem die Folgen seiner Entscheidung im Blick hatte. In der mündlichen Urteilsverkündung hat das Gericht auch ganz klar gesagt, daß es die Wahl zwischen der Skylla der Verbiegung des Verfassungsrechts und der Charybdis der Staatskrise hatte.
Auch wenn wir Juristen unsere Sichtweise auf den Staat gerne für die ultima ratio halten, darf das BVerfG das Verfassungsrecht nicht ausschließlich unter rechtlichen Gesichtspunkten würdigen. Wenn die Folge einer rechtlich richtigen Würdigung die Staatskrise ist, muß das Recht hinter die Staatsräson zurücktreten. Das unterscheidet eben das BVerfG von einem normalen Verwaltungsgericht.
Auch wenn wir Juristen unsere Sichtweise auf den Staat gerne für die ultima ratio halten, darf das BVerfG das Verfassungsrecht nicht ausschließlich unter rechtlichen Gesichtspunkten würdigen. Wenn die Folge einer rechtlich richtigen Würdigung die Staatskrise ist, muß das Recht hinter die Staatsräson zurücktreten. Das unterscheidet eben das BVerfG von einem normalen Verwaltungsgericht.
- dionysos
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Das untermauert ja auch, was (bis jetzt) unwidersprochen gesagt wurde: Rechtlich falsch, politisch richtig. Trotzdem bedenklich, dass uns das BVerfG vormacht, dass das Recht nur solange Bestand hat, wie es uns, oder dem Kanzler oder sonstwem in den Kram passt. Soll das Recht nicht gerade eine Konstante sein? Ich hätte wahrscheinlich genauso entschieden. Ich hab aber trotzdem Bauchschmerzen dabei. Allein Frau Lübbe-Wolfs Sondervotum halte ich u.U. für gerade noch vertretbar. Aber das Mehrheitsurteil... um Gottes Willen.ChristianS hat geschrieben:Es ist doch völlig klar, daß das Verfassungsgericht vor allem die Folgen seiner Entscheidung im Blick hatte. In der mündlichen Urteilsverkündung hat das Gericht auch ganz klar gesagt, daß es die Wahl zwischen der Skylla der Verbiegung des Verfassungsrechts und der Charybdis der Staatskrise hatte.
Auch wenn wir Juristen unsere Sichtweise auf den Staat gerne für die ultima ratio halten, darf das BVerfG das Verfassungsrecht nicht ausschließlich unter rechtlichen Gesichtspunkten würdigen. Wenn die Folge einer rechtlich richtigen Würdigung die Staatskrise ist, muß das Recht hinter die Staatsräson zurücktreten. Das unterscheidet eben das BVerfG von einem normalen Verwaltungsgericht.
- JS
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Vizepräsident Hassemer hat zu Beginn der mündlichen Urteilsverkündung sinngemäß gesagt, dass die Öffentlichkeit das BVerfG immer sehr fürsorglich begleite und betrachte, und sich diesmal das Bild entworfen habe, dass das BVerfG vor eine Aufgabe gestellt sei, die nicht richtig gelöst werden könne, es vor die Wahl zwischen Pest und Cholera stelle, da auf der einen Seite das BVerfG die angelaufene Wahlmaschinerie stoppen müsse, auf der anderen Seite aber der verfassungsbruch stehe. Man hätte also nur Fehler machen können.ChristianS hat geschrieben:Es ist doch völlig klar, daß das Verfassungsgericht vor allem die Folgen seiner Entscheidung im Blick hatte. In der mündlichen Urteilsverkündung hat das Gericht auch ganz klar gesagt, daß es die Wahl zwischen der Skylla der Verbiegung des Verfassungsrechts und der Charybdis der Staatskrise hatte.
Diesen Eindruck habe Hassemer zu Beginn des BVerfG-Verfahrens auch gehabt, er habe diesen aber im Laufe desselben verloren.
Wie du zu deiner Aussage kommst ist daher rational nur schwer zu erklären. Ich nehme für dich positiv an, dass du dich einfach verhört hast.
Eine für einen Juristen erstaunliche Sichtweise.ChristianS hat geschrieben:Auch wenn wir Juristen unsere Sichtweise auf den Staat gerne für die ultima ratio halten, darf das BVerfG das Verfassungsrecht nicht ausschließlich unter rechtlichen Gesichtspunkten würdigen. Wenn die Folge einer rechtlich richtigen Würdigung die Staatskrise ist, muß das Recht hinter die Staatsräson zurücktreten. Das unterscheidet eben das BVerfG von einem normalen Verwaltungsgericht.
Vollkommen übersehen wird, dass die Verteidung der Verfassungsgrundsätze aus Artikel 20 GG Teil der rechtlichen Würdigung ist. Diese Verfassungsgrundsätze strahlen zusammen mit Artikel 1 GG auf das gesamte Recht* aus. Die Besinnung darauf kann daher bei der Auslegung von Rechtsnormen helfen.
Die Verfassungsgrundsätze haben in erster Linie eine politische Dimension.
Erwägungen der Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzgebungsorgane, allgemein der Sicherung der Demokratie, oder gar der Existenzsicherung der Bundesrepublik Deutschland sind politische Erwägungen.
Diese und ähnliche politische Erwägungen dürfen insoweit Teil rechtlicher Würdigung sein, als sie für die Verteidigung der Verfassungsgrundsätze geboten sind.
Die Rechtsprechung darf sich allerdings nicht an die Stelle des vom Volk gewählten Gesetzgebers stellen und darüber hinaus gehende politische Entscheidungen treffen. Damit würde man selbst das Demokratiegebot verletzen.
Die strenge Trennung zwischen politischen und rechtlichen Erwägungen, die ständig propagiert wird ist aufgrund der teilweisen Einheit unmöglich. Die dahingehende Argumentation macht daher keinen Sinn.
*Dagegen verstoßen darf auch das Verwaltungsgericht nicht. Es hat nur in der täglichen Arbeit faktisch wenig Relevanz.
Zuletzt geändert von JS am Freitag 2. September 2005, 19:19, insgesamt 1-mal geändert.
"Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, nichts hindert mich, weiser zu werden." - Konrad Adenauer
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Diesen Eindruck habe Hassemer zu Beginn des BVerfG-Verfahrens auch gehabt, er habe diesen aber im Laufe desselben verloren.
Aber kann Hassemer nicht auch was anderes denken, als er tatsächlich sagt?
In Bayern ist prinzipiell alles schwerer als im Rest der Republik, auch das Kilo Mehl. (Ara, 24.01.2012)
Morgenmagazin: Wir geben ab zur Tagesschau nach Hamburg. Auch eine sehr schöne Stadt.
Jens Riewa: Die schönste. Guten Morgen meine Damen und Herren.
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- JS
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Meine Fähigkeiten im Gedankenlesen sind leider begrenzt, daher kann ich das nicht ausschließen. Das ist eine Glaubensfrage.cliffhanger hat geschrieben:Diesen Eindruck habe Hassemer zu Beginn des BVerfG-Verfahrens auch gehabt, er habe diesen aber im Laufe desselben verloren.
Aber kann Hassemer nicht auch was anderes denken, als er tatsächlich sagt?
Was ich aber ausschließen kann ist, dass tatsächlich von Hassemer gesagt wurde, was Christian behauptet hat.
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Dann aber sind die Aussagen von Christian imho gar nicht so abwegig.
In Bayern ist prinzipiell alles schwerer als im Rest der Republik, auch das Kilo Mehl. (Ara, 24.01.2012)
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Ja, JS, ich habe aus dem Gedächtnis zitiert. Ob nun Skylla und Charybdis oder Pest und Cholera, ob Stop der angelaufenen Wahlmaschinerie oder Staatskrise - ist das wirklich von Relevanz?
Man kann natürlich der Meinung sein, daß politische Erwägungen aufgrund der Einbeziehung der Verfassungsgrundsätze zugleich auch rechtliche Erwägungen darstellen. Das ist eine schöne Hilfskonstruktion, um sich nicht eingestehen zu müssen, daß es neben dem eindeutigen Wortlaut der Verfassung eben politische und keine genuin rechtlichen Argumente sind, die für eine Auflösung des Bundestages sprechen. Der Wortlaut des Grundgesetzes ist hier m.E. völlig klar, und nach der juristischen Methodenlehre bildet der Wortlaut zugleich die Grenze der Auslegung.
Aber wie sagte schon Savigny? "Das Recht ist das Leben selbst, von einer bestimmten Seite aus gesehen" - eben durch die Brille des Juristen.
Man kann natürlich der Meinung sein, daß politische Erwägungen aufgrund der Einbeziehung der Verfassungsgrundsätze zugleich auch rechtliche Erwägungen darstellen. Das ist eine schöne Hilfskonstruktion, um sich nicht eingestehen zu müssen, daß es neben dem eindeutigen Wortlaut der Verfassung eben politische und keine genuin rechtlichen Argumente sind, die für eine Auflösung des Bundestages sprechen. Der Wortlaut des Grundgesetzes ist hier m.E. völlig klar, und nach der juristischen Methodenlehre bildet der Wortlaut zugleich die Grenze der Auslegung.
Aber wie sagte schon Savigny? "Das Recht ist das Leben selbst, von einer bestimmten Seite aus gesehen" - eben durch die Brille des Juristen.