Verfassungsbeschwerde und Art. 38 GG

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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dionysos
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Verfassungsbeschwerde und Art. 38 GG

Beitrag von dionysos »

Zur Beschwerdebefugnis muss der Antragsteller behaupten, er sei in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht (darunter laut § 90 I BVerfGG auch Art. 38) verletzt worden.

In allen 4 Urteilen, die ich dazu gelesen hab, steht aber jeweils (für alle: BVerfGE 43, 142 (148)), dass die Verf.Beschwerde dem einzelnen Bürger zur Verfolgung seiner Rechte gegen den Staat gegeben sei. "Sie ist kein Mittel zur Austragung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Staatsorganen." Das war jeweils auch so, wenn die behauptete Rechtsgutverletzung von einem Gericht bestätigt wurde.

Aber: Wenn das BVerfG zu jeder Streitigkeit, bei der es um Art. 38 geht, sagt, es sei ein Organstreitverfahren einschlägig, weil der Abgeordnete eben keine "jedermann"-GR geltend machen wolle, sondern spezielle Abgeordneten-Rechte, dann wird doch so § 90 BVerfGG komplett ausgehebelt.

Im Lechner/Zuck, Kommentar zum BVerfGG, § 90 Rn. 30 steht noch, der ausgeschiedene Abgeordnete oder der potenzielle Abgeordnete, der den Grundsatz der Wahlgleichheit rüge, habe wiederum das Recht zur Verfassungsbeschwerde.

Kann man zusammenfassend sagen, ein Abgeordneter, der Abgeordneten-Rechte rügen will, kann dies NUR über ein Organstreitverfahren tun? Eine Verfassungsbeschwerde gestützt auf Art. 38 käme nur in Betracht, wenn der Antragsteller keine Recht auf ein Organstreitverfahren hätte? Das würde dann auch heißen, dass er sich nicht gegen eine dementsprechende Gerichtsentscheidung wenden kann, sondern nur gegen die ursprüngliche Handlung des anderen Organs? *Confused*
Kadet
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Beitrag von Kadet »

´Du musst differenzieren, ob der Abgeordnete als Staatsorgan klagt. Also Rechte geltend macht die dem Staatsorgan zustehen. Oder ob er sich gegen Verletzungen seiner persönlichen Rechte wendet und dann mit der VB vorgehen muss.

Bei PArteien ist das glaub ich noch erheblicher - da ist ebenfalls zu differenzieren, ob die PArtei als Staatsorgan nach Art. 21 klagt oder als normales Rechtsubjekt die VB erheben kann.

DAs Rechtsschutzziel ist doch auch völlig anders oder nicht ?
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dionysos
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Beitrag von dionysos »

Kadet hat geschrieben:´Du musst differenzieren, ob der Abgeordnete als Staatsorgan klagt. Also Rechte geltend macht die dem Staatsorgan zustehen. Oder ob er sich gegen Verletzungen seiner persönlichen Rechte wendet und dann mit der VB vorgehen muss.
Erstmal danke, dass du noch auf die Frage geantwortet hast. Greatly appreciated. Wenn ich dich richtig verstehe, würde das heißen, der Abgeordnete kann Abgeordneten-Rechte grundsätzlich nicht über eine Verfassungsbeschwerde geltend machen.

Als Beispiel mal BVerfGE 108, 251ff. leicht abgewandelt: Wenn beispielsweise ein Untersuchungsausschuss beim Ermittlungsrichter des BGH eine Durchsuchung der Wohnung des Abgeordneten nach bestimmten Dokumenten beantragt, und der Abgeordnete will sich über Art. 38, 47 dagegen wehren, hat er 2 Möglichkeiten: Er kann sich entweder gegen den Antrag des UA wehren, oder aber gegen das Urteil des BGH wenden (ich setze mal voraus, dass er Beschwerde eingelegt hat, die erfolglos blieb).

Ersteres ist unproblematisch ein Organstreitverfahren. Wenn der Abgeordnete sich aber gegen das Gerichtsurteil wehren will und ich sage, das kann er nicht, weil es sich um kein Jedermanns-Recht handelt, wäre die Klage unzulässig. Ich bin mir an diesem Punkt völlig unsicher, ob das wirklich so ist. Im Fleury steht, eine Verfassungsbeschwerde eines Abgeordneten ist möglich, wenn sie sich gegen ein letztinstanzliches Urteil eines FACHgerichts wendet. Ein solches ist der BGH aber nicht (oder in diesem speziellen Fall doch?).
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