Grundrechte auf Tarifverträge anwendbar?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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Dartagnan
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Grundrechte auf Tarifverträge anwendbar?

Beitrag von Dartagnan »

Wirken Grundrechte auf Tarifverträge unmittelbar oder nur mittelbar über die allgemeinen zivilrechtlichen Öffnungsnormen?
Kann ein Tarifvertrag rechtens sein, welcher Weihnachtsgeld unterschiedlich an die einzelnen Arbeiter vorschreibt, je nachdem wieviel jemand verdient?
Bsp. : Weihnachtsgeld 300 Euro für bis zu 2.000 Euro Verdienst/Monat
Weihnachtsgeld 200 Euro für bis zu 3.000 Euro Verdienst/ Monat
Weihnachtsgeld 100 Euro für bis zu 5.000 Euro Verdienst/ Monat

Wenn die Grundrechte anwendbar sind, wo ist hier der sachliche Grund für die Ungleichbehandlung?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

nur mittelbar anwendbar... (ausser einer der partein ist öffentlich)

im übrigen sehe keinerlei grundrechtsbeeinträchtigung durch diese regelung. ist doch auch eher so, das öffentl. nach % vergibt und private pauschalen geben.... ist doch jedem selbst überlassen
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Juri§tenpack Aug§burg
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Beitrag von Juri§tenpack Aug§burg »

Mir fehlt hier auch die Grundrechtsbeeinträchtigung. Art. 3 GG kanns ja wohl fast nicht sein, da hier auf jeden Fall Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt wird ("alle, die 2.000 € verdienen, alle, die 3.000 € verdienen etc.).

Außerdem ein kurzer Verweis auf die Vertragsfreiheit unter Privaten und die Tatsache, dass Grundrechte nur ein Abwehrrecht gegenüber staatlichem Handeln darstellen. Selbst mit der mittelbaren Wirkung tu ich mich hier schwer!
Ein guter Manager findet für jedes Problem eine Lösung. Ein guter Jurist findet für jede Lösung ein Problem.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Rechtshistorisch ist ganz interessant, daß in den Fünfzigern Niksch die Grundrechte generell auf das Arbeitsrecht unmittelbar anwenden wollte.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Juri§tenpack Aug§burg hat geschrieben:Selbst mit der mittelbaren Wirkung tu ich mich hier schwer!
Ich zitiere mal aus dem Erfurter Komm. (Erstaufl., GG Vorbem. 50):

"Nach der herrschenden Rspr. und Lehr sind Tarifverträge in gleicher Weise wie Gesetze an die Grundrechte gebunden und durch die Arbeitsgerichte am Maßstab des Übermaßverbotes zu überprüfen (wird ausgeführt)."

Klingt für mich recht eindeutig. (Hab aber nur mal kurz angelesen, um ehrlich zu sein.)
ready_or_not
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Beitrag von ready_or_not »

Wenn ich das nicht völlig falsch in Erinnerung habe - was mich wundern würde - sind Grundrechte auf Tarifverträge nach Rechtsprechung und - noch - h.M. unmittelbar anwendbar (insofern Übereinstimmung mit Manolaw). Argument ist, dass die Tarifverträge quasi Gesetzeskraft haben und somit wie Gesetze zu behandeln sind. Zumindest bei allgemeinverbindlichen Tarifverträgen ist das m.E. auch sehr überzeugend. Die neuere Lehre nimmt wohl teilweise Einschränkungen bei nicht allgemeinverbindlichen Tarifverträgen vor, ist aber wohl m.M. Selbst bei Betriebsvereinbarungen wird teilweise die unmittelbare Anwendung von Grundrechten befürwortet.

Zum Argument Vertragsfreiheit unter Privaten: Kein Argument, da die Vertragsfreiheit allenfalls zwischen den Tarifvertragsparteien gilt, nicht aber im Verhältnis zu den tarifgebunden AN und AG (und nur in diesem Verhältnis kommt es ggf. zu der Grundrechtsbeeinträchtigung). Diese verhandeln den Tarifvertrag aber nicht, wird er für allgemeinverbindlcih erklärt waren ncoh ncihteinmal ihre Vertretungsorganisationen an der Aushandlung beteiligt.


Allerdings sehe ich in der konkreten Ausgestaltung ebenfalls keinerlei Grundrechtsbeeinträchtigung. Da das Whienachtsgeld eine Gratifikation für die geleistete Arbeit sein soll ist es durchaus sachgerecht es an den Wert der arbeit und damit an die Höhe des Gehalts zu binden.
- Due to budget cutbacks the light at the end of the tunnel is temporarily switched off! -
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

ready_or_not hat geschrieben:Argument ist, dass die Tarifverträge quasi Gesetzeskraft haben und somit wie Gesetze zu behandeln sind. Zumindest bei allgemeinverbindlichen Tarifverträgen ist das m.E. auch sehr überzeugend.
Nicht nur da. Das TVG spricht ja in § 1 ausdrücklich von "Rechtsnormen" (normativer Teil des TV).

Im Unterschied dazu ist - wie gesagt - der obligatorische Teil des TV zu sehen, der nur für die Vertragsparteien des TV selbst gilt. (Daher hat die ganze Problematik auch überhaupt nichts mit "mittelbarer Drittwirkung" zu tun.)
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