Internationale Gerichtsbarkeit bei Enteignung in Deutschland?

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Internationale Gerichtsbarkeit bei Enteignung in Deutschland?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo,

ich habe einen Übungsfall, bei dem es um eine Enteignung eines Hotelbetreibers B auf Grundlage eines Landesgesetzes geht.

Gäbe es hier prinzipiell auch internationale Grichte, die nach Ausschöpfen des deutsches Gerichtsweges zuständig wären? (insbesondere europäische Gerichte ...)

Der Europäische Gerichtshof dürfte meiner Ansicht nach nicht zuständig sein, da es ja nur die Rechte bei Anwendung und Auslegung des EGV prüft.

Das Recht auf Eigentum sollte aber von der "Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten" (Art.1 des 1. Zusatzprotokolls) geschützt sein. Demnach müßte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zuständig sein? Stimmt das?

Gibt es auf europäischer oder internationaler Ebene noch andere Gerichte, die prinzipiell in Frage kommen könnten?

Ich bin als Nichtjurist für jede Hilfe dankbar :)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

nur wenn der typ nen ausländer ist, könnts noch vor ein anderes internationales gericht...

ansonsten haste mit dem Gerichtshof für Menschenrechte richtig gelegen.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

lea hat geschrieben:nur wenn der typ nen ausländer ist, könnts noch vor ein anderes internationales gericht...
Du meinst, vor ein anderes nationales Gericht. Das ist aber hier nicht der Fall.

Bei Europarechtswidrigkeit der Maßnahme kann/muss evtl. ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH eingeleitet werden, das kann er auch mit der Verfassungsbeschwerde erreichen.

Ansonsten EGMR, ja.

Wie ist denn die Fragestellung genau?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Zunächst einmal Danke für die Antworten :)

Mittlerweile habe ich auch noch gelernt, dass die EMRK vom Europarat beschlossen wurde und daher keine EU/EG-Norm ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist ebenfalls keine EU/EG Institution.

Obwohl es in der EU keinen geschriebenen Grundrechtskatalog gibt, exisiert ein Grundrechtsschutz auf EU-Ebene. Der EuGH leitet diese Grundrechte/Grundfreiheiten aus den VErfassungen der Mitgliedsstaaten, den geschlossenen Verträgen und auch aus der EMRK ab, auf die in Artikel 6 EUV verwiesen wird. Somit müßten auch Klagen, die den Schutz von Grundrechten oder Grundfreiheiten betreffen vor derm EuGH möglich sein. Liege ich damit richtig?

Der Fall (eher ein Sachverhalt - eine richtige Falllösung wird uns Nicht-Juristen erspart) lautet übrigens wie folgt (Diplomklausur Öffentliches Recht für Soziologen, SS 2005, TU-Chemnitz):

Der Besitzer des Hotel "Wahlhof" soll aufgrund eines Landesgesetzes dem Inhaber bis auf weiteres entzogen werden, weil die Gemeinde G, auf deren Gebiet sich das Hotelgebäude bedindet, diese Anlage nach einem Großbrand für die Unterbringung von obdachlos gewordenen Einwohnern nutzen will. Hotel-Eigentümer E bezweifelt, dass für diese Maßnahme eine "Enteignung" zulässig sei, und will, wenn sich die vorgesehene Maßnahme nicht verhindern läßt, zumindest den dreifachen Betrag der ihm gebotenen Summe als Entschädigung.

--> das ist einer der Fälle, die ich zur Vorbreitung meiner eigenen Prüfung nutze - ich habe den Kern der Frage etwas abgeändert, indem ich von einer Enteignung ausgegangen bin (die hier meiner Ansicht nach gar nicht vorliegt, da das Eigentum ja nicht entzogen wird, sondern nur die Nutzung eingeschränkt wird --> es geht ja um die Entziehung von Besitz)

Eine der Fragen zu dem Sachverhalt lautet:

Gibt es ein internationales Gericht, das E notfalls nach Erschöpfung des nationalen Rechtsweges hiergegen anrufen könnte?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Vorm dem EuGH kann man sich freilich auf die ungeschriebenen EG-Grundrechte berufen, aber nur innerhalb der durch den Vertrag vorgegebenen Verfahrensarten, und dazu gehört zB nichts der Verfassungsbeschwerde Vergleichbares.

Eine bis auf weiteres-Entziehung des Hotels kann man je nach Lage des Einzelfalls schon als Enteignung ansehen.

E könnte dann ggfs. den EGMR anrufen und sich auf das Eigentumsgrundrecht aus der Charta berufen, egal ob Enteignung oder nur ISB. Vor den EuGH könnte das ganze wie gesagt nur im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gelangen, aber selber anrufen kann er ihn nicht, da die Enteignung ja keine Maßnahme der EG ist.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hat mal jemand geprüft, ob die EMRK überhaupt das Eigentum schützt?

Irgendwie hab ich beim (flüchtigen) Durchblättern nichts gefunden, das überhaupt passen würde.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

@ phillip: nein, vor ein internationales gericht würde das kommen können. enteignung von fremden staatsangehörigen ist nur unter bestimmten voraussetzungen möglich und wenn nicht gegeben, dann kommts vor ein internationales gericht (weiss jetzt nicht auswendig woher das komnmt, aber glaub aus völkergewohnheitsrecht... Hull-Formel usw.)

mir fallen da auch noch die politischen und bürgerlichen rechte ein.... da sollte man mal gucken, ob da was von eigentum drinne steht...deutschland ist doch beigetreten...allerdings hatte auch ein zusatzprotokoll nicht unterschrieben...

mit vorabentscheidungsverfahren haste recht.... zur anwendung der grundrechten beim eugh gibts verschiedene varianten, aber die gängigste ist wohl über art. 6
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Manolaw hat geschrieben:Hat mal jemand geprüft, ob die EMRK überhaupt das Eigentum schützt?

Irgendwie hab ich beim (flüchtigen) Durchblättern nichts gefunden, das überhaupt passen würde.
Guckst Du in Art. 1 ZusProtMRK.
Erinnerst Du Bodenreformurteil des EGMR.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Philipp22 hat geschrieben:Guckst Du in Art. 1 ZusProtMRK.
Erinnerst Du Bodenreformurteil des EGMR.
Nie gehört. Aber gut zu wissen!
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

danke für die antworten :)

Vor allem der Hinweis, dass die Anwendung der ungeschrieben Grundrechte durch den EuGH natürlich nur im Rahmen der möglichen Verfahrensarten möglich ist, war in dieser Deutlichkeit nocheinmal hilfreich - ich dachte schon ich hätte neben den Vorabentscheidungen noch etwas übersehen ...

Jetzt weiß ich, dass ich mit meinen Überlegungen in die richtige Richtung laufe - Vielen Dank :)
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