Gegenwärtigkeit einer Gefahr iSd § 34 beim Unterlassen?

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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dionysos
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Gegenwärtigkeit einer Gefahr iSd § 34 beim Unterlassen?

Beitrag von dionysos »

Folgende Konstellation:

A fährt Radfahrer R mit ihrem Auto um. Sie hilft ihm aber nicht, weil neben ihr ihr Ehemann B sitzt, dem wegen einer anderen Tat eine geringe Haftstrafe droht. A schaut sich die Situation an, fährt dann aber weiter, weil sie B nicht der Strafverfolgung aussetzen will.

Meine Frage betrifft die Rechtfertigungsgründe:

1. Rechtfertigende Pflichtenkollision: grds. (+), hier aber Überwiegen des Rechtsguts Leben gegenüber einer geringen Freiheitseinbuße -> keine Rechtfertigung.

2. Rechtfertigender Notstand: Besteht hier eine gegenwärtige Gefahr für die Freiheit des B? Die Gefahr würde doch erst eintreten, wenn A dem R helfen würde und B damit gezwungen wäre, am Unfallort zu verbleiben, wo er bei der Unfallaufnahme der Polizei entdeckt werden könnte.


HILFE!!
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student_ms
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Beitrag von student_ms »

schreibst du nicht grad ne strafrecht ha? :-w
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dionysos
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Beitrag von dionysos »

student_ms hat geschrieben:schreibst du nicht grad ne strafrecht ha? :-w
Doch, das tu ich. "Hausarbeiten-Besprechung" (s.o. groß in rot) würde aber voraussetzen, dass ich den Fall hier für mich lösen lasse. Das tu ich aber ganz offensichtlich nicht. Falls du genug Ahnung von Jura hast, darfst du also gefahrlos antworten.
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dionysos
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Beitrag von dionysos »

Wenn jemand was dazu schreiben könnte, wär ich sehr dankbar. Die Problematik ist mir noch immer nicht klar... danke.
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Beitrag von ElGraf »

Versuch doch mal, unter die in Kommentaren und Lehrbüchern angebotenen Definitionen von "gegenwärtig" zu subsumieren!
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

also ich würde prinzipiell die gegenwärtigkeit verneinen.

es gibt da aber noch die "dauergefahr", bei der man i.s.d. 34 oder 35 (ich weiß leider nimmer bei welchem) die gegenwärtigkeit bejahen kann.
und zwar is da gegenwärtigkeit gegeben, wenn über eine längere zeitdauer schon eine gefahr besteht, die jederzeit in einen schaden umschlagen kann.
aber das war bei mir in ner familientyrann-sache... ich weiß wirklich nicht, ob das hier irgendetwas damit zu tun haben könnte....
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dionysos
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Beitrag von dionysos »

ElGraf hat geschrieben:Versuch doch mal, unter die in Kommentaren und Lehrbüchern angebotenen Definitionen von "gegenwärtig" zu subsumieren!
Nun gut: "Eine Gefahr ist gegenwärtig, wenn bei natürlicher Weiterentwicklung der Dinge der Eintritt eines Schadens sicher oder doch höchstwahrscheinlich ist, falls nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden..." (Kühl, 4. Aufl., § 18 Rn. 64).

Fraglich ist zunächst, worin die "natürliche Weiterentwicklung" der Situation besteht. Hält man ein "Einfrieren" der Tatsituation für die natürliche Weiterentwicklung, d.h., unterstellt man, dass der Täter überhaupt nicht handelt, sondern regungslos abwartet, würde dadurch - wenn nicht Abwehrmaßnahmen ergriffen würden - der Eintritt der Gefahr der Strafverfolgung höchstwahrscheinlich; mithin läge eine gegenwärtige Gefahr vor.

Fasst man die "natürliche Weiterentwicklung" allerdings derart auf, dass die Täterin die durch den Unfall unterbrochene Fahrt wieder aufnimmt, wäre keine unmittelbare Gefährdung des Ehemanns gegeben. Eine solche könnte nur geschaffen werden, wenn die Täterin dem Opfer Hilfe leisten würde, da erst durch das Verbleiben am Tatort die Gefahr für den Ehemann entstand.


Versuche ich hier wieder, zu "differenziert" zu denken und Möglichkeit 2 ist totaler Blödsinn?? :-k


In der Normalkonstellation besteht eben zuerst die Gefahr für den durch Notstand gerechtfertigten, und dieser begeht dann seine Notstandshandlung. Hier entsteht eine hinreichend wahrscheinliche Gefahr der Strafverfolgung nur, WENN die Täterin die Notstandshandlung (unterlassene Hilfeleistung) unterlässt. Ah, ich bin völlig verwirrt.
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Beitrag von julée »

das Wiederaufnehmen der Fahrt stellt eine Handlung dar. Nur durch das Unterlassen der Hilfeleistung kann sie die Gefahr von ihrem Mann abwenden... wobei sich die Frage nach den Handlungsalternativen stellt...
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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