Teilrücktritt eines Versuches

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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boogienat0r
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Teilrücktritt eines Versuches

Beitrag von boogienat0r »

ich bin grad auf die Konstellation des Teilrücktritts eines Versuchs (d.h. Rücktritt nur von der Qualifikation) gekommen und kann ehrlich gesagt die dogmatische Erklärung des Ganzen nicht nachvollziehen

Ausgangspunkt ist der Wortlaut des §24 ... dort heißt es, mal etwas anders formuliert, "Wer wegen Versuchs bestraft werden könnte, wird nicht bestraft, wenn er freiwillig die weitere Tatausführung aufgibt oder die Vollendung verhindert". Voraussetzung ist also zunächst die potentielle Bestrafbarkeit. Bei der isolierten Betrachtung einer Qualifikation ist also eine - direkte - Anwendbarkeit des §24 doch ausgeschlossen, denn niemand kann nur durch die Erfüllung einer Qualifikation bestraft werden, da ihre "Mitbestrafung" immer akzessorisch zu einem Grundtatbestand steht.

Jetzt gibt es Fälle dieser Art, in denen dennoch ein solcher Teilrücktritt - nur von der Qualifikation - sogar bei Vollendung der Gesamttat anerkannt wird:

T klettert über das Gartentor, um in das Haus seines Freundes einzubrechen. Noch im Garten entschließt er sich kurzerhand die Waffe in den Gartenteich zu werfen, da er auf Nummer sicher gehen will, was etwaige Eskalationen beim unmittelbar bevorstehenden Tatgeschehen anbelangt. Dann bricht er in das Haus ein und vollendet den Diebstahl.

Unstrittig ist ja nun, dass T, als er im Garten stand, bereits in das Versuchsstadium eingetreten war. Unstrittig ist auch, dass das bei-sich-führen der Waffe als Qualifikationsmerkmal des 244 I Nr.1a) nicht dauerhaft während der gesamten Tatbegehung vorliegen muss. Vielmehr reicht es aus, wenn dies nur einmal der Fall ist - so wie hier. Auch ist unumstritten, dass das Qualifikationsmerkmal problemlos zwischen Versuchs- und Vollendungsphase erfüllt werden kann - allein die Beendigungsphase ist umstritten, auf die es hier aber nicht ankommt.

Im Ergebnis hat also T einen Diebstahl mit Waffen gemäß 242 I, 244 I Nr.1a) verwirklicht. Fraglich ist nun, ob dem T tatsächlich das ganze erhöhte Handlungsunrecht, dass ihm 244 zuschreibt, auch zugeschrieben werden sollte, denn die objektive Gefährlichkeit des Diebstahls, die sich maßgeblich in der Vollendungsphase darstellt, ist dadurch, dass er die Waffe noch vor der Vollendungsphase weggeworfen hat, deutlich reduziert.

Obwohl nun eine vollendete Tat vorliegt, wird wie folgt argumentiert, um überhaupt eine Versuchsdiskussion vornehmen zu können: Wäre die Situation bis zum Gartenteich ein eigenständiges Delikt (versuchter Diebstahl) und der zweite Akt ebenfalls (vollendeter Einbruch o.Ä. ist ja egal), dann würde man beim ersten Delikt einen Teilrücktritt von der Qualifikation diskutieren können. Nur weil es "zufällig" hier ein einheitliches Delikt darstelle, dürfe dies nicht zu Lasten des Täters gehen.

Anschließend bei der Prüfung des Teilrücktritts würde man - von der Qualifikation, nicht vom Gesamtversuch! - zurücktreten können.

Angesichts der klaren Formulierung des §24, so wie ich sie verstehe (potentielle Bestrafbarkeit) , verstehe ich allerdings nicht, wie das überhaupt möglich sein soll.
Kann mir das einer erklären ? ](*,)
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markus87
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Re: Teilrücktritt eines Versuches

Beitrag von markus87 »

Richtig, § 24 passt eigentlich nicht. Deshalb ja auch diese künstliche Auftrennung in 2 Akte; dann kann man im ersten Akt § 24 anwenden und im zweiten gabs die Waffe ja nicht mehr. mE könnte man auch über § 244 III sachgerechte Ergebnisse erzielen.
boogienat0r
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Re: Teilrücktritt eines Versuches

Beitrag von boogienat0r »

Aber wie lautet denn die "dogmatische" Begründung für die Anwendbarkeit des §24 ? Das müsste ja wenn dann, eine analoge Anwendung sein, oder seh ich das falsch?
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markus87
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Re: Teilrücktritt eines Versuches

Beitrag von markus87 »

Müsste es, ja. In der Klausur würde ich es bei der Prüfung der Quali einfach als wertungsmäßige Korrektur verkaufen.
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