Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Kroate
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Kroate »

Tibor hat geschrieben:Also ich weiß gar nicht, warum die Berliner Polizeiparty so hochgekocht wird. Fakt ist doch, dass da Teams in die Pampa geschickt wurden um sich für G20 Einsatz bereitszuhalten. Ich vermute mal, dass die Truppe gerade nicht im Einsatz war, sondern einfach ihre freie Zeit totschlagen musste. Wenn man sich die Fotos der Container anschaut, ist es auch nicht verwunderlich, wenn man sich Abends vor die Container setzt und zusammen sitzt, immerhin dürften sich die Teammitglieder seit langer Zeit kennen und bereits zahlreiche solcher Einsätze gemeinsam absolviert haben; man kannte sich. Sicherlich sind hier auch Freundschaften im Spiel. Und mir braucht keiner zu sagen, dass bei Partys anderer Erwachsener mit Alkoholgenuss alles immer gesittet zugeht; die Polizeibeamten (wohl mittlerer Dienst) sind nun zudem keine Bildungsbürger. Hat man erwartet, dass die sich in ihre Betten legen und Thomas Mann lesen? Und die Ausfälle (Sex im Freien sowie Pinkeln auf der Wiese) sind nun auch der Enge geschuldet; wer mag schon spontan in so einem Container rumvögeln, wenn der Kollege im Doppelstockbett darüber schnarcht? Und in Hecken gepinkelt hat wohl auch schon jeder. Bei der Bundeswehr hätte man früher (TM) sowas als Förderung der Kameradschaft in der Truppe verbucht und für gut geheißen; jeder Spieß hätte noch ne Flasche Korn dazugestellt.
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sai
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von sai »

Tibor hat geschrieben:Also ich weiß gar nicht, warum die Berliner Polizeiparty so hochgekocht wird. Fakt ist doch, dass da Teams in die Pampa geschickt wurden um sich für G20 Einsatz bereitszuhalten. Ich vermute mal, dass die Truppe gerade nicht im Einsatz war, sondern einfach ihre freie Zeit totschlagen musste. Wenn man sich die Fotos der Container anschaut, ist es auch nicht verwunderlich, wenn man sich Abends vor die Container setzt und zusammen sitzt, immerhin dürften sich die Teammitglieder seit langer Zeit kennen und bereits zahlreiche solcher Einsätze gemeinsam absolviert haben; man kannte sich. Sicherlich sind hier auch Freundschaften im Spiel. Und mir braucht keiner zu sagen, dass bei Partys anderer Erwachsener mit Alkoholgenuss alles immer gesittet zugeht; die Polizeibeamten (wohl mittlerer Dienst) sind nun zudem keine Bildungsbürger. Hat man erwartet, dass die sich in ihre Betten legen und Thomas Mann lesen? Und die Ausfälle (Sex im Freien sowie Pinkeln auf der Wiese) sind nun auch der Enge geschuldet; wer mag schon spontan in so einem Container rumvögeln, wenn der Kollege im Doppelstockbett darüber schnarcht? Und in Hecken gepinkelt hat wohl auch schon jeder. Bei der Bundeswehr hätte man früher (TM) sowas als Förderung der Kameradschaft in der Truppe verbucht und für gut geheißen; jeder Spieß hätte noch ne Flasche Korn dazugestellt.
Sehe ich genauso.
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Tibor
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tibor »

=D>
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Tibor hat geschrieben:Und in Hecken gepinkelt hat wohl auch schon jeder. Bei der Bundeswehr hätte man früher (TM) sowas als Förderung der Kameradschaft in der Truppe verbucht und für gut geheißen; jeder Spieß hätte noch ne Flasche Korn dazugestellt.
Wurde nicht ein Adliger in D deshalb angezeigt?

Den letzten Hecke-Pinkler, den ich gesehen habe, war vor ein paar Tagen ein Penner, der vor dem Urinieren noch den Busfahrer anraunzte. Also ich als Frau finde das nicht unbedingt besonders appetitlich, obwohl ich schon einiges gesehen habe. Konnte mich aber nie daran gewöhnen. Sind doch auch eher Randständige und Junkies auf der Straße. Da erwarte ich schon ein anderes Verhalten von der Polizei.

Dass es im Militär ähnlich zugeht, schreibe ich dem jungen Alter der Eingezogenen zu. Wer das noch fördert, würde ich persönlich nicht über eine solche Truppe stellen. Ranghöhere Offiziere, die ich kenne, wirken auf mich eigentlich schon eher diszipliniert. Und Sex in der Öffentlichkeit - sorry, da bin ich wohl wirklich zu altmodisch. DAS geht einfach nicht, erst recht nicht für Polizisten.
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Ara
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Tibor hat geschrieben:Fakt ist doch, dass da Teams in die Pampa geschickt wurden um sich für G20 Einsatz bereitszuhalten.
Die Berliner Polizei wurde in die Pampa geschickt, weil die sich schon beim OSZE-Gipfel nicht benommen hatten. Darum hat man sie in eine ehemalige Flüchtlingsunterkunft abseits der Innenstadt gesteckt, weil man davon ausging, da können sie keinen Schaden anrichten.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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[enigma]
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von [enigma] »

Aus der Stellungnahme der BReg in der letzten Legislaturperiode zu einem gleich lautenden Vorschlag des Bundesrats, BT-Drcks. 16/12812
Er würde zu einer Verlagerung von Kompetenzen auf die Polizei führen und damit die wohlbegründete gesetzliche Entscheidung für die Sachherrschaft der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren weiter zurückdrängen. Der Umstand, dass eine bindende Ladung nur bei Vorliegen eines Auftrages oder eines Ersuchens der Staatsanwaltschaft möglich sein soll, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da auch eine allgemeine Erklärung des Auftrags oder des Ersuchens zulässig sein soll und zu befürchten ist, dass von dieser Möglichkeit in der Praxis in weitem Umfang Gebrauch gemacht werden wird.

[...]

Auch das angestrebte Ziel einer effizienteren Führung von Ermittlungsverfahren dürfte sich mit der vorgeschlagenen Regelung kaum erreichen lassen, da die Polizei lediglich zur verpflichtenden Ladung der Zeugen, nicht aber zur Verhängung der Ordnungsmittel nach den §§ 51, 70 StPO bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Aussageverweigerung befugt ist. Gerade bei „problematischen Zeugen“ wird sich daher eine Einschaltung der Staatsanwaltschaft regelmäßig gerade nicht venueiden lassen. Eine Beschleunigung und Steigerung der Effizienz von Ermittlungsverfahren
ist daher nicht zu erwarten
Ganz so abwegig, wie hier getan wird, scheinen meine Bedenken also nicht zu sein.
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thh
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von thh »

Tibor hat geschrieben:Also ich weiß gar nicht, warum die Berliner Polizeiparty so hochgekocht wird.
Ich schon.
Tibor hat geschrieben:Und mir braucht keiner zu sagen, dass bei Partys anderer Erwachsener mit Alkoholgenuss alles immer gesittet zugeht; die Polizeibeamten (wohl mittlerer Dienst) sind nun zudem keine Bildungsbürger.
Aber Beamte, die deren Verhalten inner- wie außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Das macht schon ein privates Besäufnis mit Ausfälligkeiten jedenfalls dann problematisch, wenn die dienstliche Tätigkeit bekannt ist. Besäufnisse im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit - wie hier innerhalb der Einheit während einer dienstlichen Unterbringung- und damit verbundenes Wildurinieren, öffentlicher Geschlechtsverkehr und kaum bekleidetes Tanzen mit einer Schusswaffe genügen diesen Anforderungen nicht und sind mithin ein Dienstvergehen.

Dass Junggesellenabschiede, Schützenfeste und ähnliche Veranstaltungen ebenso zu verlaufen pflegen, rechtfertigt dabei nichts, weil die Schützen, die Kerweburschen und die Junggesellen eben nicht zur Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols berufen sind.
Tibor hat geschrieben:Bei der Bundeswehr hätte man früher (TM) sowas als Förderung der Kameradschaft in der Truppe verbucht und für gut geheißen; jeder Spieß hätte noch ne Flasche Korn dazugestellt.
Das macht es nicht richtiger. Im Gegenteil - Besäufnisse und deren Folgen sowie damit teilweise verbundene entwürdigende Rituale bei der Bundeswehr standen bereits und stehen gerade wieder im Zentrum der Kritik.
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thh
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von thh »

[enigma] hat geschrieben:Aus der Stellungnahme der BReg in der letzten Legislaturperiode zu einem gleich lautenden Vorschlag des Bundesrats, BT-Drcks. 16/12812
Er würde zu einer Verlagerung von Kompetenzen auf die Polizei führen und damit die wohlbegründete gesetzliche Entscheidung für die Sachherrschaft der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren weiter zurückdrängen. Der Umstand, dass eine bindende Ladung nur bei Vorliegen eines Auftrages oder eines Ersuchens der Staatsanwaltschaft möglich sein soll, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da auch eine allgemeine Erklärung des Auftrags oder des Ersuchens zulässig sein soll und zu befürchten ist, dass von dieser Möglichkeit in der Praxis in weitem Umfang Gebrauch gemacht werden wird.
Das überzeugt mich nicht. Eine "Zurückdrängung der Sachherrschaft" liegt ja nun gerade nicht vor, wenn die Staatsanwaltschaft in Ausübung ihrer Sachleitungsbefugnis (!) Aufträge erteilt. Man kann das freilich so sehen.
Auch das angestrebte Ziel einer effizienteren Führung von Ermittlungsverfahren dürfte sich mit der vorgeschlagenen Regelung kaum erreichen lassen, da die Polizei lediglich zur verpflichtenden Ladung der Zeugen, nicht aber zur Verhängung der Ordnungsmittel nach den §§ 51, 70 StPO bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Aussageverweigerung befugt ist. Gerade bei „problematischen Zeugen“ wird sich daher eine Einschaltung der Staatsanwaltschaft regelmäßig gerade nicht venueiden lassen. Eine Beschleunigung und Steigerung der Effizienz von Ermittlungsverfahren ist daher nicht zu erwarten
Das ist allerdings ein Fehlschluss, denn (zeit-)aufwendig ist nicht die "Einschaltung der Staatsanwaltschaft", sondern die Durchführung einer Vernehmung. Regelmäßig geht es übrigens weniger um die Verhängung von Ordnungsmitteln als die Anordnung der Vorführung des Zeugen. Ein Vorführbefehl ist eine Sache von fünf Minuten, wenn er durch die Geschäftsstelle erstellt und dann durch den Dezernenten nur unterzeichnet wird, eine Sache von Sekunden.
[enigma] hat geschrieben:Ganz so abwegig, wie hier getan wird, scheinen meine Bedenken also nicht zu sein.
Deine Bedenken, dass die Durchführung von Vernehmungen in erheblichem Umfang auf die Polizei delegiert werden wird und dass damit ein Verlust an rechtlicher Qualität - Belehrungen usw. - verbunden ist, halte ich keineswegs für abwegig; das sind ja gerade die Bedenken, die ich auch hatte. Ich teile sie allerdings letztendlich nicht.

Für abwegig halte ich nur die Auffassung, es gebe eine geschützte Rechtsposition, nur bei Straftaten von einigem Gewicht zu einer Aussage gezwungen werden zu können bzw. es bestehe eine entsprechende Abwägungsnotwendigkeit, vergleichbar bspw. der bei Wohnungsdurchsuchungen.
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batman
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von batman »

Mal wieder was wirklich Aktuelles:
Der 5. (Leipziger) Strafsenat zu § 66 I 1 Nr. 4 StGB (zweifacher Kindermord in Berlin/Potsdam).
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... s=2&anz=98
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von [enigma] »

Proberichter wegen Rechtsbeugung und Aussageerpressung verurteilt.
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/l ... ign=buffer

Der Fall lief (mehr oder weniger) bei mir im Verbesserungsversuch. Ich habe neben Rechtsbeugung, Aussageerpressung, Freiheitsberaubung und Nötigung die Vollstreckung gegen Unschuldige ausführlich geprüft und bejaht. Weil der Richter zwar grundsätzlich nicht zur Vollstreckung berufen ist, hier aber faktisch - durch Anweisungen an den Wachtmeister zur Art und Weise der Unterbringung, in der Klausur hat der Richter zudem die Verlegung des Verhafteten von der Gerichtszelle an einen anderen Ort verfügt - die Vollstreckung übernommen hat. Laut Fischer kann der Tatbestand durch den Richter, der lediglich das Urteil absetzt, mangels Vollstreckung nicht erfüllt werden, bei der Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen aber eben schon. Nach irgend einer Norm im RpflG ist der Rechtspfleger für die Vollstreckung der Ordnungshaft zuständig, sofern der Richter sie sich nicht vorbehält, was ich hier bejaht habe.

War sehr stolz auf meine Lösung, befürchte aber mittlerweile, dass das eher falsch war. Denn weder hier noch im Urteil zum Richter, der den Anwalt "nach HPO" verhaftet hat, setzen sich die Urteile anscheinend mit § 345 StGB auseinander. :-k
Zuletzt geändert von [enigma] am Mittwoch 28. Juni 2017, 18:52, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Ara »

Auch spannend:

Die Bundesnetzagentur hat die umstrittene Vorratsdatenspeicherung drei Tage vor ihrem Start ausgesetzt.

http://www.tagesspiegel.de/politik/buer ... 91762.html

§ 12 Abs. 1 EGStPO sieht nur eine Übergangsfrist bis zum 29.7.2017 vor. Ab diesem Zeitpunkt ist kein Zugriff mehr auf retrograde Standortdaten möglich, die sowieso nur noch bis zum 1.7.2017 gesammelt werden.

Es entsteht daher faktisch eine Lücke bei den retrograden Standortdaten, da kein nahtloser Übergang mehr möglich ist.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Tibor »

Hier ein differenzierter Blick auf die Polizeifeierlichkeiten:

http://m.tagesspiegel.de/berlin/polizei ... 89814.html
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

@Tibor
Klingt nach: Notarzt macht Kunstfehler und vögelt in der Pause alle Schwestern im Flur durch, um dann mit der Rechtfertigung anzurücken, am gleichen Tag drei Patienten das Leben gerettet zu haben. :D
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von thh »

[enigma] hat geschrieben:Der Fall lief (mehr oder weniger) bei mir im Verbesserungsversuch. Ich habe neben Rechtsbeugung, Aussageerpressung, Freiheitsberaubung und Nötigung die Vollstreckung gegen Unschuldige ausführlich geprüft und bejaht. Weil der Richter zwar grundsätzlich nicht zur Vollstreckung berufen ist, hier aber faktisch - durch Anweisungen an den Wachtmeister zur Art und Weise der Unterbringung, in der Klausur hat der Richter zudem die Verlegung des Verhafteten von der Gerichtszelle an einen anderen Ort verfügt - die Vollstreckung übernommen hat.
Welche Vollstreckung? Es gibt doch - vor dem Urteil - noch gar nichts zu vollstrecken, und die Vollstreckung erfolgt weder durch das Gericht noch in dessen Zellen. Jemanden "einfach so" einsperren zu lassen ist m.E. keine Strafvollstreckung gegen Unschuldige, sondern schlichte Freiheitsberaubung.
[enigma] hat geschrieben:Nach irgend einer Norm im RpflG ist der Rechtspfleger für die Vollstreckung der Ordnungshaft zuständig, sofern der Richter sie sich nicht vorbehält, was ich hier bejaht habe.
Ah so - Ordnungshaft. Geschickt! :) - Aber auch da würde ich (auch nach einem Blick in die Kommentierung) voraussetzen, dass es irgendeine nicht vollstreckungsfähige Grundentscheidung geben muss und ein "bloßes" Einsperren nicht genügt.
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Re: Aktuelles aus dem Strafrecht (reloaded)

Beitrag von [enigma] »

Ja, Ordnungshaft. Naja, der Richter hat "Ordnungshaft, bis der Angeklagte sich (für eine angebliche Ungebühr ggü dem Gericht) entschuldigt" angeordnet, ihn persönlich in die Zelle gebracht (auch noch zu einem anderen Gefangenen gesteckt, dem er ein Geständnis entlocken sollte :D) und dann verfügt, dass er verlegt wird und die schriftliche Beschwerde des Häftlings absichtlich verschwinden lassen (§ 274 und nochmal Rechtspflegedelikte durch Unterlassen). War ne ziemlich komplexe Prüfung, weil neben dem Problem der Vollstreckung durch den Richter inzident ja noch die rechtmäßige Vollstreckbarkeit geprüft werden musste, wozu es im SV deutliche Hinweise gab. Aber die hätte man natürlich auch nur bei der Rechtsbeugung ansprechen können.

Wenn das Prüfungsamt tatsächlich nicht auf § 345 hinaus wollte, hätte das eigentlich von der Prüfung ausgeschlossen werden müssen. Denn abwegig war das wohl echt nicht und die Prüfung war ziemlich komplex.
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