im aktuellen Uni-Spiegel ist das Thema Scheinstudent Titelthema (http://www.spiegel.de/spiegel/unispiegel/d-126225098.html (Verwaister Link automatisch entfernt)) .
Es geht also um Studenten die eingeschrieben bleiben um Vergünstigungen zu erhalten. Also Semesterticket, Studentenrabatte oder Beck-Online-Zugang.
Im Artikel wird wie selbstverständlich von Betrug ausgegangen, so lautet eine Stelle:
Ich habe da doch erhebliche Bedenken, ob überhaupt irgendein Straftatbestand dadurch erfüllt sein soll. Die erste Frage ist schon zu wessen Lasten überhaupt?"Formal ist das natürlich Betrug und damit eine Straftat", sagt die Hamburger Rechtsanwältin Nannette Meyer-Sand, die sich auf Hochschulrecht spezialisiert hat. Im schlimmsten Fall drohten eine Geld- oder sogar eine Freiheitsstrafe.
Zu Lasten der Uni?
Frage ist: Was soll überhaupt die Täuschungshandlung sein? Eine konkludente Erklärung, dass man... ja was denn? "Ordentlich Studiert"? "Interesse am Fach hat?" Selbst wenn wir tatsächlich eine konkludente Erklärung des "ordentlichen Studierens" haben, was ist "ordentlich Studieren"? Das Anmelden zu Prüfungen? Ein Anstreben des geplanten Abschlusses? Vielleicht sogar in Regelstudienzeit? Aber die Uni soll doch der Wissensvermittlung dienen und nicht eine reine Prüfungsvorbereitung sein.... Warum sollte ein Rentner der bissel Jura lernen möchte nicht Jura studieren dürfen, ohne das Staatsexamen anzustreben?
Ich bin mir hier schon recht sicher, dass gar keine Täuschung vorliegt. Denn beim Immatrikulieren wird imo nicht erklärt, dass man den Studienabschluss oder ähnliches auch wirklich anstrebt. Es geht alleine darum ein Mitglied der Körperschaft zu werden. So wie ich bei einem Fitnessstudio-Vertrag auch nicht konkludent erkläre tatsächlich zu trainieren zu wollen. Vor allem da die Uni ja Anwesenheitspflichten und Prüfungspflichten einführen könnte.
Selbst wenn man aber irgendwie eine Täuschungshandlung annehmen würde (und damit auch einen Irrtum), stellt sich die nächste Frage, was für ein Schaden denn entstanden sein soll?
Die Uni hält Platz für mich bereit? Hier fehlt spätestens die Bereicherungsabsicht, denn den Platz will man ja gerade nicht. Das Semesterticket wird nicht von der Uni bezahlt, sondern vom Studenten.Verwaltungsgebühren? Werden mit dem Semesterbeitrag gezahlt. Der Uni fehlt es somit sogar schon am Schaden, bzw. dem Studenten an der vermögensgleichen Bereicherungsabsicht. Die Uni profitiert eher von den Studenten in den zulassungsfreien Studiengängen, da sie dafür Geld vom Staat bekommen.
Zu Lasten des Staates?
Wenn man um mehrere Ecken denkt, könnte es natürlich ein Betrug zu Lasten des Staates sein, da er der Uni Geld für den Studienplatz zahlt. Ein Betrug in unmittelbarer Täterschaft scheidet aus, da wenn überhaupt die Uni getäuscht wird und nicht der Staat. Die Uni verfügt aber nicht über das staatliche Vermögen. Getäuschter und Vermögensverfügender sind somit nicht identisch. Ein Betrug in mittelbarer Täterschaft? Selbst wenn man hier wieder die Täuschungshandlung annehmen würde, scheitert es an der Bereicherungsabsicht... Das Geld fließt ja alleine der Uni zu und daran hat der Student ja gar kein Interesse.
Also auch kein Betrug zu lasten des Staates.
Zu Lasten der Verkehrsbetriebe?
Eine direkte Täuschung gegenüber den Verkehrsbetrieben erfolgt nicht. Da die Uni aber selbstständig über die Semestertickets verfügt und im Lager des Verkehrsbetriebes wohl steht, könnte es sich um einen Betrug handeln. Die Konstruktion eines Vermögensschadens der Verkehrsbetriebe ist hier aber ein erhebliches Problem. Denn es ist nicht so, dass die Verkehrsbetriebe sagen "jeder Student von euch, der ordentlich studiert, kann einen rabattierten Tarif erhalten", viel mehr verkaufen die Verkehrsbetriebe das gesamte Kontinent an die Uni, unabhängig davon ob der Student das Semesterticket will oder nicht. Selbst wenn es anders wäre, ist natürlich fraglich ob der Verkehrsbetrieb einen Schaden hätte, wenn der Scheinstudent das Ticket nicht hätte. Denn dann müsste man konstruieren, dass das Ticket sonst zum Vollpreis hätte gekauft worden wäre.
Auch die mittelbare Untreue durch die Uni scheitert daran, dass es sich wohl gar nicht um das Vermögen der Verkehrsbetriebe handelt.
Zu Lasten der Krankenkasse?
Spannend wird der Sonderfall, dass jemand in der studentischen Krankenversicherung bleibt. Ohne wirklich Ahnung von Sozialrecht zu haben: Der § 5 I Nr. 9 SGB V spricht ausdrücklich davon, dass der Student nur immatrikuliert sein muss. Solange er also nicht über die 20-Stunden-Regelung kommt, auch hier wohl eher kein Betrug.
Zu Lasten Dritter?
Als Letztes kommt noch in Frage, dass die Verwendung des Semesterausweises in Kinos und ähnliches ein Betrug darstellen würde... Aber auch hier müsste man dann eine konkludente Erklärung hineininterpretieren, dass ein ordentliches Studieren vorliegt. Selbst wenn, so fehlt es dann hier am Irrtum, da sich das Kino wohl kaum Gedanken über die Studienleistungen des Studenten macht. Also auch hier ein Minus der Strafbarkeit.
Insgesamt somit: keine Strafbarkeit durch die Scheinstudenten... Zumindest solange sie nicht irgendwelche Sozialleistungen beziehen wie Kindergeld und Co., dann erfolgt der Betrug aber ja nicht durch die Scheineinschreibung, sondern durch das Beziehen der Sozialleistung.
Andere Ansichten?