Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Tobias__21
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von Tobias__21 »

Auf der Facebookseite der lto gehts wieder rund :D

User 1: "Die linken Straftaten sind auch gestiegen. Wenn jetzt ein Linker irgendein ein Graffiti an eine Wand sprayt, geht der dann auch 8 Monate in den Knast"?

:)
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Swann
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von Swann »

[enigma] hat geschrieben:Ja, das mag einerseits den hohen Strafausspruch oder andererseits die Nichtaussetzung rechtfertigen, beides zusammen geht aber nicht. Mag aber sein, dass das in den Artikeln nur missverständlich rüberkommt.
Was genau geht nicht? Im Übrigen gibt es die schriftlichen Urteilsgründe noch gar nicht, insofern ist es auch verfrüht zu meckern.
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[enigma]
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von [enigma] »

Swann hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:Ja, das mag einerseits den hohen Strafausspruch oder andererseits die Nichtaussetzung rechtfertigen, beides zusammen geht aber nicht. Mag aber sein, dass das in den Artikeln nur missverständlich rüberkommt.
Was genau geht nicht? Im Übrigen gibt es die schriftlichen Urteilsgründe noch gar nicht, insofern ist es auch verfrüht zu meckern.
Das Gericht sah allerdings keinen Grund, die Strafe aus der Vorinstanz zu reduzieren. Vielmehr folgte es nun der Forderung der Staatsanwaltschaft. Dabei hätten vor allem "generalpräventive" Gesichtspunkte eine Rolle gespielt, erklärte Gerichtssprecherin Iris le Claire gegenüber LTO.

"In letzter Zeit ist es vermehrt zu fremdenfeindlichen Straftaten gekommen und der Rechtsradikalismus ist auf dem Vormarsch" erläuterte le Claire. Somit sei nach Ansicht des Gerichts auch eine Bewährungsstrafe nicht mehr angemessen gewesen. Sein Verteidiger kündigte nach dem Urteil an, dass man Revision einlegen wolle.
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/l ... ewaehrung/

Ich lese das so, als seien die gleichen generalpräventiven Gründe einerseits straferhöhend und andererseits zur Begründung der Nichtaussetzung berücksichtigt worden. Das wäre nicht zulässig. Wobei ich wie gesagt nicht ausschließen will, dass das an der missverständlichen Berichterstattung liegt. Ich halte das sogar für wahrscheinlich.
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von Swann »

[enigma] hat geschrieben: Ich lese das so, als seien die gleichen generalpräventiven Gründe einerseits straferhöhend und andererseits zur Begründung der Nichtaussetzung berücksichtigt worden. Das wäre nicht zulässig.
Wieso?
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[enigma]
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von [enigma] »

Weil die konkreten Erwägungen dann bereits verbraucht wären. Das schließt nicht aus, auch die Nichtaussetzung auf generalpräventive Gründe zu stützen. Dann braucht man aber eben andere Umstände. Oder man verwendet andere Umstände in der Strafzumessung. Sauberer dürfte es jedenfalls sein, die generalpräventiven Erwägungen strafschärfend und die ungünstige Kriminalprognose zur Begründung der Nichtaussetzung heranzuziehen.
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von Swann »

[enigma] hat geschrieben:Weil die konkreten Erwägungen dann bereits verbraucht wären. Das schließt nicht aus, auch die Nichtaussetzung auf generalpräventive Gründe zu stützen. Dann braucht man aber eben andere Umstände. Oder man verwendet andere Umstände in der Strafzumessung. Sauberer dürfte es jedenfalls sein, die generalpräventiven Erwägungen strafschärfend und die ungünstige Kriminalprognose zur Begründung der Nichtaussetzung heranzuziehen.
Hast du Belege für deine Auffassung? Strafzumessung und Aussetzungsentscheidungen sind voneinander unabhängig, du kannst ja auch die "besonderen Umstände" auf Gesichtspunkte stützen, die zuvor strafmildernd herangezogen wurden.
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von [enigma] »

So habe ich das zumindest in der Strafstation beim Schöffengericht gelernt, meine Ausbilderin achtete bei meinen Urteilen auch darauf, die Bewährungsentscheidung nicht mit Umständen aus der Strafzumessung zu begründen.

Nachdem ich jetzt im Kommentar geschaut habe, finde ich aber tatsächlich kein explizites Verbot der doppelten Verwertung. Vielleicht ging es auch darum, auf der sicheren Seite zu sein und den Verdacht, man habe sich nicht gründlich genug mit § 56 StGB auseinandergesetzt oder den Unterschied zur Strafzumessung verkannt, gar nicht erst aufkommen zu lassen.
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von Eagnai »

[enigma] hat geschrieben:So habe ich das zumindest in der Strafstation beim Schöffengericht gelernt, meine Ausbilderin achtete bei meinen Urteilen auch darauf, die Bewährungsentscheidung nicht mit Umständen aus der Strafzumessung zu begründen.
Wenn man den Ladendieb zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und dabei strafschärfend berücksichtigt, dass er 20 einschlägige Vorstrafen und drei offene Bewährungen hat, dann wird doch wohl niemand ernsthaft vertreten wollen, dass man die 20 einschlägigen Vorstrafen und drei offenen Bewährungen nicht auch für die Bewährungsentscheidung berücksichtigen könnte, weil sie "verbraucht" wären. Das wäre doch auch absurd - die Sozialprognose wird doch nicht plötzlich günstiger, nur weil ich Vorstrafen und offene Bewährungen schon bei der Strafzumessung berücksichtigt habe. Ebenso wenig kann eine ungünstige Sozialprognose dazu führen, dass sämtliche Vorstrafen bei der Strafzumessung plötzlich unberücksichtigt bleiben.

Natürlich muss man die Strafzumessung sauber von der Bewährungsentscheidung trennen und beides gesondert begründen (also nicht etwa nur nach oben verweisen), aber das heißt doch nicht, dass nicht die gleichen Tatsachen bei beiden Entscheidungen eine Rolle spielen können.
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von Ara »

Es ist ja auch keine "Strafe", dass eine Sozialprognose negativ ausfällt. Genauso wie die Bewährung keine "Ausnahme die man verdienen muss" (wie der BGH so schön formuliert) ist.

Ansonsten zeigt ja das Beispiel von Eagnai mit den Vorstrafen ganz eindrucksvoll, dass selbstverständlich hier kein Doppelverwertungsverbot greifen darf und kann.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von [enigma] »

Ihr habt Recht, hatte ich wohl falsch in Erinnerung.
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Re: Strafbarkeit des KZ-Tattoos?

Beitrag von Eagnai »

Oder vielleicht in der Erinnerung vermischt mit den "verbrauchten" vertypten Strafmildungsgründen.
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