Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Der Tatbestand der Volksverhetzung in der Spielart des Abs. 3 ist also nach Eurer Ansicht erfüllt und mit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken belegt?
Man müsste auch Abs. III im Lichte des Art. 5 GG restriktiv auslegen. Die Frage wird sein, wann eine Geeignetheit zur Störung des öffentlichen Friedens vorliegt. In Betracht kommt hier eine Einschüchterung anderer anwesender Personen. Sicher ist ein solches Tattoo bestimmt abstrakt dazu geeignet Menschen in Angst zu versetzen, obwohl selbst da bin ich mir schon unsicher. Man muss das ja irgendwie objektiv bestimmen können, Maßstab kann sicher nicht das persönliche Empfinden einzelner Personen sein. Und da hätte ich schon Probleme ob alleine das Tattoo, ohne ein weiteres Zutun des Trägers, oder Hinzukommen besonderer Umstände (bspw. ein Aufmarsch der NPD, Demonstration, Auftreten in Gruppen, Drohgebärden, etc), überhaupt geeignet sein kann den öffentlichen Frieden zu stören.
Wie bestimmt man eigentlich die Geeignetheit? Ist die indiziert, oder wird vermutet, sobald eine der Tathandlungen "billigen", "leugnen", "verharmlosen", vorliegt? Müsste man hier nicht Tatsachen vorweisen, warum genau in diesem Fall eine Geeignetheit zur Störung des öfftl. Friedens gegeben ist?
Man könnte natürlich auch schon direkt bei § 130 III ansetzen und sich die Frage stellen ob dieser überhaupt verfassungsmäßig ist. Das wird dann aber auch davon abhängen wie man im allgemeinen zur Meinungsfreiheit steht und wo man die Grenzen ziehen will (in den USA bspw ist man da ja etwas liberaler). Auch der Begriff des "öffentlichen Friedens" ist ja relativ offen und wandelbar. Es gibt sicher genug andere Meinungen die den öffentlichen Frieden stören/stören können, weswegen man aber nicht bestraft wird, es sei denn man erfüllt gleichzeitig den § 111 StGB. Dem Ehrschutz der ermordeten und noch lebenden Juden wird mit den §§ 185ff. ja auch Rechnung getragen. Da stellt sich mir gerade die Frage ob es den § 130 überhaupt braucht, oder ob man solche Meinungen nicht eher dem geistigen Meinungskampf überlassen sollte (streitbare Demokratie, etc.). Erforderlich ist er sicherlich wenn man das Rechtsgut des "öffentlichen Friedens" in solchen Fällen tatsächlich als schützenswert und beeinträchtigt ansieht. Dann müsste man aber mE im Einzelfall aber auch sehr restriktiv damit umgehen.
just my two cents:
So widerlich und verachtenswert solche Äußerungen auch sein mögen, so lange damit nicht gleichzeitig andere Straftatbestände verwirklicht werden, bspw. § 111 StGB, muss sich eine freiheitlich demokratische Gesellschaft doch nicht vor ihnen fürchten oder sie bestrafen, denn das sagt doch eigentlich auch aus, dass man Angst davor hat dass sich die Geschichte wiederholen könnte und von diesen Äußerungen eine Art Anreizwirkung ausgeht. Wenn dem wirklich so ist, muss es um unsere Gesellschaft aber sehr schlecht bestellt sein.
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet