Zumindest auf objektiver Tatseite entspricht das der gängigen BGH-Rspr., siehe hier: http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/05/4-168-05.php.spotlessmind hat geschrieben:Ja, "Als juristisches Mordmerkmal erkannte das Gericht, dass in diesem Fall die Autos als gemeingefährliche Mittel gedient hätten. Es sah im Falle der Angeklagten einen bedingten Vorsatz bei der Tat erfüllt. Wenn man über mehrere rote Ampeln auf einer Straße in einer Großstadt fahre, mit nicht einsehbaren Querstraßen, dann nehme man den Tod von anderen billigend in Kauf, hieß es in der Urteilsbegründung."Mr_Black hat geschrieben:Welches Mordmerkmal? Gemeingefährlichkeit?
Die StA hatte es wohl auch noch auf niedere Beweggründe gestützt.
Straßenrennen und Strafzumessung
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
dort ist der fahrer aber in die vollbesetzte terrasse eines cafés und über einen gehweg gefahren (und hat so dann auch tatsächlich sechs menschen erwischt)
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Es ging mir um die grundsätzliche Entscheidung, dass es nicht auf die abstrakte Gefährlichkeit des Tatwerkzeuges ankommt, sondern auf die Eignung und Wirkung in der konkreten Tatsituation. Der Rest ist dann Subsumtion.arlovski hat geschrieben:dort ist der fahrer aber in die vollbesetzte terrasse eines cafés und über einen gehweg gefahren (und hat so dann auch tatsächlich sechs menschen erwischt)
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Wenn nichts passiert wäre, wäre es dann versuchter Mord (niedrige Beweggründe)? Müsste ja eigentlich so sein. Ich weiss noch nicht so recht was ich von der Entscheidung halten soll
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Holla. In Köln Bewährungsstrafen, in Berlin - zugegebenermaßen bei erheblich höherer Geschwindigkeit und einer belebten Straße (wobei ich nicht weiß, wie belebt der damals betroffene Auenweg ist) - Mord mit gemeingefährlichen Mitteln.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Klar. Jetzt ist jemand tot, also Delikt vollendet. Wenn nichts passiert wäre, hätten die "Rennfahrer" immer noch - laut LG Berlin - den bedingten Tötungsvorsatz gehabt und auch das gemeingefährliche Mittel KfZ bleibt ja erhalten. Also würde es konsequent auf §211, 22, 23 StGB hinauslaufen.Tobias__21 hat geschrieben:Wenn nichts passiert wäre, wäre es dann versuchter Mord (niedrige Beweggründe)? Müsste ja eigentlich so sein. Ich weiss noch nicht so recht was ich von der Entscheidung halten soll
Ich befürchte nur (siehe Honigkuchenpferd) dass der BGH das tolle Urteil einfach einkassiert!
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Mal abwarten was der BGH damit macht. Ich finde es auf den ersten Blick auch etwas hart hier bedingten Vorsatz zu unterstellen und nicht von bewusster Fahrlässigkeit auszugehen. Allerdings mit 200 Sachen durch die Stadt...Das ist schon ne Hausnummer! Und diese Autorennen scheinen sich tatsächlich zu häufen. Erst gestern war auf der A5 ein ähnlicher Vorfall mit drei KfZ, die nachfolgende PKW ausgebremst haben um ihr Rennen durchziehen zu können. Aber ob eine Verurteilung wegen Mordes die gewünschte Abschreckungswirkung hervorruft? Naja, das ist ja wieder ein anderes Thema.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Nicht zu vergessen aber auch das wiederholte Überfahren roter Ampeln.StudiVader315226 hat geschrieben:Holla. In Köln Bewährungsstrafen, in Berlin - zugegebenermaßen bei erheblich höherer Geschwindigkeit und einer belebten Straße (wobei ich nicht weiß, wie belebt der damals betroffene Auenweg ist) - Mord mit gemeingefährlichen Mitteln.
Wenn man bei 150 km/h über eine innerstädtische belebte Straße rast und dabei nach Belieben über rote Ampeln brettert, dann weiß ich nicht, wie lebensfremd man sein muss, um dabei nicht mit der sehr naheliegenden Möglichkeit zu rechnen, dass jemand zu Tode kommen könnte. Dass man einem anderen Auto/Motorrad/Radfahrer/Fußgänger, der bei für ihn grün zeigender Ampel nichtsahnend den eigenen Weg kreuzt, bei der Geschwindigkeit nicht mehr ausweichen kann, drängt sich doch mehr als auf.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Ja, das ist es eben. Wenn da jemand kreuzt kann man den Zusammenprall nicht mehr verhindern und der Mensch ist zwangsläufig auch tot.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Zumal jemand, der über eine grüne Ampel fährt oder geht, in aller Regel nicht damit rechnet, dass ihm jemand - erst recht in dem irren Tempo - die Vorfahrt nimmt, und deshalb selbst ebenfalls keine Chance hat, noch irgendwie zu reagieren.
In dem Bremer "Alpi"-Fall etwa war es ja so, dass der Raser immerhin selbst grün hatte und das Opfer als Fußgänger alkoholisiert über die Straße gegangen ist. Das ist nochmal eine ganz andere Situation als hier, wo die Raser ohne jede Rücksicht auf Verluste über Rot gebrettert sind, während sich das Opfer selbst absolut verkehrskonform verhalten hat.
In dem Bremer "Alpi"-Fall etwa war es ja so, dass der Raser immerhin selbst grün hatte und das Opfer als Fußgänger alkoholisiert über die Straße gegangen ist. Das ist nochmal eine ganz andere Situation als hier, wo die Raser ohne jede Rücksicht auf Verluste über Rot gebrettert sind, während sich das Opfer selbst absolut verkehrskonform verhalten hat.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Das dürfte auch der maßgebliche Unterschied zu Rennen in Gewerbegebieten oder auf nächtlichen Autobahnen sein. Abwarten, was der BGH draus macht.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Eben. Ich habe ja bedingten Vorsatz auch befürwortet bzw. als gegeben angesehen!Eagnai hat geschrieben:Nicht zu vergessen aber auch das wiederholte Überfahren roter Ampeln.StudiVader315226 hat geschrieben:Holla. In Köln Bewährungsstrafen, in Berlin - zugegebenermaßen bei erheblich höherer Geschwindigkeit und einer belebten Straße (wobei ich nicht weiß, wie belebt der damals betroffene Auenweg ist) - Mord mit gemeingefährlichen Mitteln.
Wenn man bei 150 km/h über eine innerstädtische belebte Straße rast und dabei nach Belieben über rote Ampeln brettert, dann weiß ich nicht, wie lebensfremd man sein muss, um dabei nicht mit der sehr naheliegenden Möglichkeit zu rechnen, dass jemand zu Tode kommen könnte. Dass man einem anderen Auto/Motorrad/Radfahrer/Fußgänger, der bei für ihn grün zeigender Ampel nichtsahnend den eigenen Weg kreuzt, bei der Geschwindigkeit nicht mehr ausweichen kann, drängt sich doch mehr als auf.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Das kann man vernünftigerweise aber nicht mit diesem Inbrunst der Überzeugung machen, ohne die Akten, das Ergebnis der Hauptverhandlung und insbesondere das Persönlichkeitsgutachten über den Täter genau zu kennen. Zwingend ist das jedenfalls nicht. Dass halbstarke Vollassis sich schlichtweg keine Gedanken über die Gefahr machen, die sie für andere darstellen, halte ich jetzt auch nicht für so abwegig. Man muss sich da schon sehr sicher sein, um trotz des Zweifelsgrundsatzes wegen Mordes statt fahrlässiger Tötung zu verurteilen. Ich schließe das wie gesagt zwar nicht aus, aber ob die Beweiswürdigung korrekt war, kann doch keiner von uns seriös beantworten.StudiVader315226 hat geschrieben:
Eben. Ich habe ja bedingten Vorsatz auch befürwortet bzw. als gegeben angesehen!
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Naja, es gilt ja immer noch die freie richterliche Beweiswürdigung nach § 261 StPO, die dem Tatrichter vorbehalten ist.StudiVader315226 hat geschrieben: Ich befürchte nur (siehe Honigkuchenpferd) dass der BGH das tolle Urteil einfach einkassiert!
"Nach alledem ist es bei der Prüfung des bedingten Tötungsvorsatzes - nicht anders als sonst bei der Würdigung der Beweise - aus revisionsrechtlicher Sicht erforderlich, aber auch ausreichend, sämtliche objektiven und subjektiven, für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände des Einzelfalles in eine individuelle Gesamtschau einzubeziehen und zu bewerten" (vgl. u.a http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/12/3-140-12.php)
Bei einem gut geschriebenen Urteil hat der BGH doch dann gar keinen Spielraum mehr oder? Oder ist das rein (klausur-)theoretisches Wunschdenken und in der Praxis ist es so, dass der BGH schon was "irgendetwas findet", wenn er das Urteil aufheben möchte.
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Re: Straßenrennen und Strafzumessung
Einerseits völlig richtig - andererseits könnte man mit diesem Argument hier aber praktisch kaum noch über irgendein Urteil oder einen gerade in der Presse relevanten Fall diskutieren, bei dem es auf Tatsachenfragen ankommt, denn das bißchen (ganz richtige, teilweise richtige oder vielleicht auch mal falsche) Info, das die Presse für gewöhnlich so hergibt, kann nie auch nur ansatzweise eine echte Aktenkenntnis ersetzen.[enigma] hat geschrieben: Das kann man vernünftigerweise aber nicht mit diesem Inbrunst der Überzeugung machen, ohne die Akten, das Ergebnis der Hauptverhandlung und insbesondere das Persönlichkeitsgutachten über den Täter genau zu kennen. Zwingend ist das jedenfalls nicht. Dass halbstarke Vollassis sich schlichtweg keine Gedanken über die Gefahr machen, die sie für andere darstellen, halte ich jetzt auch nicht für so abwegig. Man muss sich da schon sehr sicher sein, um trotz des Zweifelsgrundsatzes wegen Mordes statt fahrlässiger Tötung zu verurteilen. Ich schließe das wie gesagt zwar nicht aus, aber ob die Beweiswürdigung korrekt war, kann doch keiner von uns seriös beantworten.
Die Diskussionsbasis hier können immer nur bestimmte Prämissen sein, à la "wenn sie wirklich so und so... dann würde ich es so und so sehen".