Anstiftung zur Beihilfe

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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UltimaSpes
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Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von UltimaSpes »

Hallo zusammen,

ich bin grad über folgenden Satz in einem Lehrbuch gestolpert: "Anstiftung zur Beihilfe ist Beihilfe zur Haupttat."
Aber rein vom Gesetzeswortlaut könnte man doch auch den "Anstifter zur Beihilfe" als Anstifter nach § 26 StGB sehen, oder?

Wenn A den B dazu anstiftet, dem T eine Pistole für dessen geplanten Banküberfall zu geben, dann liegt doch eine Anstiftung zur Beihilfe des A vor. Wenn man nun die Beihilfe des B nach § 27 als "vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat" ansieht, dann liegen doch auf Seiten des A die Voraussetzungen des § 26 vor.
A hat den B zur Beihilfe (--> eine "vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat" i.S.v. § 26) vorsätzlich bestimmt. Dann müsste A doch vom Wortlaut des § 26 eigentlich als Anstifter zu bestrafen sein.

Aber warum ist er dann nur als Gehilfe gemäß dem Satz aus dem Lehrbuch strafbar? Wertungsmäßig leuchtet es mir ein, nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht...
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Vortex
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Re: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von Vortex »

Die Beihilfehandlung ist aber keine "vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat" iSd. § 26 iVm. § 11 I Nr. 5 StGB.
UltimaSpes
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Re: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von UltimaSpes »

Danke. Aber dann verstehe ich nicht , warum Beihilfe nach § 27 keine rechtswidrige Tat i.S.v. § 11 I Nr. 5 darstellt.
Eine Beihilfe(handlung) verwirklicht doch den "Tatbestand eines Strafgesetzes", nämlich § 27. Oder wo steh ich auf dem Schlauch?
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Vortex
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Re: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von Vortex »

Damit kann aber nur die Haupttat gemeint sein, da die Teilnahme akzessorisch ist. Wenn Anstifter- bzw. Beihilfehandlung vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat iSd. §§ 26, 27 StGB sein könnte, hätte man gerade keine Teilnahme, sondern (Mit-)täterschaft und das ohne Tatherrschaft.
Tobias__21
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Re: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von Tobias__21 »

Ich meine mich zu erinnern, dass "Tatbestand" (eines Strafgesetzes) nur die Tatbestände aus dem Strafrecht BT meint.
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UltimaSpes
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Re: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von UltimaSpes »

Tobias__21 hat geschrieben:Ich meine mich zu erinnern, dass "Tatbestand" (eines Strafgesetzes) nur die Tatbestände aus dem Strafrecht BT meint.
Das würde mein Verständnisproblem lösen.

Aber ich glaube, das kann nicht sein, dass nur Tatbestände des BT gemeint sind. Denn dann wäre die Kettenanstiftung dogmatisch nicht möglich. Wenn A1 den A2 dazu anstiftet, T zu einem Totschlag anzustiften, dann ist es doch folgendermaßen:
A1 ist als Anstifter des A2 zu bestrafen. "Vorsätzliche begangene rechtswidrige" Haupttat wäre in Bezug auf A1 dann die Anstiftung des A2 nach § 26, der ja den T zum Totschlag anstiftet.

Also können auch §§ aus dem AT eine "vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat" nach § 26 darstellen. Im Fall der Kettenanstiftung ist es dann § 26 selber.
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Re: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von Tobias__21 »

Die Kettenanstiftung ist Anstiftung zur Haupttat und nicht eine "Anstiftung zur Anstiftung", wie man oft liest. In Deinem Beispiel wäre A1 wegen einer Anstiftung des T zum Totschlag zu bestrafen. Man könnte es vielleicht auch mittelbare(?) Anstiftung zur Haupttat des T nennen.

Vielleicht wird es so deutlicher (Ich bin nicht so gut im Erklären):

Anstiften kann man nur einen "Täter". Man braucht also immer jemanden der die Tat als eigene will und der Anstifter muss diese Tat seinerseits nicht als eigene, sondern als fremde Tat, wollen (Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme mal stark verkürzt) In Deinem Beispiel will der A1 eine Tat des T und nicht des A2. Der A2 will auch keine eigene Tat, sonder auch "nur" eine Tat des T. A1 und A2 haben auch objektiv gesehen überhaupt keine Tatherrschaft, die liegt alleine bei T. Es kann also auch nur T als "Täter" angestiftet werden und nicht A2. A1 stiftet den T quasi über A2 an. Das passt ja auch alles, den Tatentschluss muss der A1 ja nicht höchstpersönlich bei T hervorrufen, das tut er über A2.
Zuletzt geändert von Tobias__21 am Dienstag 19. Juli 2016, 22:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von Vortex »

Ja, Kettenanstiftung ist mittelbare Anstiftung zur Haupttat (Wessels/Beulke, AT, Rn. 570). Für den Versuch ja sogar ausdrücklich in § 30 I 1, 2. Alt. StGB geregelt.

Auf jeden Fall muss man aufhören, Teilnahmehandlungen unter "vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat" iSd. §§ 26, 27 StGB subsumieren zu wollen, weil das Quatsch ist.
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Re: AW: Anstiftung zur Beihilfe

Beitrag von thh »

Tobias__21 hat geschrieben:Ich meine mich zu erinnern, dass "Tatbestand" (eines Strafgesetzes) nur die Tatbestände aus dem Strafrecht BT meint.
Bei der Formulierung sollte man das - zahlenmäßig überwiegende - Nebenstrafrecht nicht vergessen ...
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