Hatte heute in einer Probeklausur folgendes Problem:
A begeht im Vollrausch eine KV, für die er wegen Schuldunfähigkeit nicht verurteilt werden kann. Das BAK-Gutachten ergibt 3,3 Promille, aus dem Protokoll lassen sich schwerwiegende Ausfallerscheinungen entnehmen. Die Blutprobe wurde aber ohne Einwilligung und richterliche Anordnung sowie willkürlich entnommen. Ist das Blutalkoholgutachten verwertbar?
Hier hat man ja das Problem, dass die Verwertung hinsichtlich der Schuldunfähigkeit erstmal nur zugunsten des Angeklagten wirkt und deshalb keinem Verwertungsverbot unterliegt. Hinsichtlich § 323a würde die Verwertung aber zu seinen Lasten wirken. Ich hatte nur noch ein paar Minuten Zeit und habe argumentiert, es gebe keine "relativen Beweisverwertungsverbote", dh ein Beweismittel ist entweder verwertbar oder nicht, das Gericht stützt sein Urteil auf den gesamten Stoff, der zulässigerweise Gegenstand des Verfahrens wurde. Also gibt es nur die Alternativen Verwertungsverbot ja/nein, und zwar für das ganze Verfahren. Hier profitiert der Angeklagte von der Verwertung und der Verurteilung wegen Vollrausch (statt KV), da die Strafe "nicht höher sein darf als die Strafe für die Rauschtat", dh. sie kann geringer sein, oder?
Bin mir im Nachhinein aber nicht sicher, ob das richtig oder zumindest vertretbar ist. Kann das Gericht im gleichen Verfahren und bezüglich des gleichen Beweismittels ein Verwertungsverbot bei einem Delikt annehmen und beim anderen nicht? Letztendlich hängt das doch davon ab, ob man sämtliche möglichen Delikte isoliert voneinander betrachtet oder darauf abstellt, ob der Angeklagte hinsichtlich des ganzen Strafverfahrens von der Verwertung profitiert oder nicht. Dogmatisch sauberer dürfte wohl Ersteres sein?
Verwertungsverbot § 323a
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Verwertungsverbot § 323a
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Re: Verwertungsverbot § 323a
Die volle Schuldunfähigkeit darf bei 323a ja nur nicht ausgeschlossen sein, feststehen muss sie, wenn ich mich recht entsinne, nicht (evtl. feststehen muss aber die verminderte Schuldfähigkeit, meine das ist nicht höchstrichterlich entschieden).
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Re: Verwertungsverbot § 323a
Hmm interessantes Problem. Würde grundsätzlich auch sagen, die Verwertung bezieht sich immer auf das "Beweismittel als Ganzes", finde dazu aber auch nichts im Kommentar - zumindest nicht auf den ersten Blick.
Schreib doch mal, wie das die Lösungsskizze sieht, sobald du die bekommst...
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Re: Verwertungsverbot § 323a
Ich glaube man sollte bei der Konstellation auf die Frage der Wahlfeststellung zwischen KV und 323a kommen, oder?
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Re: Verwertungsverbot § 323a
Nein, die Frage der Verwertbarkeit war eine separate Zusatzfrage, das materielle Gutachten sollte die Verwertbarkeit nicht thematisieren, da stand die Schuldunfähigkeit fest.
Danke, das macht Sinn. Spielte in der klausur allerdings keine Rolle, da es eine auf die Verwertbarkeit beschränkte Aufgabe war.Kroate hat geschrieben:Die volle Schuldunfähigkeit darf bei 323a ja nur nicht ausgeschlossen sein, feststehen muss sie, wenn ich mich recht entsinne, nicht (evtl. feststehen muss aber die verminderte Schuldfähigkeit, meine das ist nicht höchstrichterlich entschieden).
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