Zwei Fragen zum Anklagesatz

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Ara
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Zwei Fragen zum Anklagesatz

Beitrag von Ara »

Moin,

ich beschäftige mich nun seit einigen Tagen vertieft mit dem konkreten und abstrakten Anklagesatz (Hamburg) und stoße auf viele Probleme, die in keiner meiner Bücher hier irgendwie auch nur im Ansatz behandelt werden... Ich dachte ich stell sie hier mal und vielleicht mag jemand mich erhellen.

1. Beihilfe im konkreten: Wenn ich einen Täter und einen Teilnehmer habe, dann führe ich sie im abstrakten Anklage ja getrennt auf. Zum Beispiel

"I. die Beschuldigte zu 1. durch zwei selbstständige Handlungen

1-2. einem anderen vorsätzlich zu seiner vorsätzlich begangenen Tat, nämlich zu einem Diebstahl, Hilfe geleistet zu haben

II. der Beschuldigte zu 2. durch drei selbstständige Handlungen blabla"

Ist es richtig, dass im Konkretum dann nur die Fälle 1-3 auftauchen und in den 2 Fällen, wo Beihilfe geleistet wurde, die Hilfeleistung mitbeschrieben wird? Oder muss ich 5 Handlungen im Konkreten beschreiben?

2. Mehrere gleiche Delikte in Handlungseinheit : Zum Beispiel ein Betrug in 10 Fällen

"1-10. in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt zu haben, dass er durch Vorspiegelung von falschen Tatsachen einen Irrtum erregte, wobei er die Tat in 4 Fällen (Fälle bla, bla und bla) nur versuchte."

Was mach ich nun aber, wenn durch eine Handlung mehrere Betrugstaten verübt wurden? Es bleibt ja eine Handlung und es wird auch nur einmal als Betrug bestraft. Daher hab ich zuerst gedacht, dass ich es einfach ignoriere... Nun hab ich aber zum Beispiel den Fall, dass jemand durch eine Handlung zwar zwei Leute täuscht, aber nur einer der Getäuschten daraufhin eine Vermögensverfügung tätigt. Das heißt ich habe in Handlungseinheit einen vollendeten und einen versuchten Betrug... Mach ich das im abstrakten Anklagesatz kenntlich? Lass ich den versuchten Betrug einfach unter den Tisch fallen, weil aus dem vollendeten Betrug bestraft wird?

Vielen Dank,
Ara
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Kezzlerinho
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Re: Zwei Fragen zum Anklagesatz

Beitrag von Kezzlerinho »

Moin - ich versuche mal zu helfen.
Kann aber nur das wiedergeben, was meines Wissens in Berlin üblich oder zumindest anerkannt ist....

Zur ersten Frage:

Ich würde, wenn Tathandlung und Beihilfehandlung am einfachsten zusammen beschrieben werden können, diese zusammen im konkreten Anklagesatz aufführen. Das dürfte wohl der Regelfall sein.
Nur die Zuordnung zwischen abstraktem und konkretem Anklagesatz muss dann eben klar sein. Möglich ist es z.B. Fälle zu bilden.
Also:

"I) Der Beschuldigte A durch 2 selbstständige Handlungen (Fall 1. und 2.)

1) Sache weggenommen zu haben (Fall 1.)

2) einen anderen körperlich misshandelt zu haben (Fall 2.)

II) Der Beschuldigte B

einem anderen zu seiner vs rw Tat, nämlich einen Diebstahl, Hilfe geleistet zu haben (Fall 1.)"

Im Konkreten dann nach Fall 1. und Fall 2. aufteilen.

Sonst kann man im konkreten Anklagesatz auch anders Überschriften bilden - etwa "Zu I) 1) und II) 1):" Hauptsache die Zuordnung ist klar.

Zur zweiten Frage:

Meines Erachtens nach muss man eine gleichartige Tateinheit schon deutlich machen im abstrakten und auch konkreten Anklagesatz. Macht ja allein schon für die Strafzumessung ieS nen Unterschied, ob man durch dieselbe Handlung ein Opfer schädigt oder gleich mehrere.

Das kann man entweder deutlich machen durch Pluralbildung bei den Tatopfern/Tatobjekten - "tateinheitlich 4 andere Personen körperlich misshandelt zu haben". Sonst ist es auch möglich folgendermaßen einzuleiten:
"tateinheitlich in 2 rechtlich zusammentreffenden Fällen einen andere Person..." oder "in 2 tateinheitlich begangenen Fällen eine andere Person...,wobei er in einem Fall die Tat nur versuchte."

Hoffe, das bringt ein bisschen Klärung. Aber wie gesagt - jedes Bundesland oder auch schon jeder AG-Leiter/Ausbilder macht das ein wenig anders. Das oben sind zumindest alles Formulierungen, die ich irgendwann mal aus Lösungsskizzen entnommen habe.
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Ara
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Re: Zwei Fragen zum Anklagesatz

Beitrag von Ara »

Dank dir für deine Antwort.

Das Problem bei der zweiten Frage ist natürlich, dass ich dann nicht mehr wirklich zusammenfassen kann.

Ich hab hier z.B. 10 Handlungseinheiten und wenn wir sagen in Handlungseinheit 1-8 wird nur einer getäuscht, in Handlungseinheit 9 werden zwei getäuscht und in Handlungseinheit 10 werden drei getäuscht.

Krieg ich das ja nie verständlich zusammengefasst. Ich kann ja wohl eher nicht am Ende anfügen "in Fall 9 rechtlich zusammentreffend in zwei Fällen und in Fall 10 rechtlich zusammentreffen in drei Fällen" oder?

Danke,
Ara
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