Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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tatütata
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von tatütata »

Tibor hat geschrieben:Mittäterschaft beider Fahrzeugführer?
Dass man sich eventuell derart untereinader beeinflussen kann, kann weniger im Sinne von Mittäterschaft konkret geplant, vorsätzlich behherscht sein. Wie sollte hier denn konkret schon ein entsprechender Tatplan gefasst sein: "Wenn du mit 170 rechts am Seitenstreifen entlang fährst, fahre ich mit 170 kurz hinter Dir schräg links, so dass Du nicht mehr bremsen oder ausweichen kannst, oder ich Dich jedenfalls in ein kreuzendes Auto hineinschiebe"?
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Tibor
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Tibor »

Die beiden Raser aus dem Kudamm-Fall wurden verurteilt. Nur einer hat das Opfer tatsächlich verunfallen lassen. Was soll das sonst sein als Mittäterschaft bei dem Raser, der den Jeep tatsächlich nicht umgestoßen hat?
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tomcat86
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von tomcat86 »

hallo nochmal der Laie hier.

Das macht alles soweit sinn was ihr gesagt habt, danke.

eine frage habe ich aber noch, warum der zweite fahrer auch wegen mordes zu lebenslanger freiheitsstrafe verurteilt wurde, und ob man hier eher mit bgh eingreifen rechnen sollte
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[enigma]
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von [enigma] »

Weil der zweite Fahrer Mittäter war, weshalb ihm die Tötung zugerechnet wird. Und nein, das dürfte den BGH von allen möglichen Dingen am wenigsten stören.
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Flaschengeist
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Flaschengeist »

Moin!

Die Volltextveröffentlichung ist jetzt ja da (zwar nur auf einem Verkehrsrechtsblog aber ich hoffe mal, dass das trotzdem das richtige ist). Ich habe da mal reingelesen und bin nicht überzeugt. Mir gehts tatsächlich zunächst nur um die o.g. Mittäterschaft.

Das LG hat festgestellt, dass bei den Angeklagten ein gemeinschaftlich gehandelt haben ("So liegt der Fall hier. Die Angeklagten haben sich am Tattag auf die Durchführung eines spontanen Autorennens geeinigt.").

Später heißt es dann:
"Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass ein Kräftemessen mittels eines Autorennens / Stechens naturgemäß ein von einer gemeinsamen Tatherrschaft getragenes Verhalten darstellt. Die Teilnehmer finden sich geplant, spontan oder sukzessive zusammen, um ihr fahrerisches Können und die Potenz ihrer Fahrzeuge auf einer gewissen Fahrstrecke zu vergleichen und den Wettkampf als Sieger zu beenden. Dabei gehen sie zusammen Risiken ein, bestimmen zusammen den Fahrablauf und setzen zusammen die Gefahrenquellen für ihre Umwelt, die im innerstädtischen Bereich eine ganz andere Qualität erreichen als zum Beispiel auf einer genehmigten Rennstrecke oder einer einsamen Landstraße."

wenn man schulbuchmäßig prüft:

Kollidierender Angeklagter (A 1): Strafbarkeit wegen § 211 StGB
I)Tod eines anderen Menschen (+)
II) Mordmerkmale (+)
III) Vorsatz
..... a) A 1 schweigt
..... b) Aber Eventualvorsatz kann aufgrund der objektiven Tatumstände nachgewiesen werden (Fahrverhalten, rote Ampeln, Geschwindigkeit, Nachtatverhalten etc. sehe ich kritisch, aber nehme ich jetzt erstmal hin)
Folge: 211 (+)

Nicht kollidierender Angeklagter (A 2), wegen § 211
I) Tot eines Anderen (+)
II) Handlung
..... a) selbst handelnd (-)
..... b) Zurechnung nach 25 II. Voraussetzung: gem. Tatplan und Tatbeitrag zur Tötung eines anderen Menschen mit Auto

.......... aa) gemeinsamer Tatplan:

............... (1) Im Moment des Losfahrens:
............... der Plan braucht ja nicht ausdrücklich geschlossen zu sein. Daher ist es egal, dass die Täter ggf. durch Gestiken die Fahrstrecke bestimmt haben.

............... Aber: in dem Moment, wo sie die Fahrtstrecke bestimmt haben, sind A 1 und A 2 nicht davon ausgegangen, dass jemand geschädigt wird. Sie haben sich nur zu einem Stechen verabredet.
............... Das Stechen unterfällt nur dann dem StGB, wenn ein Schaden eingetreten ist. Sonst ist es ja eine OWi nach § 29 OWiG.

............... Folge: Im Moment des Losfahrens liegt nur 29 OWiG vor. Das ist eine gänzlich andere Tat. Hier liegt noch kein gemeinsamer Tatplan vor.
............... Deswegen wäre es nur ein Mittäterexzess, der nicht zugerechnet wird.

............... (2) Dann kann der Tatplan während des Fahrens geschlossen worden sein
............... Problem: Nachweis:
............... - A 2 schweigt
............... - Es ist möglich den Plan konkludent zu schließen.
............... - Zum Umfang des Tatplans im Fischer:

"Mittäter müssen daher über Art und Umfang der geplanten Tat sowie die jeweiligen Tatbeiträge im Wesentlichen unterrichtet sein.
Erforderlich ist keine Kenntnis der fremden Handlungen in ihren Einzelheiten. Die bloße Kenntnis eines fremden Vorhabens, die
bloße Kenntnis seiner Möglichkeit oder (...) genügt aber nicht. "


............... - Aber: wie soll A 2 wissen, dass A 1 es in Kauf genommen hat, jemanden zu töten? Die Möglichkeit reicht ja nicht.
............... - Ohne Zeugen, ohne Einlassung ist m. E. nicht ohne Weiteres nachweisbar, dass A 2 die Kenntnis der Tötung hatte und dementsprechend einen daraufgerichteten Tatbeitrag geleistet hat.

............... - Somit komme ich eigentlich zu dem Ergebnis, dass bei der Würdigung der Beweismittel der gemeinsame Tatplan nicht nachweisbar ist.

Es kommt dann allerdings in Betracht, dass A 2 als Nebentäter handelt, also als Alleintäter handelt -> §§ 211, 22, 23 und 315c verwirklicht.

Wie seht ihr das??
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Ara
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Ara »

Sehe jetzt nicht das Problem des gemeinsamen Tatplans. Die sind beide gemeinsam mit 170 km/h über rote Ampeln gefahren, um ihr Rennen umzusetzen? Wo sieht du da ein Problem, dass beide gegenseitig auch wussten, dass der jeweils andere billigend den Tod anderer Menschen in kauf nehmen?

"Mit einem noch leichten Vorsprung von wenigen Metern und einer Geschwindigkeit von 139 bis
149 km/h fuhr der Angeklagte Nxxxx bei Rot in den Kreuzungsbereich Tauentzienstraße /
Nürnberger Straße ein.

Auch der Angeklagte Hxxxx fuhr bei Rot in den Kreuzungsbereich ein,
wobei dieser aufgrund des vollständig durchgetretenen Gaspedals zwischenzeitlich eine
Geschwindigkeit von mindestens 160 bis 170 km/h erreicht hatte.

Spätestens jetzt war beiden Angeklagten bewusst, dass ein die Nürnberger Straße befahrender,
bei grüner Ampelphase berechtigt in die Kreuzung einfahrender Fahrzeugführer und etwaige
Mitinsassen bei einer Kollision mit den von ihnen gelenkten Pkw nicht nur verletzt, sondern
aufgrund der von ihnen im Rahmen des vereinbarten Rennens gefahrenen sehr hohen Geschwindigkeiten mit großer Wahrscheinlichkeit zu Tode kommen würden. "
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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tatütata
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von tatütata »

Es kann schwierig sein, festzustellen, dass sich beide Raser durch Zwang usw. planmäßig gegenseitig unfallursächlich beeinflusst haben.
Es liegt zudem kaum planmäßig beherrschter Irrtum oder Täuschung vor etc.
Denkbar kann besonders nur sein, dass die Raser sich, als Form von unfallursächlichen Tatbeiträgen, planmäßig wechselseitig animiert haben o.ä.
Ein Animieren als Tatbeitrag kann eher nur jeder Raser für sich selbst tatherrschaftlich beherscht haben. Das Animiertsein eines anderen als möglich ursächlich erforderlicherer "Erfolgsbestandteil" eines Tatbeitrages kann dagegen nur zweifelhaft planmäßig tatbeherrscht sein.
Mittäterschaftliche planmäßige Tatbeherrschung kann damit noch zweifelhaft scheinen.
Wenn keine Mittäterschaft vorliegt, kann im Zweifel zu Gunsten des jeweils beschuldigt Beteiligten die Möglichkeit eines nicht vorsätzlich tatbeherrschten dazwischentretenden Drittverhaltens bleiben.
Damit kann selbst eine Vorsatztat des unmittelbar unfallbeteiligten Rasers fraglich bleiben.
Vorsatz kann zudem noch von der Unfallwahrscheinlichkeit als nicht zwingend scheinen etc.
Es bleibt die Möglichkeit, dass an einzelnen Kreuzungen und damit den Kreuzungen zusammen die Wahrscheinlichkeit einer nicht tödlichen Kollision größer als die Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Kollision war. Damit kann eine tödliche Kollison aus Rasersicht Im Zweifel eventuell noch eher vermeidbar geschienen haben.
Das kann u.a. mit von den erkennbaren konkreten Zeiträumen abhängen, während derer sich die Raser in einem mehr unvermeidbar tödlichen Kollisionsfeld in den Kreuzungsbereichen befanden und von den erkennbaren Zeiträumen, für die sich in den jeweiligen Kreuzungsbereichen wahrscheinlich ein Anderer im mehr unvermeidbar tödlichen Kollisionsfeld befunden haben kann.
Das Ganze kann eventuell teils eher als str. M.M. scheinen. :-#
Flaschengeist
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Flaschengeist »

Ara hat geschrieben:Wo sieht du da ein Problem, dass beide gegenseitig auch wussten, dass der jeweils andere billigend den Tod anderer Menschen in kauf nehmen?
genau da. und zwar so, wie du es formuliert hast. "der jeweils andere" hat den Tod anderer in Kauf genommen.

das heißt, jeder von beiden hatte den Plan/den Eventualvorsatz, einen Menschen zu töten.

Wenn aber jeder selbst einen EIGENEN Plan verfolgt, dass liegt doch kein Fall von Mittäterschaft vor, sondern Nebentäterschaft.

Ich meine, es liegt doch viel näher, dass
- wenn beide rote Ampeln überfahren haben
- wenn beide mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren sind und
- wenn beide um die Ecke gerast sind, wie verrückte,

dass beide auch davon ausgegangen sind, dass jemand zu Tode kommen könnte und sich damit abgefunden haben. Damit hatten doch beide einen eigenen Plan.
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Ara
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Ara »

Flaschengeist hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Wo sieht du da ein Problem, dass beide gegenseitig auch wussten, dass der jeweils andere billigend den Tod anderer Menschen in kauf nehmen?
genau da. und zwar so, wie du es formuliert hast. "der jeweils andere" hat den Tod anderer in Kauf genommen.

das heißt, jeder von beiden hatte den Plan/den Eventualvorsatz, einen Menschen zu töten.

Wenn aber jeder selbst einen EIGENEN Plan verfolgt, dass liegt doch kein Fall von Mittäterschaft vor, sondern Nebentäterschaft.

Ich meine, es liegt doch viel näher, dass
- wenn beide rote Ampeln überfahren haben
- wenn beide mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gefahren sind und
- wenn beide um die Ecke gerast sind, wie verrückte,

dass beide auch davon ausgegangen sind, dass jemand zu Tode kommen könnte und sich damit abgefunden haben. Damit hatten doch beide einen eigenen Plan.
Aber zum Plan gehört doch auch, dass der andere jemanden töten kann?

Wenn zwei Leute sich dazu verabreden mit ner Maschinenpistole jeweils in die Menschenmenge zu schießen und bei einem funktioniert die Waffe nicht, dann hast du ein Problem damit Mittäterschaft anzunehmen? Aber wenn sie von Anfang an nur eine Waffe haben und er sagt "ich schau dir zu" dann möchtest du Mittäterschaft annehmen? Erscheint mir nicht konsequent.

Das Urteil mag an vielen Stellen problematisch sein und noch den BGH beschäftigen, aber bei der Mittäterschaft hab ich ehrlich gesagt wenig Schwierigkeiten.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Flaschengeist »

ich gebe dir recht, in deinen zweiten Beispiel wäre unproblematisch Mittäterschaft gegeben. Aber im ersten fall, würde ich wieder es anders sehen.

Vielleicht so: Mittäterschaft ist dann notwendig, wenn nicht jeder den Tatbestand verwirklicht. Bsp.: A und B treffen sich zum Autofahren. Beide haben keine Fahrerlaubnis (=OWi). Mehr verabreden sie nicht, auch nicht zu schnell fahren. Bisher haben beide nur den 21 StVG verwirklicht. Dann halten beide an und beschließen, einen Raub zu begehen. Opfer soll O sein. A schlägt O und B nimmt ihm Geld weg = 249, 25 II

Gegenbeispiel: A und B treffen sich wieder zum Fahren ohne Fahrerlaubnis (= 21 StGV). sie treffen auf eine Gruppe vom Menschen. A schlägt den X UND nimmt X Geld weg. B schlägt den Y UND nimmt Y sein Handy weg. Dann bräuchte man doch nicht die Konstruktion der Mittäterschaft, da jeder der beiden den 249 selbst erfüllt hat. (Ich klammere jetzt mal 250 aus).

wenn also jeder selbst Täter ist, braucht man die Mittäterschaft nicht. Sie ist einfach überflüssig, weil jeder Täter den Tatbestand selbst verwirklicht hat.

Und jetzt folgende Abwandlung: A und B treffen sich wieder. Verabredet ist wieder nur FoFE. A schlägt X und nimmt ihm Geld weg. B schlägt Y, schafft es aber diesmal nicht, ihm sein Handy wegzunehmen.

In der HV schweigen beide. Strafbarkeit?

Nach meiner Auffassung läge vor:
A = 249 bzgl. X
B = versuchter 249 bzgl. Y

B könnte nicht die vollendete Handlung des A zugerechnet werden. Wenn beide schweigen, dann weiß man nicht, ob ein gemeinsamer Plan vorliegt. Für B bleibt aber immer noch der versuchte Raub an Y

Wie siehst du das?
Theopa
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Theopa »

Falls dies an anderer Stelle im Forum diskutiert wird bitte ich um Entschuldigung und einen Link:

Müsste das LG Berlin nach diesem Urteil bei einem ähnlichen Rennen nicht auch wegen versuchten Mordes (je nach Rennsituation auch einmal in dutzenden Fällen) verurteilen, wenn niemand zu Tode kommt?

Sogar ein klassische Beinaheunfall würde für das unmittelbare Ansetzen dann doch wohl genügen: Nehmen wir die Situation aus dem Urteil, nur fährt nun eine Person über die Straße, sieht die Raser und schafft es nur durch extremes Glück gerade so noch auszuweichen, sonst hätte sie den Unfall realistisch gesehen nicht überleben können. Das potentielle Opfer wäre räumlich/zeitlich unmittelbar an Leib und Leben gefährdet und die Täter hätten die Schwelle zum "Jetzt geht's los" jedenfalls spätestens beim Beschleunigen hin zu dieser Kreuzung überwunden. Der Tatentschluss wäre, wenn man dem Urteil folgt, ebenfalls gegeben.
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Ingerenz »

Theopa hat geschrieben:Falls dies an anderer Stelle im Forum diskutiert wird bitte ich um Entschuldigung und einen Link:

Müsste das LG Berlin nach diesem Urteil bei einem ähnlichen Rennen nicht auch wegen versuchten Mordes (je nach Rennsituation auch einmal in dutzenden Fällen) verurteilen, wenn niemand zu Tode kommt?

Sogar ein klassische Beinaheunfall würde für das unmittelbare Ansetzen dann doch wohl genügen: Nehmen wir die Situation aus dem Urteil, nur fährt nun eine Person über die Straße, sieht die Raser und schafft es nur durch extremes Glück gerade so noch auszuweichen, sonst hätte sie den Unfall realistisch gesehen nicht überleben können. Das potentielle Opfer wäre räumlich/zeitlich unmittelbar an Leib und Leben gefährdet und die Täter hätten die Schwelle zum "Jetzt geht's los" jedenfalls spätestens beim Beschleunigen hin zu dieser Kreuzung überwunden. Der Tatentschluss wäre, wenn man dem Urteil folgt, ebenfalls gegeben.
Ja, das wäre dann versuchter Mord. Auch ohne Beinaheunfall.
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Re: Berliner Raser Urteil, Laienfrage

Beitrag von Tibor »

Und genau hier setzt ja die rechtspolitische Kritik an der Ausdehnung des Vorsatzes an, wenn jedes Rennen in der Innenstadt auf einmal versuchter Mord sein soll, obgleich der Gesetzgeber das bisher nur als OWi gesehen hat.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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