Notwehrlage, Rechtswidrigkeit, ETBI

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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justicia22
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Notwehrlage, Rechtswidrigkeit, ETBI

Beitrag von justicia22 »

Hallo ich habe mal eine Frage zu folgender Konstellation wegen der Notwehr und ETBI
Nehmen wir mal an A hat jemand erschreckt indem er auf ihn losrennt und es so aussieht als wolle er ihn mit einem Baseballschläger schlagen, B jedenfalls denkt A will ihn töten. Daraufhin fängt er an A mit Fäusten zu schlagen und ist diesem dann auch überlegen. Deswegen schlägt A mit dem Baseballschläger zu.

B soll nicht geprüft werden.

Wie ist das dann in der Notwehr ich bin da bis zur Prüfung der Rechtswidrigkeit gekommen. Wie löse ich das Problem des Irrtums. Bringe ich den ETBI dort rein? Und müssen die Schuldtheorien dann auch in der Rechtswidrigkeit der Notwehrlage kommen, oder dann erst in der Schuld?
JPivonka
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Re: Notwehrlage, Rechtswidrigkeit, ETBI

Beitrag von JPivonka »

Wenn es nur um die Prüfung von A geht, dann ist doch ein ETBI gar nicht relevant, denn A unterliegt hier doch keiner irrtümlich Annahme eines Rechtfertigungsgrundes? A ist auf den B losgerannt mit dem Baseball-Schläger (um ihn zu erschrecken), was B aber nicht wusste (der dachte es wäre ein Angriff); B verteidigt sich und daraufhin schlägt A zu. --> das ist schon ziemlich ferch vom A, ich denke es geht hier eher um die Frage, ob der A gerechtfertigt ist bei dieser Art von Notwehrprovokation. Er hat ja durch sein Verhalten geradezu die Reaktion des B hervorgerufen (provoziert) und ihn dann mit einem Baseball-Schläger zugeschlagen. Einem Irrtum unterliegt A dabei nicht und der Irrtum des B ist für die Prüfung des A nur insofern relevant, als dass er zeigt, sich tatsächlich von A bedroht gefühlt zu haben und dadurch in (wenn auch nur gedachter) Notwehr handelt. Bei der prüfung von A geht es aber nicht um diese Notwehr des B, sondern die "Notwehr" des A, der den B mit dem Baseball-Schläger niederstreckt.
Bei der Notwehrprovokation unterscheidet man zwischen absichtlicher und nicht absichtlicher Notwehrprovkation. In deinem Beispiel heißt es, dass der A den B lediglich erschrecken wollte, d.h. es kam ihm nicht darauf an, eine Notwehrreaktion des B hervorzurifen, der er dann seinerseits wiederum mit Gewalt begegnen kann. Vielmehr handelt es sich hier um die sonst pflichtwidrige Herbeiführung des (Gegen)Angriffs von B (Faustschläge), die beim A zu einer Rechtfertigungslage führt.
Man würde in einem solchen Fall das Notwehrrecht des A im Rahmen der Gebotenheit einschränken, d.h. er dürfe sich nicht direkt mit dem Baeballschläger wehren, da er ja letztendlich für die Situation verantwortlich ist. Da gibt es dann das 3-Stufenmodell, nach dem er zunächst ausweichen müsste, wenn das nichts hilft Schutzwehr üben und erst als letzte MIttel Trutzwehr üben darf (durch Gegenangriff mit Baseballschläger) Das ist aber nur das ultima ratio; in deinem Beispiel hätte A dies missachtet und wäre somit nicht gerechfertigt.
Eine andere Ansicht meint, dass das Notwehrrecht des A hier voll erhalten bleibt, was aber rechtsmissbräuchlich wäre und auch dem Zweck von § 32 StGB, dem Rechtsbewährungsinteresse zuwiderlaufen würde.
Wieder andere kommen zu einer Strafbarkeit aus der sog. actio illicita in causa. Die stellt ähnlich der actio libera in causa darauf ab, dass die Notwehrlage im konkreten Fall (in causa) nicht bestand, sodass die Handlung rechtswidrig (illicita) war, dass A hier also (trotz der im Zeitpunkt der Faustschläge von B besehenden Notwehrlage) nicht gerechtfertigt ist, weil er die Notwendigkeit dieser Handlung des B und damit den letztendlichen Erfolg (Verteidigung gegen B mit Baseballschläger) durch sein vorangegangenes Verhalten zurechenbar herbeigeführt hat (durch das Erschreckenwollen). Diese actio illicita in causa sei "die Anwendung des allgemeinen Prinzips, dass die RWK für jede den Erfolg verursachende Handlung gesondert zu beurteilen ist" (Frister, AT, 14.Kapitel Rn.6). Die Strafbarkeit des A würde also an die pflichtwidrige Herbeiführung der Rechtfertigungslage angeknüpft; er wäre somit strafbar trotz wirksamer Rechtfertigung. Das wird aber heftig kritisiert, da die Strafbarkeit hier nicht an das eigentliche Verletzungsverhalten anknüpft (Verstoß gegen Art.103 GG Gesetzlichkeitsprinzip, sowie § 2 I StGB)
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Tibor
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Re: Notwehrlage, Rechtswidrigkeit, ETBI

Beitrag von Tibor »

:kha
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