Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Flaschengeist
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Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von Flaschengeist »

Moin zusammen!

Ich hänge ein bisschen im Prüfungsaufbau fest. Folgender Fall:

Täter T chattet mit dem Suizidgefährdeten S lange Zeit. S will sterben. T will S von dem Gedanken abbringen und fährt deswegen zu S.

An der Adresse trifft T den Vater V des S. Der V erzählt T, der S sei unheilbar krank und kann sich einen Suizid gut vorstellen. Er sei Chemiker und kann ein Gift mischen, dass den S töten wird und keine Rückstände hinterlässt. Jetzt willigt T ein.

Der V gibt dem T ein Foto. Auf dem Foto ist aber Opfer O abgebildet (T kennt keinen von beiden).

Wie vereinbart geht T in das Haus des O und hält im das in Gift getränkte Tuch ins Gesicht und tötet O.


Die Probleme im Fall sind mir klar: 216, error in persona, mittelbare Täterschaft, Mordmerkmale. Jetzt ist das doch so: 216 muss man vor 211, 212 prüfen. Also:

Hinreichender Tatverdacht des T wegen 216:
1.) Tötung eines anderen Menschen (+), insb. keine Selbsttötung, weil Tatherrschaft.
2.) Ausdrückliches Verlangen (-), denn O wollte garnicht getötet werden.
3.) Jetzt komme ich nicht mehr weiter: Prüfe ich einen Irrtum? Und welcher wäre das? 16 II? Irgendwie schreit ja alles nach 211 & Heimtücke. Prüfte ich den dann auch im Anschluss?
Mimis
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Re: Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von Mimis »

Die Prüfung des § 16 II StGB macht bei § 216 wenig Sinn. Das gehört vielmehr zu § 211. Deswegen würde ich auch bei § 211 beginnen. Nachdem du da dann wegen § 16 II nicht zur Vorsatz Bestrafung kommen kannst, würde ich anschließend den § 216 prüfen, dessen Voraussetzungen nach der Fehlvorstellung des Täters ja vorliegen.
Praxiskommentar
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Re: Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von Praxiskommentar »

So wie der SV geschildert wird, tötet der T den S aber auch nicht nach seiner Vorstellung auf Verlangen des S.

Abgesehen davon würde ich auch mit §§ 211, 212 beginnen, nicht mit § 216.
Flaschengeist
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Re: Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von Flaschengeist »

mh, ich habe etwas Probleme mit dem 211 StGB zu beginnen.
Im Fischer steht: "216 enthält nach Ansicht der Rspr. einen gegenüber 212, 211 eigenständigen Tatbestand. Nach Ansicht der Rspr. ist daher die Anwendung des 211 noch bei Vorliegen von Mordmerkmalen ausgeschlossen." Das klingt danach, dass 216 StGB vor 211, 212 zu prüfen ist.

Aber was haltet ihr davon:
T bzgl. O:
I) 216 (-), kein Verlangen des O
II) 211 (-), Tötung zwar ja, denn es liegt ein error in personae vor, der unschädlich ist. Mordmerkmal der Heimtücke ansprechen. Arglosigkeit + Wehrlosigkeit (+), aber wohl keine feindlichen Willensrichtung, da T von einer Mitleidstötung ausgegangen ist. (Zu 16 II kommt man ja dann schon nicht mehr)
III) 212. Objektiver TB (+), Vorsatz prüfen, Hemmschwellentheorie ansprechen (+). Aber: 16 II. Folge: Bestrafung nur aus 216
IV) 222 (-), Tötung mit Vorsatz

V wäre dann Mord in mittelbarer Täterschaft kraft überlegenen Wissens.


In wieweit der T auch S auf Verlangen des S töten wollte, kann ich auch nicht mehr genau sagen. War ein Klausurfall, der mir nacherzählt wurde. Daher habe ich von den Feinheiten leider keine Kenntnis. Aber ich stimme dir zu, man könnte schon das Verlangen hinterfragen.
Mimis
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Re: Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von Mimis »

Ob man die feindselige Willensrichtung annimmt, oder verneint, wird entscheidend von den Angaben im SV abhängen. Das ist hier vllt. etwas dünn. Fischer, Rn. 48 hat es aber relativ gut erklärt.

Die Hemmschwellentheorie an sich gibt es übrigens nicht (mehr).

Auch würde ich von § 222 die Finger lassen, wenn du davor schon Vorsatz bejaht hast.
Flaschengeist
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Re: Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von Flaschengeist »

Die Hemmschwellentheorie an sich gibt es übrigens nicht (mehr).
Ok, war vielleicht nicht die beste Formulierung. Nur zum Verständnis (ob ich das richtig verstanden habe): Ein pauschaler Hinweis auf die Hemmschwellentheorie ist nicht zulässig. Erforderlich ist, das Wollens-Element beim Vorsatz genau zu prüfen und insbesondere entlastende Hinweise in Betracht zu ziehen. So, wie es 261 StPO verlangt. Richtig?
unknown99
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Re: Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von unknown99 »

Aber was haltet ihr davon:
T bzgl. O:
I) 216 (-), kein Verlangen des O
II) 211 (-), Tötung zwar ja, denn es liegt ein error in personae vor, der unschädlich ist. Mordmerkmal der Heimtücke ansprechen. Arglosigkeit + Wehrlosigkeit (+), aber wohl keine feindlichen Willensrichtung, da T von einer Mitleidstötung ausgegangen ist. (Zu 16 II kommt man ja dann schon nicht mehr)
III) 212. Objektiver TB (+), Vorsatz prüfen, Hemmschwellentheorie ansprechen (+). Aber: 16 II. Folge: Bestrafung nur aus 216
IV) 222 (-), Tötung mit Vorsatz

war dies Korrekt? und haben Sie eventuell für mich die vollständige Bearbeitung? Ivh habe nähmlich im Moment ein ähnliches Problem.
Julia
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Re: Aufbaufrage: 216 - 211 -212 StGB

Beitrag von Julia »

Wer nämlich mit h schreibt... Kann offensichtlich rote Schrift nicht lesen. Hier gibt's keine Hausarbeitenbesprechung, siehe Parallelpost.
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