Schützt § 241a BGB vor einer Strafbarkeit nach § 303 I StGB?

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Gelöschter Nutzer

Schützt § 241a BGB vor einer Strafbarkeit nach § 303 I StGB?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo Kollegen,

eine Frage die mich beschäftigt und von der ich hoffe, dass sie mir jemand beantworten kann. Schliesst § 241a BGB den § 303 I StGB aus? Folgende Geschichte. Verbraucher V bekommt vom Unternehmer U eine unbestellte Sache zugeschickt. Dem V gefällt das Bild aber nicht weshalb er es zerreisst und wegwirft. Der Unternehmer hat sich darüber hinaus auch noch das Eigentum vorbehalten, was aber eigentlich überflüssig ist, weil Verbraucher V ja nicht ET der unbestellt zugesandten Sache (Bild) wird. Jetzt die große Frage. Hat sich V trotzdem gem 303 strafbar gemacht oder nicht? In 241a zumindest im Kommentar steht, dass V mit den sachen tun und machen darf was er will.

Gibt es hier einen Meinungsstreit? Oder nur 1 Meinung.

Besten Dank
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo,

die mir bekannte Meinung lautet wie folgt:

Bei Vorsatz ist eine strafbare Sachbeschädigung i.S.v. § 303 StGB angesichts des fortbestehenden Eigentums des Unternehmers tatbestandlich gegeben; in teleologischer Erweiterung des § 241a II BGB muß aber wohl eine Rechtfertigung der Sachbeschädigung angenommen werden.

Ein Meinugsstreit ist mir nicht bekannt. Wie das aber bei juristen immer so ist, wird irgendjemand aber wohl eine anderen meinung haben. :D

gruss, huckster
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Das ist eine in der Wissenschaft derzeit höchst strittige Frage:

Das Rechtsgefühle sagt eher keine Strafbarkeit. Nach § 241a BGB wird jedoch auch kein Eigentum an der Sache erworben. Fraglich ist nun, ob man diese Wertung des § 241a einfach wirgendwie "unterlaufen" darf...
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BuggerT
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Beitrag von BuggerT »

Ich kenne zwar den § 241a BGB, aber über vorliegendes Problem habe ich mir bislang keine Gedanken gemacht.

Allerdings würde ich sagen, dass wegen der Einheit der Rechtsordnung die Gedanken des § 241a BGB auf das Strafrecht übertragen werden müssen. Sinnvollerweise müsste eine Rechtfertigung angenommen werden.

Im Ergebnis wäre es jedenfalls meiner Meinung nach widersprüchlich, wenn man zwar zivilrechtlich nach Belieben - eigentlich wie ein Eigentümer - mit der Sache verfahren kann (zumindest h.M.), sich dann aber ggfs. strafbar macht.


Das aber nur my 0,02 Euro :D .


grtz
BuggerT
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

BuggerT hat geschrieben: Allerdings würde ich sagen, dass wegen der Einheit der Rechtsordnung die Gedanken des § 241a BGB auf das Strafrecht übertragen werden müssen. Sinnvollerweise müsste eine Rechtfertigung angenommen werden.
Naja, das ist ja gerade strittig... Man ist sich nicht einig WIE man die Strafbarkeit entfallen lassen kann: §303 schützt das Eigentum, und das liegt weiter beim Versender. Ob das dann gerechtfertigt ist, da muss man schon recht extensiv auslegen. Oder man sagt einfach, der Täter hat eine dem Eigentümer so ähnliche Stellung, dass die Sache für ihn nicht mehr fremd ist, aber dann hat man einen eigenen strafrechtlichen Eigentumsbegriff...
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BuggerT
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Beitrag von BuggerT »

Den Tatbestand entfallen lassen am Merkmal "fremd"... ja, daran hatte ich auch gedacht. Aber damit würde man - wie du schon sagst - alles auf den Kopf stellen, da die Fremdheit bislang gerade an die Eigentumsverhältnisse anknüpft. Fremd ist eine Sachen bekanntlich dann, wenn sie im (Allein-, Mit-, Gesamthands-)Eigentum eines anderen steht.

Weiß jemand, welche Meinungen es in der Literatur gibt?

Die Gedanken des § 241a BGB ins Strafrecht zu übertragen sollte ja grundsätzlich möglich sein, da es zugunsten des Täters wäre, so dass auch ein Verstoß gg. Art. 103 II GG iVm § 1 StGB nicht vorläge.

Wie löst man das in der Lit? Rspr. wird es dazu noch nicht geben, oder?


grtz
BuggerT
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

BuggerT hat geschrieben: Weiß jemand, welche Meinungen es in der Literatur gibt?

Wie löst man das in der Lit? Rspr. wird es dazu noch nicht geben, oder?
Die Meinungen habe ich grad nicht parat, habe das nur in der Vorlesung gehört.

Rechtsprechung gibt es noch keine soweit ich weiß.

Die Literatur "löst" soweit ich weiß das Problem indem sie über den Gesetzgeber lästert :D

Ansonsten ist das dogmatisch irgendwie alles nicht recht überzeugen (imo).
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BuggerT
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Beitrag von BuggerT »

Juramuckel hat geschrieben:
BuggerT hat geschrieben: Weiß jemand, welche Meinungen es in der Literatur gibt?

Wie löst man das in der Lit? Rspr. wird es dazu noch nicht geben, oder?
Ansonsten ist das dogmatisch irgendwie alles nicht recht überzeugen (imo).
Ja, das sehe ich bislang auch so.

Ich werde nächste Woche mal meinen Richter (Jugendstrafsachen) damit überraschen. Ich befürchte zwar, dass er davon auch noch nie gehört hat :D, aber vielleicht hat er ja eine Meinung, die mich überzeugt :) .


grtz
BuggerT
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Das kann natürlich auch alles auf zB Unterschlagung (Rechtfertigung) übertagen werden.?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich wusste doch, dass ich dazu erst was im Rengier gelesen habe. :) Da heißt es, dass zwar keine Übereignung stattfindet, es aber widersprüchlich wäre, wenn der Verbraucher zwar nach Zivilrecht mit der Sache nach Belieben verfahren dürfe, man ihn aber nach §§ 246, 303 bestrafen könne. Also schlägt er vor, § 241 a als Rechtfertigungsgrund anzuerkennen. Dann sind noch diverse Literaturhinweise angegeben, in denen schon die Rechtswidrigkeit der Zueignung verneint wird.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

mal ne andere Frage. Was kann denn strafrechtlich bei § 241a alles verwirklicht sein?

z.B: wenn der V die Sache weiterverkauft, oder eine weitere Sache (Getränk) verbraucht. Kann man dann auf Unterschlagung etc. kommen, oder wird alles durch § 241a (s. Rengier; s.o.) rechtfertigt?
ProstG!
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Beitrag von ProstG! »

Zum Ganzen hab ich letztens einen ziemlich guten Aufsatz gelesen, glaube NJW 03 oder so?!
"Der Stellvertreter hat nur dann die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser behindert ist" (§ 107 I 3 AktG)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Einen kurzen übersichtlichen Aufsatz dazu:
Otto, Konsequenzen des § 241a BGB für das Strafrecht, Jura 2004, 239 ff.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

@ Paul: Hast du einen Link zu dem Aufsatz parat?
Syd26
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Beitrag von Syd26 »

Ohne dass ich die Aufsätze jetzt gelesen hätte, aber:

Könnte man nicht auch einen Erlaubnisirrtum bzw. Erlaubnistatbestandsirrtum annehmen ?

Denn der Täter nach 303 StGB weiß normalerweise nicht, dass er kein Eigentümer ist - somit denkt er, er hat sich gar nicht strafbar gemacht.
Oder er denkt, 241a BGB gibt ihm einen Rechtfertigungsgrund, der in der Praxis wohl noch nicht anerkannt ist, sodass er sich in einem Irrtum darüber befindet.

Das wäre doch eine gute Lösung, oder ?
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