Diebstahl oder Unterschlagung oder garnix?

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Gelöschter Nutzer

Diebstahl oder Unterschlagung oder garnix?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo!

Die Frau des Juwelendiebs D bittet ihn, ein Geschenk für ihre Schwester, die bald Geburtstag hat, von seinen Streifzügen mitzubringen.
Er kommt also mit einer Goldkette nach Hause. Doch die Frau beschließt, das Schmuckstück nicht ihrer Schwester zu schenken, sondern es an ihre Bekannte B zu verkaufen. Sie bekommt 10000 Euro dafür und legt das Geld auf die Bank. D gegenüber, der nichts davon wissen soll und mit dem sie nicht teilen will, sagt sie, die Kette hätte ihrer Schwester nicht gefallen und sie hätte sie, undankbar wie sie ist, einfach weggeschmissen.

Wie sieht das nun aus?

Hat die Frau die Kette dem D gestohlen? D wollte sie ohnehin nicht behalten, sondern es war für eine Dritte gedacht...Und er hat das gute Stück ja quasi "abgeliefert", der Frau zwar nicht übereignet, aber immerhin: Die Frau hatte Mitgewahrsam...Und für D macht es ja keinen Unterschied, ob das Ding nun verschenkt wurde (und er nix dafür kriegt) oder ob es verkauft wird und er vom Erlös auch nix kriegt!
Ist es vielleicht mangels Wegnahme Unterschlagung?
Oder gar nichts?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

hallo,

also mein lösungsvorschlag zur strafbarkeit der frau:

§§ 242, 26

das wars auch schon. d sollte die kette ja nur mitbringen. im übringen wusste er, dass die kette verschenkt werden sollte. darauf, dass die frau die kette verkauft hat, kommt es dann nicht mehr an.

gruss, huckster
SMT
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Beitrag von SMT »

Hi,

ich hätte noch einen weiteren Vorschlag:

§ 263

nach h. M. ist ein Betrug auch gegenüber einem Dieb möglich (vgl. Tröndle/Fischer § 263 Rn. 29).

Täuschung (+)
Irrtum (+)
Vermögensverfügung (+)

Der Schaden ist hier in der Verfehlung des angestrebten Zwecks zu sehen. Ich habe dazu auf die Schnelle nichts gefunden, aber ich meine etwas in Richtung falscher Angaben beim Spendensammeln im Hinterkopf zu haben.
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Bonnvoyage
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Beitrag von Bonnvoyage »

Moment, so einfach kannst du da nicht einen Betrug annehmen. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Meinung so herrschend ist, die an "Diebesbeute" einen Betrug zulässt.

Du hast erstmal 2 Vermögensbegriffe (vielleicht auch 3, wenn du den personalen noch dazunimmst).

1. Der wirtschaftliche Vermögensbegriff ->Hiernach wird auch der Besitz geschützt. Auch der Besitz eines Diebes.

2. Der juristisch-ökonomische Vermögensbegriff: Hier wird der Dieb nicht geschützt.

Lies das ganze mal in einem Kommentar nach. Danach biste schlauer ;).
Im Küper steht das ganze auch ganz gut drin.

Bonny
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

huckster1980 hat geschrieben:hallo,

also mein lösungsvorschlag zur strafbarkeit der frau:

§§ 242, 26

das wars auch schon. d sollte die kette ja nur mitbringen. im übringen wusste er, dass die kette verschenkt werden sollte. darauf, dass die frau die kette verkauft hat, kommt es dann nicht mehr an.

Ja, das stimmt schon. aber das ist, meine ich, ein anderer handlungskomplex. die frau stiftet d an, die kette zu stehlen. nun ist die kette im haus und die Frau tut was damit, was sie vielleicht nicht tun sollte.

zu § 263...Wenn überhaupt hat D doch eine ganz andere Verfügung getroffen, nämlich, daß die Kette der Schwägerin geschenkt wird. Aber eigentlich sagt der ja gar nix...

Bzgl. des Schadens hab ich die Theorien gelesen, aber: Wenn das Schmusckstück verschenkt worden wäre, hätte D nichts. Das heißt, er steht auch nicht schlechter, wenn die Frau das Ding verkloppt und er nichts von dem Erlös sieht.
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pHr3d
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Beitrag von pHr3d »

Schönfelderin hat geschrieben: Bzgl. des Schadens hab ich die Theorien gelesen, aber: Wenn das Schmusckstück verschenkt worden wäre, hätte D nichts. Das heißt, er steht auch nicht schlechter, wenn die Frau das Ding verkloppt und er nichts von dem Erlös sieht.
Das kann höchstens über die Zweckverfehlung gehen aber ob die in so einem Fall einschlägig ist würde ich mal bezweifeln. Dafür müsste die Beziehung des Diebes zu der Schwester wohl genauer beschrieben sein.
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Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ihr seht aber eher 263 verwirklicht als 242?
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pHr3d
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Beitrag von pHr3d »

Also §242 sehe ich in dem Tatkomplex überhaupt nicht, da fehlt es doch an der Wegnahme.
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SMT
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Beitrag von SMT »

Ich denke 242 scheitert daran, dass A die Kette an B freiwillig herausgibt. Es fehlt somit an einer Wegnahme.
263 war nur so eine Idee. Ich sehe da auch Probleme.

1. Hätte er die Kette nicht gegeben, wenn er gewußt hätte, dass B sie nicht ihrer Schwester gibt? (Kausalität Irrtum-Verfügung)

2.
Das kann höchstens über die Zweckverfehlung gehen aber ob die in so einem Fall einschlägig ist würde ich mal bezweifeln.

Das sehe ich ähnlich, weil die Lehre der Zweckverfehlung eigentlich dem Ziel
dient sozial motivierte Ausgaben ihrer Bestimmung zuzuführen.

3. Ich "muß" auch Bonnvoyage recht geben, dass es fraglich ist ob es sich überhaupt um geschützte Vermögenswerte handelt.
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BuggerT
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Beitrag von BuggerT »

Auf Anhieb fällt mir noch § 259 StGB ein.



grtz
BuggerT
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Warum soll 242 hier ausscheiden? Es steht zumindest ein Mitgewahrsam im Raum. Durch das Verkaufen wird der Gewahrsam gebrochen und gleichzeitig neuer (Dritt)Gewahrsam begründet. Dem SV ist auch nicht zu entnehmen das D damit einverstanden ist
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Beitrag von ProstG! »

Bonnvoyage hat geschrieben:Moment, so einfach kannst du da nicht einen Betrug annehmen. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Meinung so herrschend ist, die an "Diebesbeute" einen Betrug zulässt.

Du hast erstmal 2 Vermögensbegriffe (vielleicht auch 3, wenn du den personalen noch dazunimmst).

1. Der wirtschaftliche Vermögensbegriff ->Hiernach wird auch der Besitz geschützt. Auch der Besitz eines Diebes.

2. Der juristisch-ökonomische Vermögensbegriff: Hier wird der Dieb nicht geschützt.

Lies das ganze mal in einem Kommentar nach. Danach biste schlauer ;).
Im Küper steht das ganze auch ganz gut drin.

Bonny
Hmmm - schützt nicht auch der juristische den Besitz des Diebes?? Denn das BGB gibt ja auch dem Dieb die Rechte der Besitzwehr und Besitzkehr. Wertungshintergrund: Je weiter sich die Beute vom Eiegntümer entfernt, desto schwieriger wird die Rückführung.

Meine, das mal so gelesen zu haben.
"Der Stellvertreter hat nur dann die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser behindert ist" (§ 107 I 3 AktG)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

man sollte hier nicht auf den Besitz abstellen, sondern darauf, dass der erste Dieb es unterlässt seinen Anteil am Verkaufserlös zu fordern.
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dergrinch
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Beitrag von dergrinch »

BuggerT hat geschrieben:Auf Anhieb fällt mir noch § 259 StGB ein.



grtz
BuggerT
Mal von der ersten Tathandlung abgesehen, sehe ich auch nichts weiter als den § 259 StGB.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Was haltet ihr denn von § 246 II StGB?

Indem die F die Kette verkaufte, manifestierte sie ihren Zueignungswillen.
Es stellt sich nunmehr das Problem, ob der D der F eine gestohlenen Sache anvertrauen kann.
Das ist umstritten.

1. Mg: Sinn und Zweck des § 246 II ist der Vertrauensschutz; das Vertrauen des D ist jedoch nicht schützenswert

2. Mg (BGH): Anvertrautsein wird nicht durch einen gesetzes- oder sittenwidrigen Zweck ausgeschlossen; teilweise wird innerhalb dieser Meinung der § 246 II dann aber doch ausgeschlossen, wenn die Übergabe der Sache den Eigentümerinteressen widerspricht (Tröndle/Fischer, § 246 Rn. 17)

Wenn man ein Anvertrautsein für möglich hält, würde ich dieses hier für gegeben halten.
Eine Sache ist nämlich dann anvertraut, wenn sie mit der Bestimmung überlassen wird, dass mit ihr im Sinne des Überlassenden verfahren wird.
Hier hat der D der F die Kette mit der Bestimmung überlassen, sie ihrer Schwester zu schenken.


In der Einzahlung des Geldes stellt sich möglicherweise das Problem der Zweitunterschlagung
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