§ 331 und Lebensversicherungen

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Tobias__21
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§ 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

Hallo,

ich quäle mich gerade durchs Erbrecht. Lebensversicherungen sind ja Verträge zu Gunsten Dritter. Die 1) bei einem benannten Bezugsberechtigten nicht in den Nachlass fallen 2) Vom Erben widerrufen werden können (muss schnell sein) 3)Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen können, wenn ein widerrufliches Bezugsrecht vereinbart ist und das ganze noch nicht 10 Jahre her ist.

§ 331 BGB sagt, dass "im Zweifel" der Dritte das Recht auf die Leistung mit dem Todesfall erwirbt. Wenn aber ein unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart ist, erwirbt der Dritte das Recht auf Leistung nach § 159 III VVG sofort. Im Palandt steht, dass bei Lebensversicherungen auf den Todesfall VVG 159 gilt. Heisst das jetzt, dass § 331 auch beim widerruflichen Bezugsrecht nicht anwendbar ist, sondern § 159 II VVG? § 331 ist ja nur eine Auslegungsregel, § 159 VVG spezieller. Wäre es dann falsch bei Lebensversicherungen den § 331 zu zitieren?
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Honigkuchenpferd
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Nach meinem Eindruck ist es trotzdem üblich, § 331 BGB hinzuzitieren. Wo siehst du denn eigentlich das Problem?
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Tobias__21
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

Ich weiss nicht, wie sich § 331 zu § 159 VVG verhält. Ein Problem sehe ich da nicht wirklich. In einer meiner Lösungen ist nur § 331 BGB zitiert. Aber da ging es um ein widerrufliches Bezugsrecht. Ich bin dann auf § 159 VVG gekommen und habe mich gefragt, ob der dann nicht eigentlich die Anwendbarkeit von § 331 BGB "im Zweifel" ausschließt.

Und der scheiss mit den Lebensversicherungen und Erbrecht kommt bei uns halt echt gerne mal dran. Erbrecht im Allgemeinen. Aber auf den Lebensversicherungszeug hat der Dozent fast ne komplette AG Stunde rumgeritten. Deswegen hab ich da nochmal genauer hingeschaut. Da gabs ja auch ne BGH Entscheidung zu der Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen. Früher waren es die gezahlten Prämien, heute der Rückkaufswert. Weiss nicht, ob das schon mal im Examen gelaufen ist.
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batman
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von batman »

Für Lebensversicherungsverträge auf den Tod der Gefahrperson gelten § 159 Abs. 2 und 3 VVG als vorrangige Sonderregeln gegenüber § 331 Abs. 1 BGB.
Tobias__21
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

Danke :) Hab mir die jetzt neben 331 kommentiert. Gibt es eigentlich auch "Lebensversicherungen" die nicht an den Tod anknüpfen? Ach, und wie berechnet man eigentlich den Rückkaufswert? Das ist doch grds. mal der Wert, den die Versicherung bezahlen würde um die Versicherung zurückzukaufen, sofern nicht irgendein Dritter bereit wäre mehr zu bezahlen (dafür müsste es dann konkrete Anhaltspunkte geben). Den Rückkaufswert müssten sie dann in der Klausur angeben, oder? Da kann ich ja nicht allein von der Höhe der Versicherungssumme drauf schließen oder das irgendwie abstrakt berechnen?
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

Ich habe übrigens oben unter 3) einen Fehler gemacht

Pflichtteilsergänzungsansprüche werden nur ausgelöst wenn ein widerrufliches Bezugsrecht vereinbart ist (da kommt es auch auf die 10 Jahre nicht an) und auch wenn unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart ist. In letztem Fall ist dann aber die Abschmelzungsregel, 2325 III, zu beachten.

So müsste es stimmen.
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von batman »

Tobias__21 hat geschrieben:Gibt es eigentlich auch "Lebensversicherungen" die nicht an den Tod anknüpfen?
Ja, in Form der Erlebensfallversicherung. In der Regel sind aber Todesfall- und Erlebensfallversicherung kombiniert, d.h. der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers ist gewiss.
Tobias__21 hat geschrieben:Ach, und wie berechnet man eigentlich den Rückkaufswert?
§ 169 Abs. 3 VVG. Auf deutsch: höhere Mathematik.
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

Danke :) Stimmt, es gibt ja auch Lebensversicherungen, die man sich selbst auszahlen lassen kann, quasi als Altersvorsorge. Hab ich grad gar nicht mehr dran gedacht.
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Schnitte »

Tobias__21 hat geschrieben:Danke :) Stimmt, es gibt ja auch Lebensversicherungen, die man sich selbst auszahlen lassen kann, quasi als Altersvorsorge. Hab ich grad gar nicht mehr dran gedacht.
Nennt sich Kapitallebensversicherung, im Gegensatz zur Risikolebensversicherung, die wirklich das Risiko des Todesfalls abdeckt, ohne als langfristige Geldanlage gedacht zu sein. Wobei es auch hybride Produkte gibt, die Züge beider Arten miteinander vereinen. M.E. ist es sowieso verfehlt, beide unter dem Label "Lebensversicherung" zu führen, da es doch grundlegend verschiedene Dinge sind. Die Kapitallebensversicherung ist im Grunde überhaupt keine Versicherung im klassischen Sinne des Wortes, sondern eher eine Art privater Pensionsplan.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Justitian »

Und bei der Kapitallebensversicherung findet § 159 VVG selbst dann keine § 331 BGB verdrängende Anwendung wenn der Versicherungsfall durch den Tod des Versicherungsnehmers ausgelöst wird?
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

Justitian hat geschrieben:Und bei der Kapitallebensversicherung findet § 159 VVG selbst dann keine § 331 BGB verdrängende Anwendung wenn der Versicherungsfall durch den Tod des Versicherungsnehmers ausgelöst wird?
Würde ich schon sagen, dass dann der § 159 VVG vorrangig ist. Aber ich glaube, dass das schon reicht, den überhaupt zu sehen, sollte so ein Fall kommen. Vielleicht weisen sie sogar im SV darauf hin. Allerdings steht er auch im Palandt bei § 331 BGB, so dass man erwarten kann, dass man da selbst drauf kommt.

Ich muss mir jetzt nochmal angucken, wie der Erbe die Lebensversicherung zu Gunsten eines Dritten widerrufen kann. Ich glaube, er muss es gemacht haben, bevor die Versicherung den Dritten informiert hat. Ich weiss aber die Begründung nicht mehr ](*,) Und dann gibt es da ja noch den Bonifatius-Fall....So viel zu tun und so wenig Zeit :D
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von batman »

Die Bezugsberechtigung kann der Erbe gar nicht widerrufen. Ihr liegt im Valutaverhältnis aber häufig ein Schenkungsvertrag zugrunde. Die hierauf gerichtete Willenserklärung des VN (die regelmäßig durch den Versicherer übermittelt wird; vgl. BGH, NJW 2013, 2588) könnte der Erbe widerrufen, wenn und solange sie dem Bezugsberechtigten noch nicht zugegangen ist (§ 130 I 2 BGB).
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

batman hat geschrieben:Die Bezugsberechtigung kann der Erbe gar nicht widerrufen. Ihr liegt im Valutaverhältnis aber häufig ein Schenkungsvertrag zugrunde. Die hierauf gerichtete Willenserklärung des VN (die regelmäßig durch den Versicherer übermittelt wird; vgl. BGH, NJW 2013, 2588) könnte der Erbe widerrufen, wenn und solange sie dem Bezugsberechtigten noch nicht zugegangen ist (§ 130 I 2 BGB).
Jaaa, genau das wars! Irgendwo in meinem Wust ist dazu ein ganzer Fall in zig Variationen. Muss ich nachher unbedingt suchen, dass das mal sitzt. Und dann gehts frisch und fröhlich an das Erbscheinsverfahren :drinking: Danke übrigens ;)
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von batman »

Wehe, Du verkackst Dein Examen! :D
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Re: § 331 und Lebensversicherungen

Beitrag von Tobias__21 »

batman hat geschrieben:Wehe, Du verkackst Dein Examen! :D
Dann liegt es zumindest nicht an Dir ;)
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