Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Moderator: Verwaltung
Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Ist es legal, die AGBs in einem laufenden Vertragsverhältnis zu verändern, dies dem Vertragspartner oder Kunden z.B. per Mail mitzuteilen und einen nicht erfolgten Widerspruch nach ein paar Wochen als Akzeptanz zu werten? Meinem persönlichen Rechtsgefühl nach sollte man dafür schon eine schriftliche Zustimmung zu geben haben, wenn nicht sogar eine originale Unterschrift auf Papier vonnöten sein.
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Hm, gegenüber einem Verbraucher oder gegenüber einem Unternehmer?
- dionysos
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Naja, schon mal ins Gesetz geguckt?Zonenfrevler hat geschrieben:Ist es legal, die AGBs in einem laufenden Vertragsverhältnis zu verändern, dies dem Vertragspartner oder Kunden z.B. per Mail mitzuteilen und einen nicht erfolgten Widerspruch nach ein paar Wochen als Akzeptanz zu werten? Meinem persönlichen Rechtsgefühl nach sollte man dafür schon eine schriftliche Zustimmung zu geben haben, wenn nicht sogar eine originale Unterschrift auf Papier vonnöten sein.
I. § 308 Nr. 5 BGB betrifft fingierte Erklärungen (in unserem Fall die Zustimmung zur Änderung der AGB). Fingierte Erklärungen sind unzulässig, es sei denn, a. dem Vertragspartner wird eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt und b. der Verwender verpflichtet sich, bei Beginn der Frist auf die Wirkung der Reaktion des Vertragspartners hinzuweisen.
II. § 307 I und II BGB, in allen Ausprägungen; mE läge gleichzeitig eine unangemessene Benachteiligung und eine unklare bzw. unverständliche Bestimmung vor, wenn sich der Verwender Pauschal vorbehält, "die AGB zu ändern". Ok wäre es demnach, wenn sich der Verwender z.B. vorbehält, "die Preise der Leistungen dem allgemeinen Marktniveau anzupassen". Dann können die AGB nicht unangemessen zulasten des Vertragspartners verändert werden; gleichzeitig kann der Vertragspartner sich ein genaues Bild davon machen, auf welche Änderungen er sich ggf. einstellen muss.
Aber wie gesagt: um WEn fingieren zu können, bedarf es einer rechtlichen Grundlage, die praktisch im ursprünglichen Vertrag oder - realistischer - in den ursprünglichen AGB enthalten sein muss. Fehlt es daran, ist eine tatsächliche (ausdrückliche oder konkludente) WE des Vertragspartners erforderlich.
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- lawlita
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Ins Blaue hinein geraten, gehe ich mal davon aus, dass der TE die Ankündigung von PayPal im Blick hat. Die haben nämlich vor 2 Tagen eben eine solche mail mit dem Hinweis herumgeschickt, dass sie die AGB ändern werden.
Sowohl in den alten wie den neuen AGB findet sich folgender Passus:
Sowohl in den alten wie den neuen AGB findet sich folgender Passus:
PayPal ist berechtigt, diese Nutzungsbedingungen jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu ändern. Die geänderten Nutzungsbedingungen werden Ihnen per E-Mail spätestens 1 Monat vor ihrem Inkrafttreten zugesandt. Widersprechen Sie der Geltung der neuen Nutzungsbedingungen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Empfang der E-Mail, gelten sie als angenommen. PayPal weist Sie in der E-Mail, die die geänderten Nutzungsbedingungen enthält, gesondert auf die zweiwöchige Frist hin. Zusätzlich veröffentlicht PayPal die geänderten Nutzungsbedingungen auf der/den PayPal-Website(s).
Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Danke für die Antworten.
Gut geraten lawlita, PayPal hat mich in der Tat darauf gebracht. Allerdings gibt es auch diese Abzockseiten mit Nutzlos-Dienstleistungen, die gerne mal einen kostenlosen Dienst bereitstellen und nach ein paar Wochen, wenn sie genügend Bauern gefangen haben, "eindeutig" darauf hinweisen, dass die Sache jetzt plötzlich 100 € kosten soll. In der Regel weisen die allerdings nicht einmal per E-Mail darauf hin. Und dann kommen die lustigen Mahnungen gehagelt (im Unterschied zu gerichtlichen Mahnbescheiden).
@dionysos: Als Uneingeweihter hat man oft keinen Überblick, in welchem Gesetzestext man jetzt bei welcher Frage wo nachschlagen müsste. Für angehende oder vollendete Juristen ist das natürlich genau das, was sie wissen sollten. Je nach Fachgebiet natürlich.
Gut geraten lawlita, PayPal hat mich in der Tat darauf gebracht. Allerdings gibt es auch diese Abzockseiten mit Nutzlos-Dienstleistungen, die gerne mal einen kostenlosen Dienst bereitstellen und nach ein paar Wochen, wenn sie genügend Bauern gefangen haben, "eindeutig" darauf hinweisen, dass die Sache jetzt plötzlich 100 € kosten soll. In der Regel weisen die allerdings nicht einmal per E-Mail darauf hin. Und dann kommen die lustigen Mahnungen gehagelt (im Unterschied zu gerichtlichen Mahnbescheiden).
@dionysos: Als Uneingeweihter hat man oft keinen Überblick, in welchem Gesetzestext man jetzt bei welcher Frage wo nachschlagen müsste. Für angehende oder vollendete Juristen ist das natürlich genau das, was sie wissen sollten. Je nach Fachgebiet natürlich.
Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Hi,
ich bin neu* hier und durch Recherchen zufällig auf diesen Thread gestoßen. Ich bastel gerade an einem Artikel auf meiner Webseite, der auch das Thema nachträgliche Änderungen an AGB + stillschweigende Zustimmung (am Beispiel Paypal) behandelt. Der Artikel ist noch nicht hundertprozentig fertig, enthält aber doch schon die wesentlichen Kerninhalte. Bei Interesse:
http://www.kleingewerbe.info/vertragsre ... in-agb.php
Über Anregungen, Kritik und Diskussion würde ich mich freuen.
PS: Ich bin kein Jurist, ich komme aus der kaufmännischen Ecke.
*Ich glaub' ich hatte schonmal einen Account hier, weiss meinen Nick und Pass aber nicht mehr.
ich bin neu* hier und durch Recherchen zufällig auf diesen Thread gestoßen. Ich bastel gerade an einem Artikel auf meiner Webseite, der auch das Thema nachträgliche Änderungen an AGB + stillschweigende Zustimmung (am Beispiel Paypal) behandelt. Der Artikel ist noch nicht hundertprozentig fertig, enthält aber doch schon die wesentlichen Kerninhalte. Bei Interesse:
http://www.kleingewerbe.info/vertragsre ... in-agb.php
Über Anregungen, Kritik und Diskussion würde ich mich freuen.
PS: Ich bin kein Jurist, ich komme aus der kaufmännischen Ecke.
*Ich glaub' ich hatte schonmal einen Account hier, weiss meinen Nick und Pass aber nicht mehr.
- Mr_Black
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Was ist denn eine Änderung von AGB?Zonenfrevler hat geschrieben:Ist es legal, die AGBs in einem laufenden Vertragsverhältnis zu verändern, dies dem Vertragspartner oder Kunden z.B. per Mail mitzuteilen und einen nicht erfolgten Widerspruch nach ein paar Wochen als Akzeptanz zu werten? Meinem persönlichen Rechtsgefühl nach sollte man dafür schon eine schriftliche Zustimmung zu geben haben, wenn nicht sogar eine originale Unterschrift auf Papier vonnöten sein.
Eine Vertragsänderung
Wie wird ein Vertrag geändert?
Durch Vereinbarung der Parteien.
Ist Schweigen auf das Angebot zur Vertragsänderung eine Annahme?
ABER: Wenn beide Parteien erkennbar nach den neuen AGB handeln kann das als konkludente Annahme gewertet werden.
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Nach Deutschem Recht ist dieser Passus nicht in Ordnung. Leider sitzt PayPal als internationales Unternehmen in Luxemburg und die AGB sind leider nicht nur an deutsche Verbraucher adressiert. Man kann sich also bei Problemen mit der luxemburgischen Bankaufsicht auseinander setzen.lawlita hat geschrieben: Sowohl in den alten wie den neuen AGB findet sich folgender Passus:PayPal ist berechtigt, diese Nutzungsbedingungen jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu ändern. Die geänderten Nutzungsbedingungen werden Ihnen per E-Mail spätestens 1 Monat vor ihrem Inkrafttreten zugesandt. Widersprechen Sie der Geltung der neuen Nutzungsbedingungen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Empfang der E-Mail, gelten sie als angenommen. PayPal weist Sie in der E-Mail, die die geänderten Nutzungsbedingungen enthält, gesondert auf die zweiwöchige Frist hin. Zusätzlich veröffentlicht PayPal die geänderten Nutzungsbedingungen auf der/den PayPal-Website(s).
(\\_/)
(O.o)
(> < ) This is Bunny. Copy Bunny into your signature to help him on his way to Mitte Nord domination!
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Das dachte ich bisher auch. Die gesetzlichen Regelungen für AGB lassen aber Ausnahmen zu. Und so kann eine stillschweigende (!) Zustimmungserklärung zu nachträglich geänderten AGB durchaus zulässig sein.Mr_Black hat geschrieben:Was ist denn eine Änderung von AGB? Eine Vertragsänderung
Wie wird ein Vertrag geändert? Durch Vereinbarung der Parteien.
Ist Schweigen auf das Angebot zur Vertragsänderung eine Annahme?
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Widersprich doch einfach. Ich hab mal bei IhhBäh widersprochen, und da kam eine Art Mail, daß alles garnicht so schlimm ist und man ja kündigen könne, wenn man wirklich nicht einverstanden ist. Ansonsten gingen sie von einem Einverständnis aus.
Das fand ich ganz nett. Für mich gelten noch die alten AGB.
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- Mr_Black
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Das gilt aber nur wenn in den alten AGB bereits VERTRAGLICH VEREINBART wurde, das Schweigen künftig als Zustimmung gelten soll UND diese Vereinbarung nach AGB Recht zulässig ist.Kairos hat geschrieben:Das dachte ich bisher auch. Die gesetzlichen Regelungen für AGB lassen aber Ausnahmen zu. Und so kann eine stillschweigende (!) Zustimmungserklärung zu nachträglich geänderten AGB durchaus zulässig sein.Mr_Black hat geschrieben:Was ist denn eine Änderung von AGB? Eine Vertragsänderung
Wie wird ein Vertrag geändert? Durch Vereinbarung der Parteien.
Ist Schweigen auf das Angebot zur Vertragsänderung eine Annahme?
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Ähm, gelten im Verhältnis zu Verbrauchern in Bezug auf zwingende Schutzvorschriften nicht das Recht des Wohnorts des Verbrauchers (Art 29 I, II EGBGB)? D.h. bei einem deutschen Verbraucher gilt jedenfalls deutsches AGB-Recht, egal, wo der Unternehmer sitzt und welches Recht die Parteien vereinbart haben?Ropebridgecrossing hat geschrieben:Nach Deutschem Recht ist dieser Passus nicht in Ordnung. Leider sitzt PayPal als internationales Unternehmen in Luxemburg und die AGB sind leider nicht nur an deutsche Verbraucher adressiert. Man kann sich also bei Problemen mit der luxemburgischen Bankaufsicht auseinander setzen.lawlita hat geschrieben: Sowohl in den alten wie den neuen AGB findet sich folgender Passus:PayPal ist berechtigt, diese Nutzungsbedingungen jederzeit und ohne Angabe von Gründen zu ändern. Die geänderten Nutzungsbedingungen werden Ihnen per E-Mail spätestens 1 Monat vor ihrem Inkrafttreten zugesandt. Widersprechen Sie der Geltung der neuen Nutzungsbedingungen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Empfang der E-Mail, gelten sie als angenommen. PayPal weist Sie in der E-Mail, die die geänderten Nutzungsbedingungen enthält, gesondert auf die zweiwöchige Frist hin. Zusätzlich veröffentlicht PayPal die geänderten Nutzungsbedingungen auf der/den PayPal-Website(s).
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Re: Stillschweigende Zustimmung variierter Geschäftsbedingungen
Im Verhaeltnis zu Luxemburg gilt jedenfalls ab Dezember nicht das EGBGB, sondern die Rom I-Verordnung (Verwaister Link http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:177:0006:0016:DE:PDF automatisch entfernt). Dort von Interesse: Art. 6, der aber wegen der engen Auslegung des Begriffs der "Ausrichtung" der Taetigkeit auf einen bestimmten Staat alles andere als klar ist.brain3112 hat geschrieben: Ähm, gelten im Verhältnis zu Verbrauchern in Bezug auf zwingende Schutzvorschriften nicht das Recht des Wohnorts des Verbrauchers (Art 29 I, II EGBGB)? D.h. bei einem deutschen Verbraucher gilt jedenfalls deutsches AGB-Recht, egal, wo der Unternehmer sitzt und welches Recht die Parteien vereinbart haben?
Auch sonst bin ich mir nicht sicher, wie das mit Vorschriften wie Art. 29 EGBGB und ihrer Vereinbarkeit mit Europarecht ist, wenn damit auch im Verhaeltnis zum EG-Ausland Bestimmungen des deutschen Rechts angewandt werden sollen. Ein Konflikt mit der Niederlassungs- oder Diensleistungsfreiheit ist zumindest nicht fernliegend.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375