Weitere dubiose Aussagen von Wenzel/Wilken, SchuldR BT I

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Christian aus Mainz
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von Christian aus Mainz »

nach meinen kenntnissen vor der schuldrechtsreform ist bei einer vorratsschuld solange zu leisten, bis der vorrat erschöpft ist. danach tritt unmöglichkeit ein. gelernt an einem beispiel mit pudelwelpen hier. :8:
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

:lmao:
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dionysos
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von dionysos »

Christian aus Mainz hat geschrieben:nach meinen kenntnissen vor der schuldrechtsreform ist bei einer vorratsschuld solange zu leisten, bis der vorrat erschöpft ist. danach tritt unmöglichkeit ein. gelernt an einem beispiel mit pudelwelpen hier. :8:
Hast ja recht, meine Frage ist ziemlich doof. Ich tendiere halt dazu, den Fehler bei mir selbst zu suchen, wenn mir in einem Lehrbuch (!) etwas falsch oder unverständlich erscheint. V.a. dann, wenn es etwas so Grundsätzliches betrifft, dass dann so explizit gesagt wird, wie das bei im Skript der Fall ist. Ich werde den Autoren mal eine Email schreiben :)
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Christian aus Mainz
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von Christian aus Mainz »

dionysos hat geschrieben:
Christian aus Mainz hat geschrieben:nach meinen kenntnissen vor der schuldrechtsreform ist bei einer vorratsschuld solange zu leisten, bis der vorrat erschöpft ist. danach tritt unmöglichkeit ein. gelernt an einem beispiel mit pudelwelpen hier. :8:
Hast ja recht, meine Frage ist ziemlich doof.
ich finde die frage nicht doof.
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dionysos
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von dionysos »

So, ich hab dem Verlag mal geschrieben. Wäre eigentlich ganz lustig, wenn der Meister höchstpersönlich hier mitlesen würde. Wir sollten ihn vorsorglich grüßen :wave:
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Incredible Brain
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von Incredible Brain »

Der Ausgagnsfall betrifft eigentlich zwei verschiedene Möglichkeiten zur Unmöglichkeit zu gelangen.
Zum einen kann durch Konkretisierung eine Stückschuld entstanden sein, die dann wegen des Untergangs unmöglich geworden wäre. Allerdings kommt es hier mangelbedingt nicht zu einer Konkretisierung.
Dann bleibt noch die vereinbarte Vorratsschuld. Hier tritt Unmöglichkeit ein, wenn der Vorrat erschöpft ist.
Interessant wäre aber mal zu wissen, wie es sich verhalten würde, wenn Konkretisierung und Vorratsschuld aufeinander treffen, kommt es dann trotz Untergang der Stückschuld nicht zur Unmöglichkeit, weil die Parteien eine Voratsschuld vereinbart haben oder bezieht sich die Vorratsschuld nur auf die Zeit bis Konkretisierung eintritt?
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von frechdaXs »

Durch die Konkretisierung wird aus der Vorratsschuld eine Sückschuld. Geht die Stückschuld unter, dann tritt die Unmöglichkeit gemäß § 275 I ein.
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von dionysos »

frechdaXs hat geschrieben:Durch die Konkretisierung wird aus der Vorratsschuld eine Sückschuld. Geht die Stückschuld unter, dann tritt die Unmöglichkeit gemäß § 275 I ein.
Im genannten Fall hat die Sache aber einen Sachmangel; daher tritt nach ghM keine Konkretisierung ein.
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von frechdaXs »

Incredible Brain hat geschrieben:Interessant wäre aber mal zu wissen, wie es sich verhalten würde, wenn Konkretisierung und Vorratsschuld aufeinander treffen, kommt es dann trotz Untergang der Stückschuld nicht zur Unmöglichkeit, weil die Parteien eine Voratsschuld vereinbart haben oder bezieht sich die Vorratsschuld nur auf die Zeit bis Konkretisierung eintritt?


Es ging nicht mehr um den Ausgangsfall ;)
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von dionysos »

frechdaXs hat geschrieben:
Incredible Brain hat geschrieben:Interessant wäre aber mal zu wissen, wie es sich verhalten würde, wenn Konkretisierung und Vorratsschuld aufeinander treffen, kommt es dann trotz Untergang der Stückschuld nicht zur Unmöglichkeit, weil die Parteien eine Voratsschuld vereinbart haben oder bezieht sich die Vorratsschuld nur auf die Zeit bis Konkretisierung eintritt?


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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von frechdaXs »

Ich habe relativ viele Rolf Schmidt Bücher, weil ich damit gut zurecht komme. Aber ich achte jetzt auch verstärkt auf Fehler.
Ich bin noch nicht so gut im Thema drin, aber das sollt falsch sein.
Von der auf die Landesliste entfallene Mandatszahlen (6. Schritt) werden die mit den Erstimmen errungenen Mandate (1.Schritt) abgezogen.


Also zunächst inhaltlich nicht zu beanstanden. Man rechnet aus wie viele Mandate ein Land hat über die Landesliste bekommen hat und subtrahiert dann davon die Erststimme. Partei X würde 10 Plätze über die Landesliste bekommen, da sie aber schon 3 Mandate durch die Erststimme hat, bekommt sie nur 7 über die Landesliste. So weit alles richtig?

Aber der Verweis auf Schritt 6 ist falsch. Bei Schritt 6 wurde beschrieben wie viele Gesamtmandate eine Partei bekommt. Der Fehler ist mir aufgefallen, weil er dieses Wahlsystem in "8. Schritten" aus dem Buch von Ipsen hat und der einen Schritt mehr hat. Deshalb stimmt der Verweis bei Rolf Schmidt nicht mehr :D
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von dionysos »

Um Gottes Willen - noch immer das genannte SchuldR-BT-I-Skript (Wenzel/Wilken), Rn. 183: "Grundsätzlich hat der Verkäufer eine Gewährleistung für die Beschaffenheitsvereinbarung innerhalb der Gewährleistungspflicht von zwei Jahren gem. § 438 I Nr. 3 BGB zu erbringen. Eine Besonderheit ergibt sich bei Sachen, deren Brauchbarkeit durch einen hohen Verschleiß oder eine kurze Haltbarkeit gekennzeichnet ist." Jetzt kommt der dicke Hund, Rn. 184: "Bei diesen hat der Verkäufer nur für die Mangelfreiheit bei Gefahrübergang einzustehen, nicht hingegen für die Brauchbarkeit innerhalb der gesamten Gewährleistungszeit. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gerade bei verderblichen Produkten die Parteien zumindest konkludent vereinbart haben, dass die Produkte ausschließlich in den nachfolgenden Tagen nutzbar sind."

Ich kann nur vermuten, dass hier die Gewährleistung an sich (die ausschließlich auf die Mangelfreiheit bei Gefahrübergang abstellt) mit der 6-monatigen Beweislastumkehr nach § 476 oder mit sonstwas verwechselt wird. Das reicht, das wird das erste Buch, das an Amazon zurückgeht.
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Gelöschter Nutzer

Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Folgender Beitrag ist verfasst von Dr. Henning Wenzel:


Sehr geehrter Forumsteilnehmer mit dem Namen dionysos,

Ihr Eintrag betrifft ein sehr interessantes Rechtsproblem des neuen Kaufrechts. Gerne möchte ich Ihnen hierzu meine Gedanken, die zu der Kernaussage im Lehrbuch Schuldrecht I geführt haben, mitteilen. Zudem möchte ich in diesem Sachzusammenhang auch noch auf Ihre Ausführungen im Unterforum Rund ums Studium eingehen, die ich wegen der einfacheren und kürzeren Beantwortung zu erst erwidern werde.

1. Verjährung der Ansprüche gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB
Sie gehen in Ihrem Beitrag im Jurawelt-Forum

http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php?f=52&t=30779


auf den Beitrag in dem Lehrbuch Wenzel/Wilken, Schuldrecht Besonderer Teil I auf die Rn. 183 f. ein. Sie schreiben dort:

"Um Gottes Willen - noch immer das genannte SchuldR-BT-I-Skript (Wenzel/Wilken), Rn. 183: "Grundsätzlich hat der Verkäufer eine Gewährleistung für die Beschaffenheitsvereinbarung innerhalb der Gewährleistungspflicht von zwei Jahren gem. § 438 I Nr. 3 BGB zu erbringen. Eine Besonderheit ergibt sich bei Sachen, deren Brauchbarkeit durch einen hohen Verschleiß oder eine kurze Haltbarkeit gekennzeichnet ist." Jetzt kommt der dicke Hund, Rn. 184: "Bei diesen hat der Verkäufer nur für die Mangelfreiheit bei Gefahrübergang einzustehen, nicht hingegen für die Brauchbarkeit innerhalb der gesamten Gewährleistungszeit. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gerade bei verderblichen Produkten die Parteien zumindest konkludent vereinbart haben, dass die Produkte ausschließlich in den nachfolgenden Tagen nutzbar sind."

Ihre Einschätzung kann ich aus den nachfolgenden rechtlichen Gründen nicht teilen.

Gewährleistungsansprüche nach §§ 437 Abs. 1, 439, 434 BGB verjähren gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB nach zwei Jahren. Dies bedeutet für die Nacherfüllung als Ausgangspunkt der Überlegung, dass die Nacherfüllung so lange geltend gemacht werden kann, bis die Verjährung eingetreten ist.
Wenn die Vertragsparteien eine Beschaffenheitsvereinbarung treffen, hat diese ihre Gültigkeit bis zum Abschluss dieser Verjährungsfrist. Der Käufer kann also unter den Voraussetzungen der Nacherfüllung eine solche bis zum Ablauf dieser Frist verlangen.
Unproblematisch sind die Fälle, in denen der Sachmangel bei Gefahrübergang bestanden hat, sich dieser jedoch im Laufe der Nutzung erst zeigt und der Gesamtgegenstand eine lange Lebensdauer hat.

Beispiel: A kauft bei B ein neues sportliches Auto. A und B haben vereinbart, dass eine sportliche Fahrweise ohne weiteres möglich sei und es jedweden Ansprüchen an schnelles und hochmotorisiertes Fahren gerecht werde. Bei Gefahrübergang weist dieses einen zunächst unentdeckten Schaden an der Kupplung auf, der sich mit der Zeit durch die Nutzung verstärkt. A fährt den Wagen mit 5.000 km pro Jahr nur wenig, jedoch entsprechend der Bestimmung sehr sportlich. Der Mangel wird wegen der geringen Laufleistung erst nach 22 Monaten bei einer Inspektion entdeckt. Nachweislich lag dieser Mangel auch zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vor. In dem Fall kann A gegenüber B Nacherfüllungsrechte geltend machen.

Problematisch sind hingegen die Fälle, in denen der Käufer verderbliche Ware (z.B. Obst, Gemüse, bestimmte Medikamente) oder Teile mit einem hohen Verschleiß (Reifen beim Flugzeug, Öl für das KFZ usw.) erwirbt. Ließe man den gerade geschilderten Grundsatz weiter gelten, dann könnte der Käufer sachlogisch noch nach knapp zwei Jahren eine Nacherfüllung verlangen, wenn die verderbliche Ware bei Gefahrübergang einen Sachmangel hatte. Dies ist unter Wertungsgesichtsprunkten nicht gerechtfertigt, weshalb eine Korrektur vorzunehmen ist. Es sind die Grundsätze der §§ 133, 157 BGB anzuwenden.

Beispiel: A kauf bei B 30 Äpfel als Bioobst und sichert diese Beschaffenheit zu. 29 Äpfel verbraucht A sofort. Einen lässt er allerdings fünf Monate in der Sonne liegen, weshalb dieser verschimmelt ist. Durch Zufall erfährt A, dass die Äpfel überhaupt keine Bioware waren. Nun will er einen neuen Apfel als Nachlieferung haben.

Hier lag die vereinbarte Beschaffenheit zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht vor. Die Verjährungsfrist ist noch nicht abgelaufen, eine Nacherfüllung wäre nach den obigen Ausführungen also unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen der Nacherfüllung konstruktiv möglich. Allerdings muss beachtet werden, dass es sich um eine verderbliche Ware handelt, die regelmäßig nur wenige Tage, maximal wenige Wochen vom Käufer genutzt werden kann. Es wäre daher unter Beachtung der Parteiwillen und der Ratio des Vertrags sowie der des Gewährleistungsrechts nicht sachgerecht, eine derart lange "Gewährleistungszeit" dem Käufer einzuräumen. Vielmehr muss ein Korrektiv vorgenommen werden.

Dieses Korrektiv beschreibe ich in der monierten Passage. Der Käufer kann verlangen, dass der Kaufgegenstand bei Gefahrübergang keinen Fehler bzw. die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, einen Anspruch auf dauerhafte Nutzung hat er allerdings aufgrund des Gewährleistungsrechts nicht (vgl. auch Schubel, in JuS 2002, 313, 315). Dieses Ergebnis kann m.E. im Anschluss an Schubel a.a.O. dadurch erreicht werden, dass unter Beachtung dieser Umstände in den Vertrag und die Beschaffenheitsvereinbarung eine Beschränkung dahingehend subsumiert wird, die Ware müsse binnen einer angemessenen und üblichen Frist verbraucht werden. Hierdurch wird vermieden, dass -wie im Beispiel- der Käufer die bereits verdorbene Ware im Rahmen des Gewährleistungsrechts zu einem weit späteren Zeitpunkt austauschen kann, obgleich die Ware ihre Funktion bereits verloren hat.

Sollten Sie der Meinung sein, dass diese Rechtsannahme anders zu werten ist, möchte ich Sie bitten, mir Ihre Gedanken in einem rechtlich fundierten Gespräch oder einer dezidierten Fachauseinandersetzung darzulegen. Ich würde mich freuen, von Ihnen hierzu eine Antwort zu lesen.

2. Versendung von Vorratsschulden und Mängelrechte des Käufers
Auch hierbei haben Sie ein sehr interessantes Rechtsproblem angesprochen, dass m.E. nicht ohne weiteres einfach aufzulösen ist. Hierzu finden sich in der Fachliteratur nur vereinzelte Stellungnahmen, die ebenfalls lediglich das Ergebnis ohne Begründung feststellen.

Ihre Anmerkung hat mich erneut veranlasst, mich mit der Thematik ausführlich zu beschäftigen, im Ergebnis bleiben wir jedoch bei der bisher publizierten Rechtsauffassung.

Sie haben hierzu Folgendes geschrieben:

"Bei der Vorratsschuld/begrenzten Gattungsschuld erstreckt sich die Verpflichtung des Verkäufers ja nur darauf, aus dem vorhandenen Vorrat zu liefern. Er will gerade kein Beschaffungsrisiko übernehmen. Geht nun der Vorrat unter, tritt objektive Unmöglichkeit nach § 275 I BGB ein, weil niemand mehr aus dem Vorrat liefern kann, der nun objektiv nicht mehr vorhanden ist."

M.E. verstehen Sie die Vorratsschuld durchaus richtig. Nach Hütte/Helbron, SchuldR AT Rn. 96 ist unter der Vorratsschuld eine Unterart der Gattungsschuld zu verstehen und wird daher auch als beschränkte Gattungsschuld bezeichnet. Sie liegt vor, wenn der Umfang der Gattung, aus welcher der Schuldner zu leisten hat, auf eine bestimmte Teilmenge beschränkt ist.

Beispiele: „Zehn Flaschen Rotwein aus dem Lagerbestand des Schuldners“, „zehn Zentner Mehl aus dem Bestand des Bauern X“, „zwei Stereoanlagen aus der nächsten LKW-Lieferung der Firma Sony“

Sofern es sich nur um die Frage der Unmöglichkeit handelt, gehe ich mit Ihnen in dieselbe Richtung. Wenn also die Ware vor Auslieferung der Ware verbrennt, besteht eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB, ein Deckungskauf braucht nicht vorgenommen zu werden. Gleiches gilt m.E. auch noch dann, wenn die Sache ordnungsgemäß versendet wurde und die Ware bei der Versendung untergeht und der Vorrat erschöpft ist. Auch dann braucht der Verkäufer keinen Deckungskauf vornehmen.

Problematisch wird die rechtliche Bewertung dann, wenn die Konkretisierung bei einer Versendung nach § 447 BGB deshalb fehlschlägt, weil die Sache bei Versendung bereits mangelhaft war, der Käufer also ein Gewährleistungsrecht nach §§ 437, 439, 434 BGB hat. Hier treffen mehrere Rechtsprinzipien aufeinander, die nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren sind.

Die Vertragsparteien haben mit der Vorratsschuld privatautonom entschieden, dass die Leistung lediglich aus dem vorhandenen Vorrat zu erbringen ist. Auf der anderen Seite gibt der Gesetzgeber mit dem Gewährleistungsrecht dem Käufer ein Rechtsinstitut an die Hand, das weit reichende Rechte beinhaltet. Nach § 439 Abs. 1 BGB obliegt es dem Käufer, sich für eine Art der Nacherfüllung zu entscheiden. Er kann entweder die Nachbesserung oder aber auch die Nachlieferung verlangen. Das Wahlrecht steht ausschließlich dem Käufer zu, anders als im Werkvertragsrecht. Der Käufer soll frei entscheiden, welcher Weg für Ihn der Bessere ist. Der Verkäufer hat nur die Möglichkeit, sich gegen die gewählte Variante mit §§ 439 Abs. 3, 275 Abs. 2 BGB zu wehren.

Der Gesetzgeber hatte die Intention, dem Käufer weit reichende Rechte an die Hand zu geben, eine Hauptleistungspflicht ist nunmehr nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB die mangelfreie Leistung. Der Käufer sollte laut Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/6040, S. 79 ff.) sowohl nach dem deutschen Gesetzgeber, als auch nach dem EU-Verordnungsgeber weiterreichende Rechte erhalten, die nicht ohne weiteres einschränkbar sind, es sollte also ein berechtigter Interessenausgleich zwischen dem marktmächtigeren Verkäufer und dem eher unterlegenen Käufer (zumindest bei Verbrauchsgüterkaufverträgen) erfolgen (Wenzel/Wilken, SchuldR BT I, Rn. 168 ff. u. 603. )

Diese Gegensätze aus privatautnomer Entscheidung zur Vorratsschuld auf der einen und der Gesetzesintention beim Gewährleistungsrecht auf der anderen Seite müssen gegeneinander abgewogen werden. Wenn sich die Vorratsschuld nach Ihrer Auffassung durchsetzt, dann bedeutet dies für die Nacherfüllung, dass eine Nachlieferung nicht im Zweifel nicht mehr möglich ist, der Käufer ist sofort auf die Nachbesserung beschränkt (so nunmehr Tiedke/Schmitt, JuS 2005, S. 583, 586 ohne Begründung). Dagegen kann m.E. aber eingewandt werden, dass der Gesetzgeber eine Vielzahl von Schutzvorrichtungen z.B. § 475 BGB eingerichtet hat, die dem Käufer die Rechte erhalten sollen, selbst wenn beide Vertragsparteien eine abweichende privatautonome Vereinbarung getroffen haben.

Hinzu kommt, dass ansonsten die großen Händler wie z.B. Elektronikmärkte oder Baumärkte sehr schnell sich der Nachlieferungspflicht entledigen können, wenn Sie z.B. durch AGB eine Vorratsschuld vereinbaren. Das Rechtsinstitut Nachlieferung liefe dann unter Umständen entgegen der gesetzlichen Intention leer. Dies gilt vor allem dann, wenn der Handel sog. Lockangebote macht, bei der der Händler Waren teilweise sogar zum Einstandspreis abgibt.

Beispiel: Die Firma A will wieder Aufsehen im Fernsehen erregen und verkauft Notebooks zu 200,- €, die ansonsten etwa einen Marktwert von 300,- € haben. Einkaufspreis ist für die Firma A 320,- €. Von den Notebooks werden 100.000,- Exemplare georderte, diese werden an die Filialen geliefert. Jede Filiale erhält 10 Stück. Das Produkt wird stark beworben, der Zuspruch in der Bevölkerung ist sehr groß. In den AGB wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine Vorratsschuld handele. Die Geräte sind kurzfristig ausverkauft. Etwa 30 % der Geräte weise aber erhebliche Mängel auf, die nicht reparabel sind. Die Käufer wollen aber wegen des Preises ein Ersatzgerät haben. Nach der von Ihnen vertreten Auffassung wäre der Händler frei, er müsste nicht mehr Nachliefern. Es wären lediglich die weiteren Rechte geltend zu machen. Dies wird m.E. aber der konkreten Marktsituation nicht gerecht und entspricht nicht der Intention des Gewährleistungsrechts, dem Käufer auch bei für Ihn günstigen Geschäften dieses mangelfrei zu erhalten.

Vor dem Hintergrund der gesetzessystematischen Erwägungen zum Gewährleistungsrecht und einem Gesamtausgleich der Vertragsparteien halte ich es für den von Ihnen beschilderten Fall durchaus sachgerecht, die privatautonome Vereinbarung Vorratsschuld in einzuschränken und den Schutz des Käufers höher zu bewerten. Dies gilt m.E. nicht nur bei dem Versendungsfall, sondern hat entsprechend dem Beispiel auch eine generelle Aussagekraft.

Zu Bedenken wäre m.E. auch noch § 307 BGB, wenn die Vorratsschuld durch AGB vereinbart wird.

In die eben skizzierte Richtung geht seit einiger Zeit möglicherweise auch die Rechtsprechung. Sie hat in einem anderen Sachverhaltskomplex sogar entschieden, dass zumindest bei beweglichen und vertretbaren Gütern selbst dann eine Nachlieferung zu leisten sei, wenn ein Stückkauf vorliege (vgl. hierzu etwa OLG Braunschweig, NJW 2003, 1053; vgl. auch BGH, NJW 2006, 2839 ff.). Der Stückkauf ist rechtlich und sachlogisch gegenüber der Vorratsschuld die noch engere Variante der privatautonomen Vereinbarung der Vertragsparteien. Daher hat der Verkäufer unter Umständen einen Deckungskauf vorzunehmen, wenn der Käufer berechtigterweise eine Nachlieferung verlangt. Die Erwägungen der Rechtsprechung und die des Gesetzgebers strahlen insoweit des methodischen erst-recht-Schlusses dann auch auf die Vorratsschuld aus.

3. Zur Art der Diskussion
Wir Autoren sind stets dankbar für Anregungen und Nachfragen, da es uns ermöglicht, Ihre Gedankengänge nachzuvollziehen und neue Anregungen in dem Buch aufzugreifen und umzusetzen. Daher werden wir diese Ausführungen nochmals nutzen, um die Ausführungen im Buch noch nachvollziehbarer zu machen.

Es ist Ihr gutes Recht, ein Buch nicht zu mögen; die Entscheidung, mit welchem Buch ein Examen möglichst gut und umfassend abgeschlossen werden soll, muss jeder für sich treffen. Diese Entscheidung ist in jeder Hinsicht zu respektieren. Die Wahl ist subjektiv und kann von niemandem abgenommen werden.

Erstaunt sind wir allerdings über die Diktion und die unkollegiale Art und Weise der Diskussion in dem Forum und durch Sie. Es ist guter Brauch unter Juristen, dass in einer professionellen Art und Weise miteinander umgegangen wird, die handelenden Personen mit zumindest fachlichem Respekt sich gegenübertreten und vor die Rechtsmeinungen des Gegenüber beachten und werten. Das sollte auch dann gelten, wenn man seine Identität hinter einem Phantasienamen versteckt. Wir möchten an dieser Stelle weiterhin darauf hinweisen, wie sich den Ausführungen auch entnehmen lässt, dass es in der Regel kein Richtig und kein Falsch in der Rechtslehre gibt. Es geht letztlich darum, das Recht an den Vorgaben rechtskonform auszulegen und innerhalb eines abstrakten Konstrukts reale Gegebenheiten zu lösen. Die reine Lehre kommt, wie Sie sicherlich auch feststellen konnten, fast an keiner Stelle zu eindeutigen und alleinigen Ergebnissen. Maßgeblich ist nur, ob Sie sich an die methodischen Vorgaben halten und dass die Auslegung des Gesetzes nicht der Intention und dem Willen des Gesetzgebers zuwiderläuft.

Wir Autoren möchten im Übrigen explizit darauf hinweisen, dass nicht Prof. Dr Rolf Schmidt dieses Buch verfasst hat, sondern dass wir fachlich und didaktisch für den Inhalt verantwortlich sind. Insoweit möchten wir Sie bitten, Zitierungen korrekt vorzunehmen. Ob Sie dieses Buch zitieren mögen oder nicht, ist zwar Ihre Entscheidung. Da die Werke inzwischen aber in Kommentaren (Kopp/Schenke, VwGO; Bonner Kommentar zum GG; Grundgesetzkommentar von Schmidt-Bleibtreu), anderen Lehrbüchern (z.B. Jäger, StrafR, Maurer, Staatsrecht, ders. AllgVerwR; Brox, BGB AT, Schuld AT und BT), Beitragen in Zeitschriften (JuS, JA) und auch vom BGH (vgl. NJW 2009, 1091, 1092) zitiert werden, kann m.E. diese Diskussion zumindest langsam dahinstehen. Aufgrund meiner Prüfertätigkeit im 1. juristischen Staatsexamen kann ich Ihnen mitteilen, dass unsere Bücher inzwischen regelmäßig zitiert werden und die Zitierung zu keinen Beanstandungen führen.

Es freut uns, Sie mit unserer Auffassung überzeugt zu haben, dass Fußballspieler nicht gekauft werden können. :). Schön wäre aber, wenn Sie zukünftig die Zitierung richtig vornehmen könnten, damit andere interessierte Leser nachschlagen und den Gesamtzusammenhang verstehen könnten: Wenzel/Wilken, SchuldR BT I, Rn. 43


Mit freundlichen Grüßen


RR Dr. Henning Wenzel


sowie RA´ in Christiane Wilken (Mitautorin) und Prof. Dr. Rolf Schmidt (als Verleger)
Swann
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Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von Swann »

Prof Dr Rolf Schmidt hat geschrieben: Erstaunt sind wir allerdings über die Diktion und die unkollegiale Art und Weise der Diskussion in dem Forum und durch Sie. Es ist guter Brauch unter Juristen, dass in einer professionellen Art und Weise miteinander umgegangen wird, die handelenden Personen mit zumindest fachlichem Respekt sich gegenübertreten und vor die Rechtsmeinungen des Gegenüber beachten und werten.

Meinen Sie etwa die Kollegialität wie sie etwa in folgendem Thread geübt wurde (durch Löschungen ist der Thread etwas entstellt, aber aus den anderen Beiträgen kann man erahnen, was vonstatten ging)?

http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... 64#p317664

Kollegialität ist keine Einbahnstraße.
Gelöschter Nutzer

Re: Weitere dubiose Aussagen von R. Schmidt

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Nein, Swann, aus den anderen Beiträgen kann man gerade nicht erahnen, "was da vonstatten ging". Zwei Beiträge wurden von der Redaktion gelöscht, weil der Benutzer persönliche Emails, die ich ihm geschickt hatte, kopiert und ins öffentliche Forum eingestellt hat. Sie wollen doch sicher auch nicht, dass der Adressat persönlicher Briefe, die Sie verfasst haben, ohne Ihr Einverständnis im Internet veröffentlicht, oder?

Was an der Bitte, die Redaktion möge die beiden betreffenden Beiträge löschen, unkollegial sein soll, verschließt sich mir. Auch in meinen anderen Beiträgen kann ich keine Unkollegialität erkennen.
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