§ 973 BGB und Fundtiere in Tierheimen

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Tequila
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§ 973 BGB und Fundtiere in Tierheimen

Beitrag von Tequila »

Es kommt ja durchaus häufig vor, dass Fundtiere in Tierheime gelangen. Also Tiere, die irgendwo frei herumlaufen und entweder ausgesetzt worden sind oder entlaufen sind. Jetzt ist meine Frage: Wenn das Tierheim diese Tiere nun vermittelt, wird dann der Tierfreund Eigentümer? Meine bisherigen Überlegungen:

Man muss differenzieren, ob das Tier ausgesetzt wurde oder entlaufen ist.

1) Tier wurde ausgesetzt
Dieser Fall ist unproblematisch. Das Aussetzen ist eine Derelektion i.S.v. § 959 BGB. Wenn das Tierheim das Tier selber einfängt, dann wird es Eigentümer nach § 958 I BGB. Wenn jemand das Tier vorbeibringt, dann wird zunächst dieser nach § 958 I BGB Eigentümer und überträgt das Eigentum dann nach § 929 BGB an das Tierheim.

2) Tier ist entlaufen
Hier halte ich es für problematischer, ob derjenige, an den das Tier vermittelt wird, Eigentümer wird.

Denn durch das Entlaufen erlischt das Eigentum nicht. Ein Eigentumserwerb vom Berechtigten scheidet damit aus. Ein gutgläubiger Erwerb scheitert an § 935 I BGB.

Meiner Meinung nach findet der Eigentumserwerb gemäß § 973 BGB statt.:
Mit dem Ablauf von sechs Monaten nach der Anzeige des Fundes bei der zuständigen Behörde erwirbt der Finder das Eigentum an der Sache
Aber wer ist hier "Finder"? Das Tierheim? Also was passiert sachenrechtlich nach 6 Monaten?

Vielleicht kann mir ja jemand bei meinen Überlegungen weiterhelfen.
Tequila
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Re: § 973 BGB und Fundtiere in Tierheimen

Beitrag von Tequila »

Ich habe selber einen sehr guten Text zu diesem Thema gefunden:

http://www.tierheim-wesel.de/10.html (Verwaister Link automatisch entfernt)
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Schnitte
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Re: § 973 BGB und Fundtiere in Tierheimen

Beitrag von Schnitte »

Zum Thema Entlaufen: Wenn das Tier dauerhaft entläuft, wird es ebenfalls herrenlos nach § 960 III BGB. Dann ist genauso Aneignung möglich wie beim derelinquierten Tier.

Sonderregelungen gelten freilich für Bienen, §§ 961ff. BGB :D
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
Tequila
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Re: § 973 BGB und Fundtiere in Tierheimen

Beitrag von Tequila »

Schnitte hat geschrieben:Zum Thema Entlaufen: Wenn das Tier dauerhaft entläuft, wird es ebenfalls herrenlos nach § 960 III BGB. Dann ist genauso Aneignung möglich wie beim derelinquierten Tier.
Danke, so scheint das in der Praxis wohl auch gemacht zu werden:
Die Behörden gehen schon nach Ablauf von vier Wochen davon aus, dass man das Tier, wenn sich bis dahin nicht der Eigentümer gemeldet hat, als herrenlos ansehen muss, Sie halten sich dann auch nicht mehr für zuständig, weil nunmehr anzunehmen sei, dass es sich nicht um ein Fundtier handelt. Häufig wird mit dieser Begründung auch die Kostenerstattung an die Tierheime auf einen solchen Zeitraum von vier Wochen begrenzt
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