§ 1007 BGB

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

Moderator: Verwaltung

Antworten
Swann
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 6456
Registriert: Donnerstag 28. Dezember 2006, 09:04

§ 1007 BGB

Beitrag von Swann »

§ 1007 BGB ist eine seltsame Norm, über die die Rechtsprechung schweigt und an der sich im Schrifttum die Geister scheiden. Ein Teil des Schrifttums sieht sie als Wurmfortsatz der actio Publicana und obendrein als systemwidrig und obsolet an. Wieder eine andere Auffassung gesteht ihr einen ganz erhebliche Rolle zu und sieht in § 1007 BGB in gedrängter Form die §§ 929 ff. und 985 ff. BGB des Ersitzungsbesitzes kodifiziert.

Meine Fragen sind nun:

1. In welchen Konstellationen wirken sich die unterschiedlichen Auffassungen zu § 1007 BGB aus, d. h.: was sind Streitstände beim § 1007 BGB?

2. Welche Rolle hat § 1007 BGB in der juristischen Ausbildung?

Zu 2. ist meine Schätzung, dass man § 1007 BGB bei der Prüfungsvorbereitung weitgehend vernachlässigen kann.
Niederegger
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 1531
Registriert: Donnerstag 26. April 2007, 16:03
Ausbildungslevel: Anderes

Re: § 1007 BGB

Beitrag von Niederegger »

Zu 2): Lösungsskizzen zu Examensarbeiten meines Bundeslandes (BY) schlagen durchaus vor, daß bei den Herausgabeansprüchen zB neben § 985 BGB auch etwa §§ 861, 1007 BGB angesprochen werden sollen. Ich habe das in der Bewertung geringfügig, aber nicht mit Null berücksichtigt. Man sollte also zumindest wissen, daß es ihn gibt, und ihn kurz (!), aber genau subsumieren - insbesondere auch inklusive seines gerne übersehenen Absatzes 3 samt Verweisungen (ergebnisrelevant!). Daß man sich in einer Klausurlösung in die - nach Lektüre eines "mittleren" Kommentars anscheinend nicht zahlreichen - Streitfragen zu ihm vergräbt, wird man aber auch für eine sehr gute Lösung nicht verlangen.
Simplex sigillum veri.
recht_selten
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 1055
Registriert: Mittwoch 12. Januar 2011, 19:40

Re: § 1007 BGB

Beitrag von recht_selten »

Sehe es eigentlich ähnlich wie Niederegger.
§ 1007 sollte (zumindest kurz) schon geprüft werden, wenn allgemein nach Herausgabeansprüchen gefragt ist (zumindest gedanklich prüfe ich bei dieser Fallfrage immer: §§ 2018; 985; 1007 I, 1007 II, 861; 823 iVm 249; 812). Allerdings sollte die Prüfung sehr kurz ausfallen, wenn § 985 schon gegeben ist. Erinnere mich allerdings dunkel an eine alte bayerische Examensklausur bei der § 1007 entscheidend war. SV grob und ohne Ansrpuch auf Richtigkeit: Das geleaste KfZ des Leasingsnehmers A wurde von B gestohlen und in das Parkhaus des C gefahren. A will Herausgabe von C (nur eine Teilfrage). Dieser macht Zurückbehaltungsrecht geltend.
§ 985 (-), da A nicht Eigentümer (analog? weiß nicht, ob das diskutiert wird)
§ 861 (-), da C dem A ggü. nicht fehlerhaft besitzt (keine verbotene Eigenmacht des C selbst, 858 I, keine Kenntnis 858 II),
§ 1007 I (-),
§ 1007 II (+), dann eig. Problem § 1007 III 2 verweist auf §§ 986 ff. ...

Der Fall zeigt: man kann auch zu § 1007 schöne Klausuren basteln, insb. da § 1007 III ins EBV verweist. Und das ist in Examensklausuren ja sehr beliebt: klassische Probleme in exotischem Gewand.
Benutzeravatar
Motte
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5535
Registriert: Sonntag 30. Oktober 2005, 19:33
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: § 1007 BGB

Beitrag von Motte »

Die § 1007 III - Konstellation ist mir im Studium/Klausur auch untergekommen. Aus der Korrekturanmerkung wurde ersichtlich, dass ich mehr oder weniger die einzige gewesen sein muss, die das gesehen hat (bzw. § 1007 BGB mal vollständig gelesen hat).
Ansonsten hatte ich davor (bzw. als ich § 1007 BGB aus Zeitmangel einmal weggelassen hatte) halt eine Bemerkung, dass er fehlt, aber ich glaube nicht, dass sich das irgendwie negativ punktemäßig niedergeschlagen hat.
Wenn Sie einen Schweizer Bankier aus dem Fenster springen sehen, springen Sie hinterher. Es gibt bestimmt etwas zu verdienen. (Voltaire)
Antworten