Frage zu § 142 II

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Frage zu § 142 II

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo,

K kauft im Laden des V ein Buch. Den Vertrag schließt er mit dem Lehrling des V, B. V hat sich bei der Preisauszeichnung verschrieben und auch K ging davon aus, dass der Preis so nicht stimmen könne. Er frag aber nochmal bei B nach, der dann meint, dass die Preisauszeichnung korrekt ist.

V bemerkt den Irrtum und ficht an.

V selber kann ja nicht anfechten, wegen § 166 I: B hat sich allenfalls über die Höhe des Preises geirrt, unbeachtlicher Motivirrtum, also Anfechtung (-)

An späterer Stelle kommt dann noch der § 142 II ins Spiel. Mein Problem ist folgendes:

Kann ich § 142 II trotzdem anwenden, obwohl kein Anfechtungsgrund gegeben ist?

Kann ich hier vielleicht sagen, dass es ausreicht wenn der K die tatsächlichen Umstände gekannt hat, die zu einer Anfechtung hätten führen können? Ein juristischer Laie wird von § 166 II in der Regel keine Kenntnis haben. K ist ja auch nicht schutzwürdig (oder vielleicht doch?, siehe unten :) )

Oder sollte ich den § 142 II aus anderen Gründen ablehnen? Er hat ja schließlich nochmal bei B nachgefragt, ob der Preis so in Ordnung gehe. Darauf wird er sich doch dann eigentlich verlassen können?
Im Fall wusste der K, dass das Buch eigentlich überall für 55€ gehandelt wird, bei V war es mit 20€ ausgezeichnet. Wenn ich richtig gerechnet habe ist das eine Abweichung von bisschen mehr als 63%. m.E. ist der Unterschied hier nicht so gravierend, dass sich K nicht hätte auf die Aussage des B hätte verlassen dürfen..

edit: Hab nochmal in den SV geschaut. Dort steht, dass K die Sache, selbst nach der Nachfrage bei B, noch "spanisch vorkommt". Ich werd wohl also nicht drum herum kommen, bei K Bösgläubigkeit anzunehmen...
Zuletzt geändert von Gelöschter Nutzer am Montag 25. April 2011, 17:18, insgesamt 1-mal geändert.
markus87
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Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von markus87 »

Wenn ich das richtig sehe, ist B dazu bevollmächtigt, die Bücher zum gekennzeichneten Preis zu verkaufen. Die Kennzeichnung würde ich daher als Bestandteil der Bevollmächtigung ansehen, so dass V sich bei Erteilung der Vollmacht geirrt hat. Der Streit um die Anfechtung der ausgeübten Innenvollmacht ist wohl bekannt. Hier stellt sich dann zusätzlich das Problem, dass sich die Vertretungsmacht auch über § 56 HGB begründen lässt. Da müsste man dann erörtern, ob der Rechtsschein des § 56 HGB durch Anfechtung beseitigt werden kann. An dieser Stelle könnte die "Bösgläubigkeit" des K möglicherweise fruchtbar gemacht werden.
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ok, darüber habe ich auch schon nachgedacht.

Spielt es bei der Anfechtung der Vollmacht eine Rolle, dass V der Irrtum ja nur bei Agabe der invitatio (Auszeichnung) unterlaufen ist?

Irgendwie find ich es "komisch", dass man den V hinsichtlich der Vollmachterteilung anfechten lässt. Gut, wenn es jetzt eine einmalige Vollmacht gewesen wäre, bspw: "Kaufe mir den Wagen aber gib nicht mehr als 15.000 aus, und eigentlich meinte er 10.000"
Aber B ist doch dauerhaft angestellt... § 119 sagt ja "Bei Abgabe der WE", aber die Vollmacht hat er doch schon lange vorher erteilt, bevor er überhaupt das Buch falsch ausgezeichnet hat. Außerdem würde durch die Anfechtung der Vollmacht die Vertretungsmacht ex tunc entfallen, also würden alle Verkäufe, die B vorher getätigt hat, unwirksam sein?

Oder hab ich da irgendwo einen Denkfehler drin?

Edit: Eine Möglichkeit wäre noch die direkt Anfechtung des KV über eine analoge Anwendung des § 166 II (str.). Allerdings würde der Fall dadurch "rund", wenn ich den Streit bgzl. § 166 II analog ansprechen würde, aber im Endeffekt offen lassen kann, weil jedenfalls die Vollmachterteilung anfechtbar ist, aber dann stellen sich mir wieder die oben genannten Bedenken...
markus87
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Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von markus87 »

Fibo hat geschrieben: Spielt es bei der Anfechtung der Vollmacht eine Rolle, dass V der Irrtum ja nur bei Agabe der invitatio (Auszeichnung) unterlaufen ist?
Nicht, wenn man es der Vollmachterteilung hinzurechnet. Im Übrigen muss sich V natürlich am Gewollten festhalten lassen, insoweit bleibt die Vollmacht und damit alle anderen Verkäufe also wirksam. Zumal es ja grundsätzlich auch bei § 56 HGB bleibt; schon deshalb wird die Wirksamkeit der anderen Käufe nicht berührt (der Rechtsschein entfällt ja allenfalls gegenüber K)

Bezüglich 166 II analog: Das gehört zum normalen "Repertoire" des Problems "Anfechtung des ausgeübten Innenvollmacht".
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Was ich nicht verstehe: V hat dem B die Vollmacht doch schon viel früher erteilt und erst danach den Preis ausgezeichnet.

Oder ergeht jedesmal, wenn der V etwas in sein Schaufenster stellt, mit dem Austellen eine neue Vollmachtserteilung dahingehend diesen neuen Gegenstand verkaufen zu dürfen?
markus87
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Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von markus87 »

Der Inhalt der erteilten Vollmacht ist mE, die Produkte zum jeweils ausgezeichneten Preis zu verkaufen. Insofern hat sich V bei der Vollmachterteilung selbst nicht geirrt.

Aber man könnte ja auf die Idee kommen, dass die Auszeichnung der Preise dann eine inhaltliche Konkretisierung der vorab erteilten Vollmacht darstellt, und insofern Inhalt der Vollmacht selbst wird. Ist natürlich etwas konstruiert.

Hast du denn keine Lösung zu dem SV?
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Leider nicht, ist mal wieder so ne blöde Hemmer Klausur und die wird erst in ein paar Wochen besprochen :(

http://www.repetitorium-hemmer.de/kursm ... p?ziv=1436 ist der SV

Da deutet auch alles darauf hin, dass die Anfechtung durchgehen muss, sonst macht die Klausur wenig Sinn...

Was ich mir noch überlegt habe: Widerruf der dinglichen Einigung bis zur Übergabe. Im Fall hat er das Buch zwar schon in der Hand, aber den Laden noch nicht verlassen.
P: Übergabe noch nicht erfolgt, weil sich das Buch noch im Laden befindet und V vielleicht noch Mitbesitz hat (ähnlich wie im Strafrecht). Aber ich glaub das ist zu weit hergeholt....

Vielleicht hat ja jemand hier ne Lösungsskizze zu dem Fall?


Ich hatte mal einen ähnlichen Fall im KK der Uni. Dort hat jemand eine Vollmacht erteilt ein bestimmtes Fahrrad aus seinem Schuppen zu verkaufen, nämlich das, das er vor den Schuppen stellt. Er ging dann rein und griff natürlich zum falschen Fahrrad. Das lief dann auch auf eine Anfechtung der Vollmachtserteilung hinaus.
Aber hier liegt doch eine Gattungsvollmacht vor (Alle Verkäufe)....
markus87
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Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von markus87 »

Die Übergabe ist aus meiner Sicht schon erfolgt. Sobald du die Lösung hast, bitte ich um Mitteilung :)
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ja, ich meld mich dann nochmal :)

Eigentlich kann es doch rein vom Gefühl her nicht sein, dass V hier anfechten darf. Wäre er selber im Laden gewesen und hätte das Buch zum falsch ausgezeichnetem Preis verkauft, könnte er hinterher auch nicht anfechten.

Sein Irrtum ist ihm ja im Vorfeld unterlaufen und nicht bei Abgabe der WE. Warum soll sich daran etwas ändern, nur weil er einen Vertreter einschaltet...
Gelöschter Nutzer

Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hat hier denn keiner ne Skizze zu der Hemmer klausur Nr. 1436? Das macht mich noch ganz verrückt ..... ](*,)

@Markus87: Würdest du ernsthaft eine Anfechtung der Vollmacht in Betracht ziehen? Irgendwie sträubt sich da alles in mir :)
fibiobt92
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Re: Frage zu § 142 II

Beitrag von fibiobt92 »

Gibt es hier zu inzwischen eine Lösung bzw. Lösungsskizze, bearbeite gerade einen ähnlichen Sachverhalt und stehe vor dem selben Problem #-o
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