Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Blue125
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Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Blue125 »

HI zusammen,
beschäftige mich gerade mit dem Thema Hypothek und hab ne Verständnisfrage.
Verstehe noch nicht so ganz, wie ich aus einer Hypothek vorgehen kann.

Angenommen die Bank B gewährt dem X ein Darlehen und bekommt vom X eine Hypothek bestellt.
Wann kann die B aus der Hypothek vorgehen und wie?
Braucht die Bank einen Titel, wenn ja was für einen?

Also, muss die Bank nun erstmal auf Rückzahlung des Darlehens klagen und kann mit diesem Titel dann das Grundstück versteigern lassen? Oder klagt die Bank direkt auf Duldung der Zwangsvollstreckung?

Verstehe den Wortlaut des § 1147 BGB einfach nicht so recht.
Blue125
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Blue125 »

Und brauche ich eigentlich immer eine Hypothek oder Grundschuld um in das unbewegliche Vermögen meines Schuldners vollstrecken zu können?
Angenommen ich habe eine Forderung über 100.000 Euro aus Kaufvertrag, ohne Hypothek oder Grundschuld. Kann ich mir dann zB trotzdem aussuchen ob ich in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen des Schuldners vollstrecke. Oder brauche ich vorher stets eine Hypothek bzw. Grundschuld und kann andernfalls nur ins bewegliche Vermögen vollstrecken?
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batman
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von batman »

Aus einer Hypothek muss auf Duldung der Zwangsvollstreckung geklagt werden. In der Praxis der Kreditsicherung erfolgt bei Bestellung der Hypothek (bzw. mehrheitlich der Grundschuld) jedoch immer eine notarielle Unterwerfungserklärung wegen der Grundschuld und dem (zumeist) abgegebenen abstrakten Schuldanekenntnis. Aus einer solchen notariellen Urkunde kann ohne vorherige Duldungsklage die Zwangsvollstreckung betrieben werden (§ 794 I Nr. 5 ZPO).
Blue125 hat geschrieben:Und brauche ich eigentlich immer eine Hypothek oder Grundschuld um in das unbewegliche Vermögen meines Schuldners vollstrecken zu können?
Nein, wegen jedes auf Zahlung einer Geldforderung lautenden Titels kann in das bewegliche Vermögen vollstreckt werden (§§ 864 ff. ZPO).
Blue125
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Blue125 »

batman hat geschrieben:
Blue125 hat geschrieben:Und brauche ich eigentlich immer eine Hypothek oder Grundschuld um in das unbewegliche Vermögen meines Schuldners vollstrecken zu können?
Nein, wegen jedes auf Zahlung einer Geldforderung lautenden Titels kann in das bewegliche Vermögen vollstreckt werden (§§ 864 ff. ZPO).
Ok, schonmal vielen Dank. Aber dann noch ne ganz blöde Frage, wenn ich ja sowieso mit meinem Titel in das unbewegliche Vermögen vollstrecken kann, wieso brauch ich dann überhaupt ne Hypothek die mir die Zwangsvollstreckung erlaubt?
recht_selten
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von recht_selten »

Also ich würde sagen in erster Linie schon allein aus zeitlichen Gründen. Man ist häufig nicht der einzige Gläubiger. Und bis man einen Titel hat, kann u.U. viel Zeit vergehen, in der andere schneller sind.
Swann
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Swann »

Blue125 hat geschrieben: Ok, schonmal vielen Dank. Aber dann noch ne ganz blöde Frage, wenn ich ja sowieso mit meinem Titel in das unbewegliche Vermögen vollstrecken kann, wieso brauch ich dann überhaupt ne Hypothek die mir die Zwangsvollstreckung erlaubt?
Erstens aus Ranggründen, weil deine Hypothek allen Zwangshypotheken vorgeht und zum anderen, weil § 49 InsO Grundpfandgläubigern über den Verweis ins ZVG ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gibt.
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Torquemada
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Torquemada »

Swann hat geschrieben:
Blue125 hat geschrieben:..., wenn ich ja sowieso mit meinem Titel in das unbewegliche Vermögen vollstrecken kann, wieso brauch ich dann überhaupt ne Hypothek die mir die Zwangsvollstreckung erlaubt?
Erstens aus Ranggründen, weil deine Hypothek allen Zwangshypotheken vorgeht ...
Naja - auch insoweit gilt natürlich das Prioritätsprinzip.
Swann hat geschrieben:... und zum anderen, weil § 49 InsO Grundpfandgläubigern über den Verweis ins ZVG ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gibt.
Naja - das gilt für den persönlichen Gläubiger, der vor der Verfahrenseröffnung die Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks erwirkt hat, natürlich auch.
Swann
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Swann »

Torquemada hat geschrieben:
Swann hat geschrieben:
Blue125 hat geschrieben:..., wenn ich ja sowieso mit meinem Titel in das unbewegliche Vermögen vollstrecken kann, wieso brauch ich dann überhaupt ne Hypothek die mir die Zwangsvollstreckung erlaubt?
Erstens aus Ranggründen, weil deine Hypothek allen Zwangshypotheken vorgeht ...
Naja - auch insoweit gilt natürlich das Prioritätsprinzip.
Das wollte ich auch nicht in Abrede stellen. Aber du wirst mir vielleicht recht geben, dass es sich ruhiger schläft, wenn man weiß, dass die einem gehörende Hypothek an erstrangiger Stelle steht, sodass einem weder nachfolgende Vollstreckungsversuche noch eine Insolvenz so recht etwas anhaben kann - die Werthaltigkeit der Immobilie vorausgesetzt.
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Torquemada
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Torquemada »

Swann hat geschrieben:Aber du wirst mir vielleicht recht geben, dass es sich ruhiger schläft, wenn man weiß, dass die einem gehörende Hypothek an erstrangiger Stelle steht, sodass einem weder nachfolgende Vollstreckungsversuche noch eine Insolvenz so recht etwas anhaben kann - die Werthaltigkeit der Immobilie vorausgesetzt.
Auch das ist noch nicht das Entscheidende - von dem Moment an, zu dem man die Zwangshypothek im Grundbuch stehen hat bzw. als persönlicher Gläubiger die Anordnung der Zwangsversteigerung bewirkt hat, kann einem auch keiner mehr etwas.

Aber ich finde, jemandem, der - ohne dem Threadersteller zu nahe treten zu wollen - keine rechte Vorstellung von Grundpfandrechten hat, muss man doch erst einmal erzählen, was der entscheidende Vorzug des rechtsgeschäftlichen Grundpfandrechts ist (einerlei ob Hypohek oder Sicherungsgrundschuld): nämlich dass ich rangwahrend eine dingliche (und deshalb insolvenzfeste) Sicherung bekomme, ohne dass meine gesicherte Forderung schon zur Rückzahlung fällig ist, m.a.W. gleich mit Valutierung des Darlehens. Ich kann also vom ersten Moment an ruhig schlafen und nicht erst, nachdem ich aufgrund mehrmonatigen Zahlungsverzugs meine Forderung fällig gestellt und vollstreckt habe.
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Vincent
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Re: Kann mir jemand den § 1147 BGB erklären?

Beitrag von Vincent »

Plus: Ich muss als Gläubiger nicht auf der Sicherheit hocken bleiben, sondern habe etwas, womit ich handeln kann.
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