Eigentumsvorbehalt und Vertragsaufhebung/-änderung

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Ant-Man
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Eigentumsvorbehalt und Vertragsaufhebung/-änderung

Beitrag von Ant-Man »

Der Verkäufer V verkauft dem Käufer K eine Maschine unter einfachem Eigentumsvorbehalt. Einen Tag später überträgt K der Bank B sein Anwartschaftsrecht an der Maschine, um ein Darlehen abzusichern (Sicherungsübereignung). Jetzt kommen zwei Fallvarianten:

1) 1. Fallvariante: Nach der Sicherungsübereignung beschließen V und K, ihren Kaufvertrag mittels Aufhebungsvertrag aufzuheben. Die Folge wäre doch, dass der Bedingungseintritt unmöglich wird und das Anwartschaftsrecht der B-Bank erlischt. Ob das rechtlich zulässig, ist aber umstritten.

Eine Ansicht verneint dies, da die Vertragsaufhebung einen Vertrag zu Lasten Dritter darstellt. Die hM. bejaht die Zulässigkeit, da die B-Bank die Schwäche des Anwartschaftsrechts (= Abhängigkeit von dem Kaufvertrag) kennt und man dem K nicht das Recht entziehen darf, über seinen Vertrag zu disponieren.

2) 2. Fallvariante: Nach der Sicherungsübereignung beschließen V und K, den einfachen Eigentumsvorbehalt in einen erweiterten Eigentumsvorbehalt abzuändern, der weitere Forderungen des V gegen K absichern soll, und zwar ohne die B-Bank dabei mitwirken zu lassen. Ob das rechtlich zulässig, ist aber umstritten.

Nach eA ist dies zu bejahen, da es hier um den Kaufvertrag zwischen V und K geht und man dem K nicht das Recht nehmen darf, über den Kaufvertrag zu disponieren. Nach hM hingegen ist das Vorgehen zwischen K und V nicht zulässig, da jede nachträgliche Vereinbarung zwischen V und K eine Verfügung über das Anwartschaft darstellt, wozu aber der K ohne Einverständnis der B-Bank wegen § 185 I BGB nicht befugt ist. Die Vertragsänderung stellt einen Vertrag zu Lasten Dritter dar.

Wieso werden die beiden Fälle von der h.M. unterschiedlich gelöst? In beiden Fällen geht es doch darum, den Kaufvertrag zwischen V und K in einer Weise zu ändern/aufzuheben, die negative Auswirkungen auf die B-Bank hat. Wo ist also der Wertungsunterschied, der es rechtfertigt, zu unterschiedlichen Ergebnissen zu kommen? Die Begründungen sind doch weitestgehend identisch. :-k
HRP
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Re: Eigentumsvorbehalt und Vertragsaufhebung/-änderung

Beitrag von HRP »

Ratio der Rspr. ist, dass der Anwartschaftsberechtigte (Dritte) die vertragsimmanenten Risiken zu tragen hat, also alle Umstände, die im zugrunde liegenden Kaufvertrag bestehen. Die Vertragsaufhebung zählt dazu, denn der Anwartschaftsberechtigte muss sich darüber bewusst sein, dass der Bestand seines Rechts schicksalshaft mit dem Bestand des schuldrechtlichen Geschäfts verknüpft ist.

Etwas anderes ist es jedoch, wenn die Sicherheit selbst neu verhandelt wird (hier die Vereinbarung über die Erstreckung der Sicherheit auf weitere Forderungen). Dieses Risiko ist gerade kein vertragsimmanentes Risiko, sondern betrifft das Anwartschaftsrecht direkt, worüber der urspr. Anwartschaftsberechtigte nicht mehr verfügen kann.

Allerdings sehe ich in deinem Beispiel auch einen gewissen Widerspruch. Wäre der Käufer zurückgetreten, hätte er widerrufen oder angefochten, wäre es eindeutig. Das Risiko, wie sich die Vertragsbeziehungen entwickeln oder ob bisher unbekannte (Willens-)Mängel vorliegen, geht der Anwartschaftsberechtigte ein und muss er demnach tragen. Eine Vertragsaufhebung ist jedoch nicht von gewissen Umständen, sondern einzig vom Willen der Parteien abhängig. Wahrscheinlich muss man da die Grenze in der Rechtsmissbräuchlichkeit ziehen: wird nur aufgehoben, um das AR zu zerstören, ist die Aufhebung unwirksam. Ansonsten bleibt es wohl bei der Lösung, allerdings hinterlässt es einen gewissen Nachgeschmack.

Wenn's nicht ein so schwammiges Kriterium wäre, würde ich ja für diese Fälle einen den § 323, §§ 119 ff. BGB vergleichbaren Aufhebungsgrund fordern. Hat jemand Lust und Kontakte, einen Aufsatz zu schreiben? :D
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