Gleicher Anspruch

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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famousTH
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Gleicher Anspruch

Beitrag von famousTH »

Hallo,

Können Eigentümer und Anwartschaftsihnhaber z.B. beide zusammen einen Anspruch aus § 823 haben? Wäre ja eigentlich logisch, Eigentum ist verletzt und Anwartschaftsrecht gilt ja als sonstiges Recht.
Was ich nur "komisch" finde, wenn der Wert der geschädigten Sache (und damit die höhe der Schadensersatzforderung) im Laufe der Zeit steigt und der Anwartschaftsinhaber im Verzug ist oder noch nicht den kompletten Kaufpreis bezahlt hätte dann würde der Eigentümer doch "doppelt" bereichert? (Erhält erst den Schadensersatz und dann noch den Kaufpreis). Andersrum würde man jedoch auch anführen können, dass es "fair" ist weil zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung war der Eigentümer ja noch Eigentümer und das der Anwartschaftrechtsinhaber noch nicht rechtzeitig bezahlt hat (entweder aus Verzug oder weil es vetraglich so festgelegt war etc.) ist ja nicht die Schuld des Eigentümers.
Auf die schnelle habe ich in der Literatur nichts gefunden.

Danke
Träumer
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Re: Gleicher Anspruch

Beitrag von Träumer »

Ja, beide können SE verlangen. Der AR-Inhaber aber nur in Höhe des Wertes des AR und des Besitzinteresses.

Bei Sachwertschäden ist das schwieriger. Wie Du schon schreibst, hat der AR-Inhaber ein Interesse am vollen Ersatz, weil er dem ET zum Kaufpreis verpflichtet ist. Der ET wiederum fürchtet um seine Sicherheit, wenn der AR-Inhaber den vollen SE erhält, aber dann keine Raten mehr zahlt. Daher ist keiner alleiniger SE-berechtigt. Umstritten ist die konkrete Lösung. Zum Teil wird eine Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB angenommen (jeder Gläubiger kann Leistung fordern; AusgleichsA im Innenverhältnis). Die h.M. geht über eine gemeinschaftliche Gläubigerstellung nach § 432 bzw. § 1281 BGB, wonach beide nur gemeinsam forderungsberechtigt sind.
famousTH
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Re: Gleicher Anspruch

Beitrag von famousTH »

Träumer hat geschrieben:Ja, beide können SE verlangen. Der AR-Inhaber aber nur in Höhe des Wertes des AR und des Besitzinteresses.

Bei Sachwertschäden ist das schwieriger. Wie Du schon schreibst, hat der AR-Inhaber ein Interesse am vollen Ersatz, weil er dem ET zum Kaufpreis verpflichtet ist. Der ET wiederum fürchtet um seine Sicherheit, wenn der AR-Inhaber den vollen SE erhält, aber dann keine Raten mehr zahlt. Daher ist keiner alleiniger SE-berechtigt. Umstritten ist die konkrete Lösung. Zum Teil wird eine Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB angenommen (jeder Gläubiger kann Leistung fordern; AusgleichsA im Innenverhältnis). Die h.M. geht über eine gemeinschaftliche Gläubigerstellung nach § 432 bzw. § 1281 BGB, wonach beide nur gemeinsam forderungsberechtigt sind.
Danke.

Ich habe noch zwei Fragen.
1) 830 I und II ist eine eigene Anspruchsgrundlage die ich eigenständig prüfe, oder? Und 840 prüfe ich nur in Verbindung mit 823? Wenn zwei Personen gemeinschaftlich eine Schädigung i.S.d. § 823 vornehmen, kann ich dann in den Obersatz schon schreiben §§ 823 i.V.m. 840 und prüfe 830 eigenständig? Ich finde kein einheitliches Prüfungsschema, bei gefühlt jedem Übungsfall wird das anders gehandhabt.

2) Wenn ich ähnlich wie beim Jungbullenfall §§ 951, 812 I S. 1 Alt. 2 prüfe und bei der Verarbeitung zu dem Ergebnis komme, dass keine neue Sache entsteht (also 951 (-), da Verarbeitung 950 (-)) dann müsste ich doch einfach 812 eigenständig prüfen können weil zwar keine neue Sache entstanden ist aber die ursprüngliche Sache trotzdem weiterveräußert wurde?

So zum Beispiel?
I. §§ 951, 812 I S. 1 Alt. 2 (-)
II. § 812 I S. 1 Alt. 2 i.V.m. 818 (+)
Oder wie baut man so etwas auf?
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immer locker bleiben
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Re: Gleicher Anspruch

Beitrag von immer locker bleiben »

§ 830 ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage.
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Sondermeinung
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Re: Gleicher Anspruch

Beitrag von Sondermeinung »

§ 830 BGB ist (!) nach h.M. eine eigene Anspruchsgrundlage (BGH, NJW 1979, 544, 545; NK/Katzenmeier, 3. Aufl. 2016, § 830 BGB Rn. 1; Jauernig/Teichmann, 16. Aufl. 2015, § 830 BGB Rn. 1).
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immer locker bleiben
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Re: Gleicher Anspruch

Beitrag von immer locker bleiben »

§ 830 BGB funktioniert alleine aber nicht, Du brauchst noch eine "unerlaubte Handlung", z. B. § 823 BGB. § 830 definiert die unerlaubte Handlung als solche ja nicht.
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famousTH
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Re: Gleicher Anspruch

Beitrag von famousTH »

Ich habe einen Fall (Zivilrecht) in welchem es zwei Anspruchsberechtigte gibt, die jeweils mehrere Ansprüche in zwei verschiedenen Handlungen haben. Also strafrechtlich gesehen würde man von zwei Tatkomplexen sprechen. Um das ganze übersichtlicher zu gestalen möchte ich mein Gutachten in zwei Teile unterteilen. Tatkomplexe hört sich für mich zu sehr nach Strafrecht an. Wie formuliere ich die Überschriften zivlirechtlich am besten? "Handlung X: Ansprüche des A" "Handlung X: Ansprüche des B", "Handlung Y: Ansprüche des A" "Handlung Y: Ansprüche des B" ? Oder einfach "Teil 1: X", "Teil 2:Y" ?
Sebast1an
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Re: Gleicher Anspruch

Beitrag von Sebast1an »

Teil 1: Geschehen im Supermarkt
A. Ansprüche des A
B. Ansprüche des B

Teil 2: Rückfahrt vom Supermarkt
....
Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein Weißer Hai auch nur ein Fisch ist. (Zlatan Ibrahimović)
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