Urkundenprozess nach normalem Mahnverfahren?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

Moderator: Verwaltung

Antworten
VVehnert
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 148
Registriert: Sonntag 23. Januar 2011, 15:14
Ausbildungslevel: Anderes

Urkundenprozess nach normalem Mahnverfahren?

Beitrag von VVehnert »

A will einen Anspruch im Wege des Mahnverfahrens geltend machen und im Falle eines Widerspruchs den Anspruch im Urkundenprozess verfolgen. Dafür gibt es ja grds. das Urkundenmahnverfahren (§ 703a ZPO).

Wäre es aber nicht theoretisch möglich, die Forderung im normalen Mahnverfahren geltend zu machen und dann im Fall eines Widerspruchs in der Anspruchsbegründung darzulegen, dass das streitige Verfahren nunmehr im Urkundprozess durchgeführt werden soll? Schließlich soll nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 69, 66ff) auch noch nach Rechtshängigkeit vom normalen in den Urkundenprozess gewechselt werden können, soweit die Voraussetzungen einer Klägeänderung (§ 263 ZPO) vorliegen. Das müsste dann ja erst recht - auch ohne dass die Voraussetzungen von § 263 ZPO erfüllt sind - gelten, wenn schon von Anfang an der Urkundsprozess gewählt wird. Andererseits würden so ja die (strengeren) Voraussetzungen des Urkundenmahnverfahrens umgangen.

Was meint ihr?
VVehnert
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 148
Registriert: Sonntag 23. Januar 2011, 15:14
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Urkundenprozess nach normalem Mahnverfahren?

Beitrag von VVehnert »

- auch ohne dass die Voraussetzungen von § 263 ZPO erfüllt sind -
Hm, es ist wohl doch nur ein Übergang zum Urkundenverfahren möglich, wenn die Voraussetzungen des § 263 ZPO vorliegen, da i.d.R. Rechtshängigkeit ja gemäß § 696 Abs. 3 ZPO mit Zustellung des Mahnbescheides begründet wurde. Mit der Sachdienlichkeit dürfte es aber schwierig werden (bejaht aber z.B. von LG Flensburg, NJW 2003, 3425).
julée
Fossil
Fossil
Beiträge: 13077
Registriert: Freitag 2. April 2004, 18:13
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Urkundenprozess nach normalem Mahnverfahren?

Beitrag von julée »

Ob der Übergang zum Urkundenverfahren sachdienlich ist, dürfte wohl - wie im Fall des LG Flensburg - vom Verfahrensstadium abhängen: Geht der Kläger gleich zu Beginn des streitigen Verfahrens in das Urkundsverfahren über, dann läuft der Urkundenprozess weitgehend "normal" ab und der Beklagte kann sich hierauf einstellen. § 703a ZPO dürfte insoweit auch keine Sperrwirkung entfalten, da aus § 703a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1-3 ZPO keinen nennenswert erhöhten Anforderungen resultieren (nach Abs. 2 Nr. 2 müssen die Urkunden auch erst der Anspruchsbegründung beigefügt werden); der Kläger beraubt sich vielmehr der Möglichkeit des § 703a Abs. 2 Nr. 4 ZPO, nämlich quasi sofort im Nachverfahren zu starten, wenn sich der andere nur die Ausführung seiner Rechte vorbehält. Der geplante Übergang vom Mahnverfahren in den Urkundenprozess dürfte allerdings kostenmäßig nicht so wahnsinnig viel Sinn machen.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
VVehnert
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 148
Registriert: Sonntag 23. Januar 2011, 15:14
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Urkundenprozess nach normalem Mahnverfahren?

Beitrag von VVehnert »

Danke, julée!
der Kläger beraubt sich vielmehr der Möglichkeit des § 703a Abs. 2 Nr. 4 ZPO, nämlich quasi sofort im Nachverfahren zu starten, wenn sich der andere nur die Ausführung seiner Rechte vorbehält.
Das dürfte aber auch sehr selten vorkommen. ;)
Der geplante Übergang vom Mahnverfahren in den Urkundenprozess dürfte allerdings kostenmäßig nicht so wahnsinnig viel Sinn machen.
Diesen Satz verstehe ich nicht so ganz. Meinst du das im Vergleich zum Urkundenmahnverfahren? Ziel des Urkundsverfahrens ist ja, schnell ein vorläufig vollstreckbares Urteil zu haben, nicht Kosten zu sparen, oder?
julée
Fossil
Fossil
Beiträge: 13077
Registriert: Freitag 2. April 2004, 18:13
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Urkundenprozess nach normalem Mahnverfahren?

Beitrag von julée »

VVehnert hat geschrieben:Danke, julée!
der Kläger beraubt sich vielmehr der Möglichkeit des § 703a Abs. 2 Nr. 4 ZPO, nämlich quasi sofort im Nachverfahren zu starten, wenn sich der andere nur die Ausführung seiner Rechte vorbehält.
Das dürfte aber auch sehr selten vorkommen. ;)
Kommt immer darauf an, welche Einwendungen der Beklagte hat und ggf wieviel Ahnnung der Anwalt vom Urkundenprozess hat.
Der geplante Übergang vom Mahnverfahren in den Urkundenprozess dürfte allerdings kostenmäßig nicht so wahnsinnig viel Sinn machen.
Diesen Satz verstehe ich nicht so ganz. Meinst du das im Vergleich zum Urkundenmahnverfahren? Ziel des Urkundsverfahrens ist ja, schnell ein vorläufig vollstreckbares Urteil zu haben, nicht Kosten zu sparen, oder?
Schneller Titel, ja. Man muss aber auch nicht das Geld zum Fenster hinauswerfen. Das müsstest Du ggf. noch mal im Kostenverzeichnis nachforschen, aber die Kombination aus Mahnverfahren und Urkundenprozess dürfte doppelt teuer sein - und wenn man dann doch wieder vom Urkundenprozess Abstand nehmen muss, geht es auch nicht schneller.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
Mimis
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 252
Registriert: Mittwoch 1. Juli 2015, 17:05

Re: Urkundenprozess nach normalem Mahnverfahren?

Beitrag von Mimis »

Und ist dann wohl sogar noch teurer. § 17 Nr. 2, 5 RVG ?
Antworten