Teleologische Reduktion von Rechtsfolgen? (Bsp.: § 142 BGB)

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Gelöschter Nutzer

Teleologische Reduktion von Rechtsfolgen? (Bsp.: § 142 BGB)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich habe mich schon mehrfach mit folgender Frage befasst: Ist eine teleologische Reduktion der Rechtsfolgen (RF) einer Norm zulässig?

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Beispiel: § 142 I BGB gebietet als RF die Ex-tunc-Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts. Da diese RF in einigen Fällen zu weit geht (Klassiker: ArbeitsV, GesellschaftsV) wird sie nicht konsequent angewendet bzw. stattdessen von einer bloßen Ex-nunc-Wirkung ausgegangen.

Persönlich sehe ich das schlicht als teleologische Reduktion der RF ("ex nunc als Minus ggü ex tunc"). Tatsächlich wird das vereinzelt auch so bestätigt (Bsp.: Becksches Examinatiorium ArbR), allerdings keineswegs flächendeckend (AA: "ex nunc ist ein Aliud zu ex tunc", z.B. MüKo/§ 142). Oft wird schlicht von "fehlerhaftem ArbV/GesV" gesprochen, quasi als stehendes Institut des ArbR/GesR.

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Unabhängig von dieser konkreten Problematik frage ich mich aber, ob eine tel. Red. der RF einer Norm überhaupt zulässig ist. Ich selbst wüsste nicht, weshalb dies nicht der Fall sein sollte: eine teleologische Reduktion ist nur eine Beschränkung einer Norm, falls ihr Wortlaut über den Telos hinausgeht.

Grund für meine Frage ist aber, dass oft gesagt wird "eine tel. Red. kann nur auf Tatbestandsebene vorgenommen werden". Allerdings kann ich das nicht wirklich nachvollziehen, zumal ich noch keine Begründung dazu gehört habe (petitio principii).

Kann mich jemand also in dieser Hinsicht erleuchten? Auch eine (kurze) Recherche in Methodik-Lehrbüchern hat mich bisher nicht weitergebracht.

Hilfsweise: falls eine tel. Red. der RF einer Norm nicht möglich sein sollte, wie kann man ein derartiges Vorgehen denn sonst methodisch einordnen?
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Justitian
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Re: Teleologische Reduktion von Rechtsfolgen? (Bsp.: § 142 B

Beitrag von Justitian »

Ich verstehe das Problem nicht. In § 142 BGB fällt die Abwägung von Privatautonomie und Verkehrsschutz zugunsten ersterer aus (dafür § 122 BGB), in den Fällen des in Vollzug gesetzten Arbeits- und Gesellschaftsvertrages sind die Interessen des Rechtsverkehrs aber so erheblich, dass dieses Abwägungsergebnis nicht mehr erträglich ist. Das hat der Gesetzgeber auch nicht gesehen. Die Norm ist teleologisch zu reduzieren, ihr Regelungsgehalt wird teilweise zurückgenommen.
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
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