Vertragsart?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Honigkuchenpferd
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Das ergibt aber eben mit Blick auf § 433 II BGB überhaupt keinen Sinn, weil bei einem Kaufvertrag dieser Anspruch bestehen muss. Man kann nur seine konkrete Gestalt (Höhe, Fälligkeit usw.) verändern. Insofern wollte der Gesetzgeber ganz klar, dass § 433 II BGB dem Grunde nach als Anspruchsgrundlage aufgefasst wird.

Die ganze Argumentation krankt auch schon daran, dass sie die Dinge unnötig verkompliziert. Anders gesagt: Wenn die Parteien genau das wollen, was im Gesetz steht, greift man auch auf das Gesetz zurück.
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Justitian
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Justitian »

Die Parteien wollen doch keinen Vertrag wie er im Gesetz typisiert ist (so wie beim Chinesen: Vertrag Nr. 28 bitte) sondern sie haben hinsichtlich der Primärleistungspflichten ganz konkrete Vorstellungen. Warum soll man da noch auf das Gesetz zurückgreifen müssen?
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
Honigkuchenpferd
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Justitian hat geschrieben:Die Parteien wollen doch keinen Vertrag wie er im Gesetz typisiert ist (so wie beim Chinesen: Vertrag Nr. 28 bitte) sondern sie haben hinsichtlich der Primärleistungspflichten ganz konkrete Vorstellungen. Warum soll man da noch auf das Gesetz zurückgreifen müssen?
Ja, nämlich genau die, die in § 433 II BGB fixiert ist. Und deshalb ist es auch einzig sinnvoll, als Anspruchsgrundlage auf § 433 II BGB zurückzugreifen und nicht freischwebend mit irgendwelchen "Primärleistungsflichten" zu argumentieren.
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Nebenbei: Woraus ergäben sich nach dieser Vorstellung eigentlich die Rechtsfolgen bei einem Testament, wenn darin stünde:

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Mr_Black
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Mr_Black »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:Die ganze Argumentation krankt auch schon daran, dass sie die Dinge unnötig verkompliziert. Anders gesagt: Wenn die Parteien genau das wollen, was im Gesetz steht, greift man auch auf das Gesetz zurück.
Ich sehe es genau andersherum. Wenn ich einen Vertrag habe, schaue ich zuerst in den Vertrag. Wenn dieser Vertrag wirksam ist, brauche ich für die entsprechenden Pflichten nicht in das Gesetz zu schauen, denn anders als im Sachenrecht gibt es keinen nummerus clausus der Vertragsarten.

Ein Beispiel aus der Praxis ist der Stromlieferungsvertrag. Strom ist keine physische Sache, so dass man entweder darüber philosophieren müsste, ob es sich unter Beachtung des § 453 BGB um einen Kaufvertrag analog § 433 BGB handelt oder einen Vertrag sui generis. Das Ganze kann ich mir aber auch sparen, wenn sich der Zahlungsanspruch jedenfalls aus dem Vertrag selbst ergibt.
- Söldner des Rechts -
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Das lässt sich ja hören, überzeugt aber mit Blick auf das, worum es eigentlich geht - typische Kauf-, Werk- und Dienstverträge (oft auch noch mündlich geschlossen) -, nicht wirklich.
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Abgesehen von der dogmatischen Debatte halte ich persönlich die Betonung von § 433 I/II als AGL deshalb für etwas gefährlich, weil sie - jedenfalls bei Anfängern - zu einem zu formalistischen Blick auf die hochdynamische Materie des Vertragsrechts verleiten kann.

Konkret: unnötige Abgrenzung zwischen Vertragsarten bzgl. des Primäranspruchs (§§ 433/651/633 usw.); Verständnisschwierigkeiten bei atypischen/gemischten Verträgen; Probleme bei komplexen Verträgen in der Praxis ("wo steht denn nun die AGL").
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Justitian
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Justitian »

Hochdynamische Materie??
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
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Re: Vertragsart?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Es ist spät...
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Re: Vertragsart?

Beitrag von jura_student »

kann auch ein Werklieferungsvertrag ( § 651 BGB ) im Rahmen einen Ratenlieferungsvertrags ( § 510 BGB ) in Gestalt eines Fernabsatzvertrages ( § 312 c BGB ) vorliegen?
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