§ 31 BGB und die §§ 278, 831 BGB

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Bushmills
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§ 31 BGB und die §§ 278, 831 BGB

Beitrag von Bushmills »

Guten Abend Zusammen,

ich hätte einige Fragen in Bezug auf die §§ 31, 278, 831 BGB und ihr Verhältnis zueinander und hoffe, dass
mir jemand weiterhelfen kann.

1. Handelt es sich bei § 31 BGB um eine Zurechnungsnorm?
Wäre es in einer Klausur also korrekt zu schreiben: "Die Handlung XYZ des Vorstands X wird der Gesellschaft Z gem. § 31 BGB zugerechnet"
In Kommentaren liest man leider beides, weshalb ich diese -zugegebenermaßen etwas doofe- Frage leider stellen muss.
Ich persönlich habe mit der obigen Formulierung irgendwie Bauchschmerzen, da der Gesellschaft das Verhalten ja eigentlich nicht zugerechnet wird, sondern die Gesellschaft durch diese Person direkt handelt. (Klar, sie wird ja auch erst durch sie handlungsfähig)

2. Können § 31 Var. 3 BGB und §§ 278/831 BGB nebeneinander stehen?
Es ist klar, dass die Anwendbarkeit der Varianten 1 und 2 des § 31 BGB neben den §§ 278, 831 BGB ausscheidet.
Handelt ein Organ einer Gesellschaft handelt durch sie die Gesellschaft. Die handelnde Person kann also nicht gleichzeitig Dritter iSd §§ 278/831 BGB sein.
Mein Problem ist, dass der BGH den § 31 Var. 3 BGB scheinbar ziemlich weit auslegt. So soll die Gesellschaft über § 31 BGB auch für die Handlungen von Personen haften, die kein Organ iSd Satzung der Gesellschaft sind. Es scheint für den § 31 BGB auszureichen, wenn die Person über eine herausgehobene Position in der Gesellschaft verfügt. (z.B. hohe Manager)
Handelt diese Person nun, kann sie damit die Gesellschaft in die Haftung bringen. Im Gegensatz zum Vorstand wäre aber ein Manager nach wie vor nur ein Angestellter der Gesellschaft und kein Organ. Neben den §§ 280, 823, 31 würden also zumindest denklogisch auch noch die §§ 280, 278, 831 BGB als AGL in Frage kommen, da der Manager seine "Erfüllungs-/Verrichtungsgehilfen"-Position durch die zusätzliche Anwendung des § 31 BGB ja nicht plötzlich verlieren kann. (?)
Im Ergebnis ist es in der Praxis wohl egal, da bei der Zurechnung (hier scheint § 31 BGB eine Zurechnungsnorm zu sein; Frage oben; Zwitternorm??) über §§ 31 und 278 BGB gleiche Ergebnisse erzielt werden, und die Exkulpation im Rahmen des § 831 BGB durch die Anwendung des § 31 BGB ja gerade vermieden werden soll.
In Klausuren ergeben sich aber leider durchaus Probleme.
Entweder ich spreche die §§ 280, 278, 831 BGB nicht an, dann kann man mir vorwerfen ich hätte nicht alles geprüft, oder ich
spreche sie an und man kann mir vorwerfen, ich hätte den § 31 BGB und das Gesellschaftsrecht insgesamt nicht verstanden und lässt mich durchfallen.
In Kommentaren finde ich hierzu leider überhaupt nichts.

3. Daran anschließend: Prüft man § 31 Var. 3 BGB und zusätzlich noch § 31 Var. 1 & 2 BGB?
Um beim obigen Fall zu bleiben: Jemand, für den die Gesellschaft über § 31 Var. 3 BGB haftet zu überwachen war Aufgabe
eines Organs, für das die Gesellschaft über § 31 BGB haftet.
Prüft man neben dem §§ 280, 31 Var. 3 BGB (Verschulden des Managers) noch zusätzlich §§ 280, 31 Var. 1 BGB (Überwachungsverschulden des Organs)?
Es ist klar, dass auch hier im Ergebnis dasselbe rauskommt, weshalb es für die Praxis irrelevant ist, was mir in der Klausursituation nur leider wieder nicht weiterhilft.

4. § 31 Var. 3 BGB und § 823 II BGB iVm StGB / § 826 BGB
Haftet eine Gesellschaft wirklich auch über die §§ 823 II, 826 BGB für die Handlungen eines "Nichtorgans" gem § 31 Var. 3 BGB?
Schaut man in die Kommentare scheint die Antwort "Ja" zu lauten, meine Probleme habe ich damit aber trotzdem.
(Ist das überhaupt so eindeutig, oder habe ich nur in die falschen Kommentare geschaut)
Im Gegensatz zu "normalen" Arbeitgebern haftet eine Gesellschaft plötzlich auch für Taten seiner "Nichtorgan"-Führungsetage, ohne die Möglichkeit zu haben vertraglich die Haftung einzuschränken, da man im Rahmen des § 31 BGB ja nicht von "fremden Handeln", sondern von eigenem Handeln ausgehen muss. (Hier wäre es wieder wichtig, welcher Rechtsnatur der § 31 BGB ist)

5. § 31 Var. 3 BGB und die Wissenszurechnung
Dem Wortlaut nach handelt es sich beim § 31 BGB um eine Norm, die v.a. im Zusammenhang mit dem Vertreten müssen/verschulden relevant wird.
Ich meine aber in einem Kommentar gelesen zu haben, dass der § 31 BGB (zumindest was Organe angeht) auch herangezogen wird, wenn das Wissen eines Organs der Gesellschaft "zugerechnet" werden soll. (Wissen z.B im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs)
Wo genau macht man das eigentlich an der Norm fest?
Wie sieht es jetzt bei der Wissenszurechnung bei "Managern", also Personen iSd § 31 Var. 3 BGB aus?
Wenn man hier auch noch anfängt der Gesellschaft das Wissen ihrer Angestellten zuzurechnen wird es meiner Meinung nach endgültig absurd. Wie aber begründet man, dass man "Organwissen" zurechnet, "Nichtorganwissen" aber nicht?
V.a. wenn man davon ausgeht, dass man sogar bei der Wissenszurechnung nochmal mit zweierlei Maß messen müsste.
(Wissen eines Managers im Rahmen des gütgläubigen Erwerbs --> keine Zurechnung; Wissen eines Managers im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gegen die Gesellschaft, der auf überlegenem Wissen beruht --> Zurechnung)


Kurz gesagt: Der BGH legt den § 31 BGB weit aus und ich hab das Gefühl, je mehr ich dazu lese umso weniger scheine ich den § 31 BGB zu verstehen.


Ich hoffe jemand von euch weiß dazu etwas mehr und kann mir auf die Sprünge helfen.

Ich wünsche euch noch einen schönen Abend,
mfg Bush
Bushmills
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Re: § 31 BGB und die §§ 278, 831 BGB

Beitrag von Bushmills »

Eine Nacht drüber schlafen hilft ab und zu doch. Sollten sich andere mal ähnliche Fragen stellen:

Zum Verhältnis der §§ 31 und 278 BGB:
Es ist im Vertragsrecht strittig, im Ergebnis aber egal, wie der Gesellschaft das Verhalten eines Erfüllungsgehilfen, der gleichzeitig ein verfassungsmäßig berufener Vertreter ist zugerechnet wird. In der Klausur sollte man den Streit -wenn überhaupt- auf der Ebene des "vertreten müssens" führen.

Zum Verhältnis der §§ 31 Var. 3, 831 BGB:
In besonderen Ausnahmefällen ist es möglich, dass der verfassungsmäßige berufene Vertreter gleichzeitig ein Verrichtungsgehilfe iSd § 831 BGB ist.
Sinn macht es wohl diese Möglichkeit vor dem § 831 BGB unter " Anwendbarkeit" zu prüfen.
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