Zug um Zug bei Schickschuld?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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boogienat0r
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Zug um Zug bei Schickschuld?

Beitrag von boogienat0r »

Wie funktioniert denn eine Abwicklung "Zug um Zug" bei einer Schickschuld, z.B. nach Verurteilung auf Erfüllung Zug um Zug gem. §§ 274, 322?

Zug um Zug Leistung bedeutet ja gleichzeitiger Leistungsaustausch: Wie soll das funktionieren, wenn zumindest eine der Parteien und nicht selten auch die andere (Geldschuld ist nach h.M. immer noch Schickschuld) durch das Versenden de facto vorleistungspflichtig ist?
"Ob dagegen aus einer Kreuzung von Mensch und Tier gezeugte Wesen (Chimären) Träger der Menschenwürde sein können , wird man mit Erleichterung als derzeit inaktuell bezeichnen können"
Brainiac
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Re: Zug um Zug bei Schickschuld?

Beitrag von Brainiac »

boogienat0r hat geschrieben:Zug um Zug Leistung bedeutet ja gleichzeitiger Leistungsaustausch
Etwas genauer: Zug um Zug bedeutet, wenn ich mich recht erinnere, gleichzeitiges Anbieten der Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise. Wieso soll sich an dieser Stelle die vertraglich vereinbarte Schickschuld nicht auch niederschlagen? Verstehe das Problem ehrlich gesagt nicht; Der Schuldner kann immerhin auch stets bringen.
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boogienat0r
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Re: Zug um Zug bei Schickschuld?

Beitrag von boogienat0r »

Nun, das Gesetz spricht von "ERFÜLLUNG Zug-um-Zug" (siehe § 274 I). Erfüllung meint i.S.d. § 362 I das Bewirken der Leistung. Das Gesetz fordert also eine gleichzeitige (das meint Zug-um-Zug) Erfüllung. Die von dir getroffene Beschränkung i.S.e. Annahmeverzug begründenden Angebots erscheint mir schon deshalb fragwürdig.

Dass die von dir getroffene Pauschalisierung nicht richtig sein kann, zeigen i.Ü. die §§ 274 II, 322 III. Diese Normen ordnen lediglich für die Zwangsvollstreckung (!) an, dass ein Annahmeverzug begründendes Angebot ausreicht. Im Umkehrschluss kann dies nicht für eine ordnungsgemäße Abwicklung Zug-um-Zug gemeint sein.

Meine Frage war ja nun aber nicht, wie man in der Zwangsvollstreckung eine Zug-um-Zug Schickschuld durchsetzt. Da mag es so sein, wie du es beschrieben hast, ggf. Angebot i.S.d. §§ 293 ff. durch den Gerichtsvollzieher.

Meine Frage ist, wie man eine Schickschuld Zug-um-Zug erfüllen kann i.S.d. Gesetzes, z.B. in dem nicht untypischen Fall, dass beide Parteien eine Schickschuld wechselseitig versprochen haben (z.B. Geld gegen Versandware).

Durch den jeweiligen Versand kann von gleichzeitiger (!) Erfüllung keine Rede sein. Keine der Parteien kann sich wirklich sicher sein, nicht de facto in Vorleistung getreten zu sein, weil der andere, ggf. im Gegensatz zu seinen Behauptungen, die Waren doch nicht versandt hat. Wenn der Grundgedanke von "Zug-um-Zug Erfüllung" ist, dass man wirklich gleichzeitig wechselseitig leistet und erfüllt, dann bekomme ich das nicht mit einer Schickschuld harmoniert, weil es faktisch persönliche gleichzeitige körperliche Anwesenheit voraussetzt.
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