Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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UltimaSpes
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Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von UltimaSpes »

Hallo zusammen,

ich frage mich gerade, wie das Verhältnis von (Irrtums-)Anfechtung nach § 118 ff. zum Schadensersatz wegen Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht nach §§ 280 I, 241 II, 311 II aussieht.

Nehmen wir mal an, A verschreibt sich bei seinem Angebot an B und ficht nachher seine Willenserklärung an. Dann kann B ja eigentlich nur den Vertrauensschaden nach § 122 von A ersetzt verlangen.

Könnte B aber nicht auch seinen Erfüllungsschaden geltend machen? Nämlich dann, wenn man sagt, das "Verschreiben" des A war - weil fahrlässig - eine zu vertretende Pflichtverletzung in vorvertraglicher Beziehung zwischen A und B (einen Vertrag gibt es wegen wirksamer Anfechtung ja nicht mehr). Dann könnte B doch z.B. nach § 252 auch den Schaden durch entgangenen Gewinn geltend machen.

Oder trifft § 122 bzgl. des zu ersetzenden Schadens eine abschließende Regelung, wenn die Anfechtung erfolgt ist?
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Vortex
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Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von Vortex »

Falls der entgangene Gewinn in deinem Fall Vertrauensschaden ist, ist er glaube ich schon über § 122 analog ersatzfähig.

§ 122 schließt § 311 II nicht aus, weil § 311 II noch Verschulden voraussetzt (so müsste zumindest die h.M. sein).
c.i.c. ist aber sowieso nur auf negatives Interesse gerichtet, bringt dir also auch nur was, wenn der entgangene Gewinn Vertrauensschaden ist.
Honigkuchenpferd
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Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Warum § 122 BGB analog und nicht direkt? Ansonsten stimmte ich aber zu: Schadensrechtlich deckt auch die c.i.c. nur den Vertrauensschaden ab, und sie setzt unzweifelhaft auch noch Verschulden voraus (§ 122 BGB hingegen nicht). Deshalb gibt es hier eigentlich kein Konkurrenzproblem. Die c.i.c. verschafft nicht mehr als § 122 BGB.
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Gelöschter Nutzer

Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Honigkuchenpferd hat geschrieben: Die c.i.c. verschafft nicht mehr als § 122 BGB.
Stimmt so m.E. nicht ganz, da die cic bei strenger Anwendung des Gesetzes anders als § 122 I nicht durch das positive Interesse "gedeckelt" wäre.

Bsp.: K hätte aufgrund seines Vertrages mit V 100 € Gewinn gemacht. Hätte er diesen Vertrag nicht geschlossen, wäre K mit X ins Geschäft gekommen und hätte einen Gewinn von 200 € erzielt. Ficht V aufgrund eines eigenen Irrtums nun wirksam an, so kann der (gutgläubige) K gem. § 122 I BGB nur 100 € von V verlangen, über die cic aber die vollen 200 €.
UltimaSpes
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Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von UltimaSpes »

Aber könnte man nach der Differenzhypothese gemäß § 249 I nicht annehmen, dass der Erfüllungsschaden wegen der vorvertraglichen Pflichtverletzung zu ersetzen ist?

Ohne die (vorvertragliche) Pflichtverletzung des Verschreibens hätte A kein Anfechtungsrecht gehabt und der Vertrag zwischen A und B bestünde noch.

Oder ist das zu hypothetisch gedacht, weil ja nicht zweifelsohne klar ist, ob ohne das Verschreiben des A ein Vertrag zwischen A und B zustande gekommen wäre?
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Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Suchender_ hat geschrieben:Stimmt so m.E. nicht ganz, da die cic bei strenger Anwendung des Gesetzes anders als § 122 I nicht durch das positive Interesse "gedeckelt" wäre.

Bsp.: K hätte aufgrund seines Vertrages mit V 100 € Gewinn gemacht. Hätte er diesen Vertrag nicht geschlossen, wäre K mit X ins Geschäft gekommen und hätte einen Gewinn von 200 € erzielt. Ficht V aufgrund eines eigenen Irrtums nun wirksam an, so kann der (gutgläubige) K gem. § 122 I BGB nur 100 € von V verlangen, über die cic aber die vollen 200 €.
Zugegeben, wobei nun umstritten ist, ob die Haftungsbegrenzung des § 122 I BGB auch für die c.i.c. gilt oder nicht. Zudem könnte einem, abhängig vom jeweiligen Fall, noch immer § 242 BGB reingrätschen.
UltimaSpes hat geschrieben:Aber könnte man nach der Differenzhypothese gemäß § 249 I nicht annehmen, dass der Erfüllungsschaden wegen der vorvertraglichen Pflichtverletzung zu ersetzen ist?

Ohne die (vorvertragliche) Pflichtverletzung des Verschreibens hätte A kein Anfechtungsrecht gehabt und der Vertrag zwischen A und B bestünde noch.

Oder ist das zu hypothetisch gedacht, weil ja nicht zweifelsohne klar ist, ob ohne das Verschreiben des A ein Vertrag zwischen A und B zustande gekommen wäre?
Das geht nicht. Die c.i.c. soll den Geschädigten so stellen, wie er stehen würde, wenn er von dem Vertrag nie gehört hätte.
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Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von UltimaSpes »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:Die c.i.c. soll den Geschädigten so stellen, wie er stehen würde, wenn er von dem Vertrag nie gehört hätte.
Woher genau aus dem Gesetz nimmst du das? Bei strenger Anwendung von § 249 I könnte man doch zumindest darüber diskutieren, ob auch der Erfüllungsschaden abgedeckt sein könnte (s. mein obiges Beispiel).
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Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Das ergibt sich aus der Eigenart der c.i.c. Deine Annahmen zur Pflichtverletzung sind ja auch im Ansatz verfehlt. Ohne die Pflichtverletzung wäre der Vertrag in dieser Form nämlich überhaupt nicht geschlossen worden.
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Vortex
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Re: Verhältnis Anfechtung <--> Schadensersatz

Beitrag von Vortex »

Hier die einzige (vermeintliche) Ausnahme, die ich gefunden habe: http://lorenz.userweb.mwn.de/urteile/njw98_2900.htm

mE aber auch nur eine Ausprägung von Vertrauensschaden.
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